VREID: Der Arntor-Traktor und die Vorliebe für alten Techno

Bassist Hvàll gibt Auskunft über die WINDIR-Vergangenheit von VREID, und was man in Zukunft damit anstellen kann. Dass er hierbei auch mit einigen Klischees bricht und endlich die Wahrheit über den “Arntor”-Traktor ans Herbstlicht bringt, war voraussehbar …

Gerade hört man sich das neue VREID-Werk “Kraft” wieder einmal an, um damit die Herbststimmung zu untermalen, als sich pünktlich um 15:00 Bassist Hvàll am Telefon meldet. Zwar bemerkt man die akustische Entfernung deutlich, doch das Knarren einer Holztür im Hintergrund verleiht dem Gespräch auch etwas heimeliges, zeitweise wähnt man sich also auf einem gemütlich norwegischen Bauernhof mit Aussicht auf einen Fjord. Beste Voraussetzungen für eine friedliche Unterhaltung über VREID, den Phönix aus der Asche WINDIRs.



Erstens mal vielen Dank für das neue VREID-Werk, das mich mehr als positiv überrascht hat. Wann kam dir die Idee, VREID zu gründen? Gab es einen bestimmten Augenblick nach Valfars Tod, der diese Entscheidung ausgelöst hat?

Danke fürs Kompliment zur Musik von VREID. Es freut mich, dass es dir gefällt. Unmittelbar nach dem tragischen Tod von Valfar stand für uns fest, dass WINDIR von nun an nicht mehr existieren könnte. Es wäre einfach nicht richtig gewesen, WINDIR ohne Valfar fortleben zu lassen. Gleichzeitig beherrschte mich jedoch auch der Wunsch, weiterhin Musik zu erschaffen und zu spielen. Dies würde aber nur unter einem neuen Banner möglich sein, was somit zur Gründung VREIDs führte. Bereits gegen April 2004 hatte ich einige Songs zusammen, unser Gitarrist Ese hat den letzten Song – “Songen åt fangen” – zum Album “Kraft” beigesteuert. Im Juni konnten wir dann mit den Aufnahmen im Studio 1184 beginnen.

Was ist der Hintergrund bei der Wahl des Bandnamens? Hat die Bedeutung von VREID (“Zorn”) etwas mit deinen Gefühlen nach Valfars Tod zu tun oder gibt es einen anderen Grund für diese Wahl?

VREID war einfach der Name, der am besten zu unseren wütigen und hasserfüllten Texten passte. Ich habe in diesem Jahr soviel Scheisse erlebt, dass ich mir diese negativen Erfahrungen einfach von der Seele schreiben musste. Dabei sind die Lyrics für VREID herausgekommen – ich hoffe, dass das die Leser der Lyrics auch so fühlen.

Wie reagierte dein Umfeld darauf, als du ihnen mitteiltest, dass du mit VREID eine neue Band gründen möchtest? Gab es irgendwelche negativen Reaktionen von WINDIR-Fans?

(lacht) Also negative Reaktionen gab es bis jetzt noch keine. Ich denke auch nicht, dass diese kommen werden. Schliesslich haben wir mit VREID eine ganz neue Band am Start. Da können uns die WINDIR-Fans nicht böse sein. Hätten wir mit WINDIR weitergemacht, wäre das vielleicht anders. Aber ich denke, dass die Leute einfach wissen, dass wir es lieben, Musik zu machen. Das kann man uns wirklich nicht übel nehmen.

Wie hat damals die Plattenfirma TABU auf diese Neugründung reagiert? Haben sie euch etwa gleich einen Vertrag für VREID angeboten?

Das kann man sagen! Nein, im Ernst: TABU haben sofort positiv reagiert, als ich ihnen von meiner Idee mit VREID erzählte. Dann haben sie uns gleich einen wirklich guten Deal für unsere Kreationen angeboten. Wir haben uns nicht mal mehr damit aufgehalten, noch bei anderen Plattenfirmen anzufragen, das Angebot von TABU war einfach zu gut. Ich bin enorm zufrieden mit der Unterstützung, die wir als VREID erhalten.

Was ist der Grund für die frühere Veröffentlichung in Norwegen von “Kraft”? Oder war es gar nicht mehr früher, weil ihr Probleme beim Druck des Booklets hattet?

Durch das Druckproblem verzögerte sich die Veröffentlichung in Norwegen tatsächlich. Aber es ist dann doch noch eine Woche vor unserer “Tour” vom 20.10. bis 23.10. fertig geworden. Zum Glück! Schliesslich wäre es keine so gute Idee gewesen, auf Tour in Norwegen zu gehen, bevor die Leute das Album kennen. Ich war wirklich froh, dass es noch geklappt hat. Es war am besten so.

Ich habe später noch einige Fragen zu euren Live-Auftritten. Zuerst würde mich aber noch interessieren, warum die Homepage von VREID derjenigen von WINDIR so ähnlich sieht. Ist diese Parallele beabsichtigt, damit euch die Fans direkt mit WINDIR in Verbindung bringen?

(lacht) Du bist nicht die Einzige, die sich darüber wundert! Eigentlich hat das Ganze einen eher profanen Grund: Der Webdesigner ist derselbe, der auch die WINDIR-Website gestaltet hat. Und – jetzt kommts – er ist einfach faul. Er hat uns also die VREID-Site gestaltet, ist zu uns gekommen und hat gefragt, ob das okay sei. Wir haben uns gedacht, dass es ja nicht wirklich schlecht sei, also haben wir es so belassen. Die WINDIR-Assoziation ist also wirklich nicht die treibende Idee dahinter, es gibt keine Strategie hinter dieser Designähnlichkeit.

Anders als bei den Websites gibt es keine grosse Ähnlichkeit zwischen den Logos von WINDIR und VREID. Wer zeichnete das neue Logo?

Das neue Logo wurde von einem Hobby-Maler aus Diegdal kreiert. Wir kannten seine Gemälde und fragten ihn, ob er Lust hätte, unser neues Logo zu designen. Etwas später brachte er uns einige Vorschläge, und wir haben dieses Logo ausgewählt. Meiner Ansicht nach hat er genau “getroffen”, was wir wollten.

VREID - 'Kraft' Cover
Das Cover von “Kraft”.

Hvàll zum Thema Strommasten: “Weil sie so schrecklich sind, finde ich sie auch faszinierend.”

Wenn man sich das Cover von “Kraft” anschaut, fällt sofort auf, dass es einen düsteren, industriellen Touch hat. Strommasten waren bis anhin ja nicht wirklich die Sujets, die man auf einem verträumten WINDIR-Cover zu erwarten hatte. Was ist der Grund für dieses – vor allem auf Black Metal-Covers bezogene – ungewöhnliche Motiv?

Wir wollten schon ein anderes Cover für unser erstes VREID-Werk, das es klar von WINDIR-Covers unterscheiden würde. Der Strommast bot sich an, weil er natürlich zum Titel des Albums passt. Den Ausdruck “Kraft” benutzen wir im Norwegischen auch, um über Strom zu sprechen. Der Hauptgrund war jedoch, dass wir etwas wirklich hässliches und gleichzeitig schauerliches als Covermotiv wollten. Für mich sind es eben diese Strommasten. Sie sind hässlich, sie schauen dich bedrohlich an und stehen überall in der Natur, die sie mit ihrer Präsenz verschandeln – gleichzeitig hängt dein Leben jedoch von ihnen ab. Gerade weil sie so schrecklich sind, finde ich sie auch faszinierend. Da sie einen so in eine Art Zwiespalt stürzen, geben sie ein wirklich gutes Covermotiv ab. Und natürlich sind sie auf Black Metal Covers nicht übervertreten, das stimmt!

Bezieht sich dann der Titel des Albums auch nur auf die Kraft von Strom und diesen Masten? Oder steckt dahinter auch noch die Bedeutung von Kraft, die man braucht, um zu überleben?

Der Titel “Kraft” bezieht sich in der Tat auf mehrere Bedeutungsfelder. Einerseits ist es die Kraft der Strommasten, von der so viele Leute abhängig sind. Andererseits bezieht sich der Titel auch auf die Kraft unserer Musik und die Kraft der Menschen und ihrer Gedanken. Der letzte Punkt ist besonders brisant. Mit der Kraft der Gedanken ist schon soviel Unheil angerichtet worden, dass ich mit gutem Gewissen sagen kann, dass alle Menschen Abschaum sind. Damit meine ich alle, mich eingeschlossen. Es ist doch so, obschon Menschen zuerst in einem positiven Licht erscheinen, lassen sie dich im Stich, wenn es wirklich darauf ankommt. Also sind sie im innersten Herzen eben “Scum”. Sie helfen einander einfach nicht mehr, schauen nur noch für sich selbst, dass es ihnen allein gut geht. Mit meinen Erfahrungen im Hinterkopf würde ich mich selbst durchaus als menschenfeindlich bezeichnen.

Dass Menschen einander nicht helfen, ist in der Tat ein Problem. Ich würde gerne noch auf die Songs auf “Kraft” zu sprechen kommen. Die Hälfte der Songs sind auf Norwegisch, die andere Hälfte auf Englisch gesungen. Wie sieht es in Zukunft aus mit der Sprachenvielfalt bei VREID? Könnte es sogar mal deutsche Lyrics geben?

Das mit den deutschen Lyrics könnte es vielleicht wirklich mal geben, wer weiss! Bis jetzt mögen wir es noch immer, norwegische und englische Texte zu haben. Das war ja bei WINDIR auch schon so. Ich mag diese Mischung einfach.

Sind die norwegischen Lyrics wieder im Dialekt von Sogndal verfasst oder seid ihr bei VREID auf Nynorsk umgestiegen?

Wir bleiben auf jedem Fall bei unserem Sogndal-Dialekt und schreiben so, wie wir sprechen, ohne die Regeln von Nynorsk [“Neunorwegisch”, der Dialekt, der ausserhalb von Oslo gesprochen wird – Anm. d. Verf.] oder Bokmål [Dialekt, der in Oslo gesprochen wird und stark vom Dänischen beeinflusst ist – Anm. d. Verf.] zu beachten. Es ist auch lustiger, da wir die Leute, die zum Beispiel Bokmål sprechen, verstehen können, sie uns aber nicht. Das hat schon so seinen Reiz.

Den Reiz kenne ich von den Schweizer Dialekten her und kann diese Sichtweise darum gut nachvollziehen. Bei den einzelnen Songtiteln ist mir insbesondere “Raped by Light” aufgefallen. Wie kommt es, dass ihr etwas wie Licht, das von den meisten Leuten als positiv eingeschätzt wird, mit dem kriminellen Delikt der Vergewaltigung verbindet?

Der Text zu “Raped by Light” ist inspiriert vom Werk von Marquis de Sade. Im Grunde ist es ein antireligiöser Song, der sich gegen all die Religionen wendet, die mit einem Buch den Menschen vorschreiben, wie sie zu leben haben. Die Vertreter dieser Religionen sehen sich selbst als positive Quelle, als Lichtbringer, als positives Image. Der Song richtet sich gegen diese Leute, die sich als positives Licht darstellen und uns in Wirklichkeit mit ihren Ideen vergewaltigen, weil sie uns ihre Religion aufzwingen wollen und uns so unser freies Leben nehmen. Gegen den früheren heidnischen Glauben habe ich nichts, da er den Leuten nicht von aussen aufgezwungen wurde und keine schriftliche Quelle als Druckmittel benutzt wurde. Er erscheint mir einfach natürlicher.

Als ich den Titel zu “Wrath of Mine” las, musste ich unweigerlich an EMPERORs “Wrath of the Tyrant” denken. Beim Anhören eures Songs fielen mir insbesondere die akustischen Gitarrenpassagen auf, die nicht zu diesem hasserfüllten Titel zu passen scheinen. Wie kommt ein solcher Songtitel zu solchen melancholischen Melodien?

Die Parallele zu EMPEROR war wirklich nicht der Hintergrund zu diesem Song. Es geht im Grunde darum, dass es zwei Arten von Zorn gibt, die durch eine feine Linie getrennt sind. Den Zorn mit Wut und Rage und den Zorn, der von Trauer und Sehnsucht nach einem besseren Leben genährt wird. Es geht um diese feine Linie, die man natürlich auch überschreiten kann im Zorn. So kann Trauer zu Wut umschlagen und umgekehrt. Die Lyrics des Songs sind – anders als die von dir angesprochenen akustischen Parts – durchaus voller Zorn und Hass. Ich bin jedoch der Ansicht, dass man hasserfüllte Texte nicht unbedingt mit roher, aggressiver Musik kombinieren muss. Deswegen diese ungewohnte Kombination im Opener von “Kraft”.

Der Song “Empty” war indes eine grosse Überraschung für mich. Ruhige Klänge, cleane Vocals. Erst hatte ich Angst, dass falsch gesungen würde, aber zum Glück traf das nicht ein. Was ist die Story hinter diesem atmosphärischen Song?

Wir haben uns Mühe gegeben mit den cleanen Vocals, das muss ich schon zugeben! Der Hintergrund für diesen ruhigen Song ist einerseits, dass ich es mag, neue Sachen auszuprobieren und die elektrische Verzerrung mal wegzulassen. Die Hauptinspiration dafür, so etwas auszuprobieren, war sicherlich die Musik von JOHNNY CASH. Ich habe mir seinen Sound oft angehört und gedacht, dass ich auch mal etwas anderes ausprobieren möchte, das die Leute so berührt.

Ich möchte dir nicht zu nahe treten, aber bei den Lyrics von “Empty” musste ich an deinen Verlust von Valfar denken.

Ja, “Empty” ist mein Tribut an Valfar. Der Song widmet sich der guten Zeit, die wir zusammen hatten. Ich wollte einfach diese Erinnerungen in die Lyrics einfliessen lassen und zwar so, dass es die Hörer auch spüren würden: Dieser Song ist für Valfar.

VREID - Interview 2004
Mit Hvàll ist nicht immer gut Kirschen essen: “Mit meinen Erfahrungen im Hinterkopf würde ich mich selbst durchaus als menschenfeindlich bezeichnen.”

Das spürt man in der Tat. Allerdings war ich mir nicht sicher, ob ich dich danach fragen könnte, da der Verlust eines Freundes eine so persönliche Sache ist, die man nicht einfach mit jemand Fremden am Telefon bespricht. WINDIR war ja ursprünglich das Soloprojekt von Valfar. Auf 1184 und “Likferd” hast du dann die Hälfte vom Komponieren und Textschreiben übernommen. Wie sieht der Songwriting-Prozess bei VREID aus? Sind das die Zeiten, in denen du Valfar am meisten vermisst?

Bei VREID sieht es momentan so aus, dass ich sieben der acht Songs geschrieben habe, inklusive Arrangements. Unser Gitarrist Ese hat den achten Song beigesteuert und wird in Zukunft vermutlich noch mehr am Songwriting beteiligt sein. Valfar vermisse ich oft sehr. Natürlich auch in anderen Situationen als beim Songwriting, aber beim Songwriting sicher am meisten. Mir fehlt sein Input. Ich merke immer, dass er und seine Ideen fehlen.

In der WINDIR-Vergangenheit hat die Lokalgeschichte von Sogndal eine grosse Rolle bei den Lyrics gespielt. Ist dies bei VREID auch der Fall oder was sonst ist das Fundament eures Textkonzepts? Was inspiriert deine Texte?

Nun, Sogndal ist sicher noch immer eine wichtige Inspirationsquelle für mich- allerdings nicht so für die Texte auf “Kraft”. In Zukunft könnte Sogndal als Inspiration wieder wichtiger werden, vielleicht gibt es dann wieder mehr historisch orientierte Texte bei VREID. Die wichtigste Inspirationsquelle für die Texte auf “Kraft” sind meine persönliche Erfahrungen im Leben. Auch Philosophie- und Geschichtsbücher inspirieren mich. Da ich an der Universität in Oslo diese beiden Fächer studiere, befasse ich mich ziemlich oft damit.

Was inspiriert dich zum Songschreiben?

Da gibt es mehreres: die Leute um mich herum, das Anhören von Werken aus anderen Musikrichtungen und nicht zuletzt die kleinen Dinge im Leben.

Gibt es Bands, die du als “Einfluss” auf deine Musik bezeichnen würdest?

DEATH und IMMORTAL haben sicherlich einen grossen Einfluss auf mich. Auch die alten Werke von METALLICA sind mir wichtig. Mit “alt” meine ich alles bis zu “… and Justice for all”. Die späteren Werke von METALLICA geben mir nichts und “St. Anger” mag ich wirklich überhaupt nicht.

Auch wenn es lange zurückliegt: Kannst du dich an das Album erinnern, das dich zum “Metal” gebracht und an dasjenige, das dir den Black Metal schmackhaft gemacht hat?

(lacht) Jetzt wird mein Erinnerungsvermögen aber wirklich sehr gefordert! Beim Metal war es “Stay Hungry” von TWISTED SISTER, so unglaublich es klingt. Beim Black Metal war es das erste Werk von BURZUM “Burzum”.

Ich hoffe, du beschränkst deine Vorliebe für BURZUM auf die Musik und weitest sie nicht auf die braunen Verirrungen von Varg aus?

Oh nein, sicher nicht. Mit seiner “Meinung” kann ich überhaupt nichts anfangen, seine Ideologie ist wirklich stupide. Ich mag die ersten drei Alben, aber mit seiner Gesinnung konnte ich nie was anfangen. Allerdings kann ich von Glück sagen, dass ich niemanden kenne, der Vargs Überzeugungen teilt. Aus meiner Sicht gibt es diesbezüglich auch kein “rechtes” Problem in der Black Metal Szene Norwegens.

Wie hältst du es mit anderen Musikstilen? Wenn man sich zum Beispiel “Journey to the End” auf 1184 anhört, bemerkt man einen gewissen Trance-Touch …

Ich mag einige andere Musikstilrichtungen. Sehr oft höre ich mir melancholische Rockmusik an. Es gibt einige norwegische Rockbands, die ich sehr mag. Auch für JOHNNY CASH, alte ABBA-Stücke und SIMON & GARFUNKEL habe ich eine Schwäche. Letzthin habe ich eine französische Band namens AIR entdeckt, die es mir wirklich angetan hat.

Falls du AIR magst, solltest du dir “The Virgin Suicides” von Sophia Coppola anschauen, da sie dort das Zepter für den Soundtrack übernommen haben.

Danke für den Tipp. Ich muss nochmals genau darauf achten. Valfar hatte übrigens auch eine grosse Vorliebe für andere Stilrichtungen. “Journey to the end” zeigte seine Liebe zum Techno, er war mindestens zehn oder zwölf Jahre versessen auf diesen Sound und hatte auch seine eigenen Technoprojekte. Das Letzte hiess FAST TRACKER.

Da war er aber nicht ganz alleine mit seiner Vorliebe. Ich habe mal gehört, dass Fenriz von DARKTHRONE ein House-DJ sei.

Das glaube ich dir sofort! Es ist ja nicht so ungewöhnlich, dass vor allem Musiker, die atmosphärischen Black Metal machen, eine Vorliebe für alten Techno entwickeln. Wenn man sich die Harmonien der Keyboards anhört, kommt man der Sache um einiges näher.

Und wie. In der Schweiz gibt es ein Projekt namens AURAL FROST, das solche alten Tracks als Black Metal covert und man merkt es den Songs nicht an von den Harmonien her.

Coole Sache. Ich denke, dass man aus alten DIMMU BORGIR-Kompositionen sicher gute Techno-Songs machen könnte. Die perfekte Atmosphäre! (lacht)

Ich weiss nicht, ob sie da so glücklich darüber wären. Wie sieht es eigentlich bei den WINDIR-Werken aus für dich? Welches Album magst du am meisten?

Für mich ist “Likferd” noch immer das ultimative WINDIR-Album. “Arntor” war auch sehr speziell.

Es gibt etwas über “Arntor” was ich immer wissen wollte: Ist es Valfars Traktor, der auf dem Foto im Booklet zu sehen ist?

Ja, das ist tatsächlich der Traktor auf der Farm von Valfars Eltern. Wir sind beide auf benachbarten Bauernhöfen aufgewachsen, gerade mal 60 Meter voneinander entfernt. Ursprünglich war es ein grosser Bauernhof, der jedoch geteilt wurde. Wir kannten einander wirklich schon von klein auf und gingen auch zusammen zur Schule. Da wir auf dem Land wohnten, hatten wir eine gute halbe Stunde für den Schulweg.

Du hast ja in der Zwischenzeit dein eigenes Studio – 1184 – gegründet. Kannst du dir damit deinen Lebensunterhalt verdienen?

Der Hauptgrund dafür, ein eigenes Studio zu gründen war, dass wir mit VREID allein und unabhängig an unserem Material arbeiten wollten. Ese arbeitet auch hier, da er ausgebildeter Tontechniker ist. In Zukunft werden sicher einige Bands bei uns ihre Aufnahmen machen, also sollte sich die Idee mit dem Studio bald rentieren, das hoffe ich! Ansonsten studiere ich ja noch immer, was ich danach mache, weiss ich noch nicht. Natürlich möchte ich von der Musik leben und wirklich 100% nur damit zu tun haben. Falls es nicht klappen würde, müsste ich mir wohl einen anderen Job suchen, als Lehrer oder so. Aber das möchte ich nicht wirklich, da die Musik mein Lebensinhalt ist.

Spielst du eigentlich noch in anderen Bands (ich denke etwa an ULCUS)?

Momentan nicht, wir konzentrieren uns alle nur auf VREID. Vielleicht werden wir ULCUS wiederbeleben, ich weiss es noch nicht.

VREID
VREID von links nach rechts: Ese (Gitarre), Steingrim (Schlagzeug), Sture (Gesang, Gitarre) und Hvàll (Bass)

Ich habe euch am WINDIR-Abschiedskonzert am 3. September in Oslo live gesehen. Wann und wem kam die Idee, ein solches Abschiedskonzert zu veranstalten? Warum habt ihr gerade ENSLAVED, FINNTROLL und MINDGRINDER als Mitstreiter an diesem besonderen Abend ausgewählt?

Dieses Konzert hat wirklich international Wellen geschlagen. Ich fand es toll, dass so viele Leute von weither angereist sind, um dieses Konzert zu sehen. Wir hatten sogar einige israelische Fans, die extra mit dem Auto von Israel nach Oslo gefahren sind, nur um sich dieses Konzert anzuschauen. Das hat mich wahnsinnig berührt, diese Anteilnahme. Die Idee für das Konzert stammte ursprünglich von Valfars Bruder Vegard. Er fragte mich im März, was ich davon halten würde, ein Abschiedskonzert unter dem Banner WINDIRs zu veranstalten. Zuerst war ich dagegen. WINDIR war mit Valfar gestorben. Doch dann begann ich darüber nachzudenken. Es würde ein offizieller, spezieller Abschied für Valfar sein. Ich änderte meine Meinung und hielt diese letzte Show für ihn für eine gute Sache. Die Auswahl der Bands geschah ein bisschen später. ENSLAVED waren ein klarer Kandidat für das Billing, da sie nicht nur Freunde von uns sind, sondern auch eine grosse Inspirationsquelle für uns waren. Ausserdem hatten wir schon einige Male mit ihnen zusammen gespielt und es gab nie Probleme. FINNTROLL wurden ausgewählt, weil sie ganz klare WINDIR-Fans sind und ausserdem schon mal mit uns auf Europatournee hätten gehen sollen. Da die Tour damals platzte, haben wir uns mit diesem Konzert bei ihnen revanchiert. MINDGRINDER sind schliesslich ebenfalls Kumpels von uns, ihr Sänger Cosmocrator hatte damals auf “Likferd” auch die cleanen Vocals eingesungen, weswegen wir sie ebenfalls anfragten, ob sie an diesem besonderen Abend spielen würden.

Was war es für ein Gefühl, dieses letzte Konzert als WINDIR ohne Valfar zu spielen?

Es war sehr merkwürdig, weil man die ganze Zeit wusste: Das ist es. Danach ist es aus. Dass Vegard mit uns gesungen hat, war die richtige Entscheidung. Ich kann meine Gefühle an diesem Abend nicht greifbar beschreiben, es war einzigartig und wirklich merkwürdig.

Wann hattet ihr die Idee für das Album “Valfar – ein Windir”? Wie habt ihr die Bands ausgewählt, welche die Coverversionen performen?

Die Idee zu diesem Doppelalbum zum Preis von einem Album geschah simultan zur Abschiedskonzertentscheidung und kam wiederum von Valfars Bruder. Wir wollten das restliche neue Material in einem schönen Package veröffentlichen, das der Sache würdig war. Ausserdem konnten wir so einigen Leuten altes Material von Valfar zugänglich machen, an das sie sonst nicht gekommen wären. Die Bands E-HEAD und WEH waren alte Freunde von Valfar, es war also klar, dass sie an diesem Album mitarbeiten würden. FINNTROLL wurden aus demselben Grund ausgewählt wie für das Konzert, so auch ENSLAVED. Es war sonnenklar, dass sie dabei sein würden.

Trotz dem neuen Material von ENSLAVED? “Isa” ist eher gewöhnungsbedürftig, oder was hältst du von ihrem neuen Werk?

Das stimmt. “Isa” war nicht gerade das Werk, das man von ENSLAVED erwartet hatte. Ich mochte es am Anfang nicht, aber man braucht auch mindestens 20 Durchläufe, bis man das neue Material mag. Live gefiel es mir um einiges besser, sie sind eine aussergewöhnliche Live-Band. Zuhause habe ich mir dann die CD noch einige Male angehört, und inzwischen gefällt mir “Isa”.

In der Zwischenzeit habt ihr ja schon einige Gigs als VREID absolviert in Norwegen. Unterscheidet sich das Live-Spielen von euren WINDIR-Zeiten? Spielt ihr nur VREID-Songs?

Es ist schon ein anderes Gefühl als VREID live zu spielen, das ist wahr. Aber es ist auch ein gutes Gefühl. Store und Steingrimm sind ja immer noch da, doch VREID ist etwas frisches, und so sind wir enthusiastisch darüber. Wir spielen überwiegend VREID-Songs, dazu stehen ein WINDIR-Song und einige Coverversionen auf unserem Programm.

Covert ihr SLAYER, wie das nicht gerade wenige Bands tun?

Nein, SLAYER covern wir genau aus diesem Grund nicht. Wir spielen schon SLAYER, für uns, im Übungsraum. Ansonsten covern wir einen 20 Jahre alten, norwegischen Rocksong, den man ausserhalb Norwegens wohl nicht kennt. Wir haben eine Black Metal Version davon gemacht.

In der Vergangenheit gab es schon zweimal den Plan, mit WINDIR eine Europatour zu machen. Beide Male wurde die Tour abgesagt. Wie sehen die Pläne von VREID diesbezüglich aus?

Es gibt definitiv Pläne für eine Europatour von VREID. Unser Label TABU organisiert schon fleissig. Leider gibt es noch keine definitiven Daten. Gut wäre es, wenn wir im Winter 2005 – also zwischen Februar und März – auf Tour gehen könnten. Schliesslich haben wir mit “Kraft” ein Album draussen, das wir gerne live promoten wollen. Aber auf definitive Daten muss man wohl noch etwas warten …

Wie sehen die Zukunftspläne für VREID aus?

In zwei Wochen spielen wir eine Show in Oslo, danach noch einige Konzerte in Norwegen bis Weihnachten. Bis jetzt habe ich wieder zwei bis drei Songs geschrieben, schön wäre es, wenn wir nächsten Sommer den “Kraft”-Nachfolger aufnehmen könnten. Eine weitere Hoffnung ist es natürlich, im Sommer 2005 auch wieder in den USA aufzutreten.

Gibt es Unterschiede von der Stimmung her zwischen einem Auftritt in den Staaten und einem in Europa?

Mit WINDIR waren wir ja bereits in Amerika. Beim Spielen selbst war alles im grünen Bereich, das Einzige, was uns damals auffiel, war, wie ruhig das Publikum während dem Auftritt war. Kurz nach dem Gig dann die Wende: Die Leute wurden beinahe schon hysterisch und wollten uns persönlich treffen und mit uns sprechen. Sie waren hierbei mehr an uns interessiert als an unserer Musik. Das war schon bizarr.

Aus aktuellem Anlass: was sind deine Gedanken zur US-Präsidentschaftswahl?

Natürlich hoffe ich, dass Bush Jr. nicht wiedergewählt wird. Egal wie John Kerry ist: er kann nicht schlechter sein als Bush.

Vielen Dank für das Gespräch. Ich hoffe, dass VREID bald in unsere geographischen Gefilde kommen…

Layout: Uwe

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