MY DYING BRIDE: The Dreadful Hours

Melancholie, Tristesse und Aggression – in der dunklen Welt von MY DYING BRIDE gibt es einen bittersüßen Schmerz. MY DYING BRIDE werfen den Hörer aber nicht in einen kalten, hoffnungslos tristen Abgrund, sondern zeigen einmal mehr, wie schön Traurigkeit sein kann…

Fans von MY DYING BRIDE müssen verrückt sein – sie bezahlen Geld, um traurig zu sein”. Ganz unrecht hat Aaron Stainthorpe mit diesem Satz wohl nicht. Doch das Wörtchen „traurig“ umschreibt den Gemütszustand, der sich beim Hören der Musik einstellt, nur sehr vage. MY DYING BRIDE ist einfach eine ganz besondere Band. Besonders, weil sie sich ganz entgegen dem Trend mit ihrem letzten Album „The Light At The End Of The World“ verstärkt auf ihre alten Trademarks besonnen hat. Besonders auch deshalb, weil sie eine einzigartige Atmosphäre schaffen. MY DYING BRIDE ist weder Gothic noch Doom – oder vielleicht sind gerade SIE Gothic und Doom. Ihre Musik verzaubert und verstört, sie ist unendlich traurig und doch auch unendlich schön und leidenschaftlich. Eben viel mehr als einfach nur traurig.

Mit „The Dreadful Hours“ haben die Briten ihr nächstes Meisterwerk geschrieben, wenngleich das Album bei den ersten Durchgängen gegenüber dem Vorgänger „The Light At The End Of The World“ etwas schwächer erscheint. Ein Eindruck, der nicht lange währt, „The Dreadful Hours“ ist nur etwas sperriger und aggressiver und ein mehr als würdiger Nachfolger – zumal MY DYING BRIDE ihrer Linie treu geblieben sind und wiederum ein Album gemacht haben, dass eher an die drei ersten Platten der Bandgeschichte erinnert. My Dying Bride wären aber keine besondere Band, wenn sie die Fans mit einem Aufguss vergangener Melancholie abspeisen würden. Eigenständigkeit ja, Eigenkopie nein – so lautet die dunkle Zauberformel.

Die äußerst gelungene Neuaufnahme von „Return Of The Beautiful“, das jetzt „Return To The Beautiful“ betitelt wurde, zeigt, dass MY DYING BRIDE – im Gegensatz zu vielen anderen Bands – den Spagat zwischen Entwicklung und musikalischem Ursprung ohne Probleme meistern. Ja, sogar die zerbrechlichen Violinenklänge können My Dying Bride knapp 10 Jahre später ohne Saiteninstrument wiedergeben – den Part übernimmt das Keyboard. Dabei geht von der Atmosphäre des Originals nichts verloren, „Return To The Beautiful“ klingt zwar reifer, aber nicht minder düster und bedrückend.

Der Titeltrack entführt in eine Welt voll unkontrollierter Emotionen, er zieht den Hörer hinab in eine dunkle Welt voller Leidenschaft um genau dann wüste Aggressionen auszuleben, wenn er sich in diese düster-unheilschwangere Atmosphäre hat fallen lassen. Einmal mehr beweist Aaron Stainthorpe, dass er einer der emotionalsten Sänger ist, hinter dem sich ganze Scharen verstecken können. Sein Wechsel zwischen anklagend-flehendem Flüstern und verzweifelt-wutentbrannten Growls sind sicher nicht jedermanns Sache, aber diejenigen, die diese Stimme mögen, werden von dem neuen Album überrascht sein: Mit jedem Album scheint dieser Mann mehr in der Musik aufzugehen. Ich hätte eine Steigerung, gemessen an „The Light At The End Of The World“ nicht für möglich gehalten, doch sie war möglich.

Nicht nur der Gesang macht dieses Album zu einem wahren Schmuckstück. Die oft zweistimmigen, melancholischen Gitarrenstimmen schnüren gleichsam die Brust ein, und die wüsten, aggressiven Riffattacken und Growls wirken in dieser Atmosphäre umso verzweifelter. Waren die Keyboards auf „The Light At The End Of The World“ eher im Hintergrund der Atmosphäre dienlich, so haben sich Jonny Maudlin und Yasmin Ahmed, die sich diese Aufgabe teilten, jetzt auf die richtigen Töne im richtigen Moment besonnen. Statt flächigen Klangteppichen setzen sie Akzente: Die epischen Keyboardsparts und die direkt folgende Textzeile „tired and lonely“ im Song „My Hope The Destroyer“ sind das wohl beste Beispiel dafür, wie eindrucksvoll man dieses Instrument einsetzen kann. Mit „The Dreadful Hours“, „A Cruel Taste Of Winter“ und „My Hope The Destroyer“ haben MY DYING BRIDE gleich ein paar Songs auf dieser CD, die sich meiner Meinung nach mit Klassikern wie „The Cry Of Mankind“ messen lassen können.

„The Dreadful Hours“ besteht nicht nur aus Melancholie, Tristesse und Aggression, in der dunklen Welt von MY DYING BRIDE gibt es einen bittersüßen Schmerz. Frei nach „A Cruel Taste Of Winter” gesagt: „Trust me, I catch you if you fall“ werfen MY DYING BRIDE den Hörer nicht in einen kalten, hoffnungslos tristen Abgrund, sondern zeigen einmal mehr, wie schön Traurigkeit sein kann. Der salzige Geschmack von Tränen wird plötzlich süß. „We sing and dance to our Black Heart Romance“ – das trifft sicher für alle zu, die diese Band lieben und dieses Album hören. Mit tiefen Respekt für diese Band….

Tracklist:

The Dreadful Hours

The Raven And The Rose

Le Figlie Della Tempesta

Black Heart Romance

A Cruel Taste Of Winter

My Hope The Destroyer

The Deepest Of All Hearts

The Return To The Beautiful

Spielzeit: 70:51

Besetzung:

Aaron Stainthorpe – Gesang

Ade Jackson – Bass

Andrew Craighan – Gitarre

Hamish Glencross – Gitarre

Shaun Steeles – Schlagzeug

Label: Peaceville/SPV

Veröffentlichungstermin: 29.10.2001

Hompage: http://www.mydyingbride.org

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