NEUROSIS: A Sun that Never Sets (DVD)

Unkonventionell, durchdacht und wunderschön.

Hollywood-Filme sind technisch vielleicht perfekt, mit den modernsten Spezialeffekten und dem besten Ton ausgestattet, beinhalten eine beeindruckende Kameraführung und bestechen durch schöne Menschen in den Hauptrollen, die nebenbei auch noch witzig und schlagfertig sind. Auch ich mag hin und wieder diese Illusionen doch nach den ganzen übertriebenen Action-Streifen und Psychothrillern stößt mir die Traumfabrik doch ziemlich sauer auf. Was diesen Filmen fehlt ist nicht unbedingt das Hirn, dafür das Herz umso mehr.

NEUROSIS, seit Anbeginn ihrer Karriere ein Unikum, das ausschließlich seinen Instinkten folgt, veröffentlichen mit A Sun that Never Sets die passende visuelle Untermalung zum im Jahre 2001 erschienenen gleichnamigen Studioalbum. Diese Untermalung zeigt, wie perfekt Klang und Musik miteinander harmonieren und wieviel Herzblut in bewegten Bildern stecken kann. Über viele Monate hinweg sammelte Josh Graham – seines Zeichens visueller Künstler der Band – Material für dieses Projekt und ging dabei mehr als nur ambitioniert zu Werke. Nicht nur er, auch viele andere freiwillige Helfer fanden sich für dieses Mammut-Independent-Projekt zusammen und erschufen eine Flut an Bildern, die anstrengend, aber wunderschön ist. Von Computeranimationen (Erode) bis hin zu beeindruckenden Kurzfilmen im Stil der genialen TOOL-Videos (From Where its Roots Run, Crawl Back In – in Szene gesetzt von den Independent-Filmern Geoff Yaw, beziehungsweise Chad Rullman) ist alles dabei, was das Herz erfreut. So ist die Band in den meisten Clips zu sehen, in stilvoller Abwechslung mit einer leichten Rahmenhandlung, die die Stimmung der Songs so unterstreicht, wie ich es mir immer vorgestellt habe.

Besonders beeindruckend wurde der Titeltrack in Bilder umgewandelt. Die Band spielt in den Adern eines Körpers und durch den Blutfluss werden sie durchgehend verformt – ein Hoch auf die Animationstechnik; atemberaubend! Auch From the Hills drückt durch die schwülen Bilder die Verlassenheit, die der Song ausstrahlt sehr gut aus. Eine Zugfahrt durch die Wüste und eine Frau, die aus eine Düne ersteigt, das ist Emotionalität in Bildform. Das Abschließende Stones from The Sky ist ebenfalls ein absolutes Ausnahmevideo, ein trainierter Rabe fliegt durch das Bild, an Stromleitungen entlang und gibt die Quintessenz des Songs wunderschön wieder: Die Sehnsucht nach Freiheit. Da strömen vor Glück gerne die Tränen in die Augen. Einzig Watchfire, der einzige Song mit dem ich mich nie so richtig anfreunden konnte, wurde mit Bildern aus dem Proberaum nur durchschnittlich umgesetzt.

Doch damit nicht genug. Ein TRIBES OF NEUROT-Experiment – der Alter Ego NEUROSIS´ – rundet die DVD noch mehr ab. Sämtliche Songs des Albums A Sun that Never Sets wurden quasi remixt, in einem erfrischend originellem Stil. Das Akustikexperiment I am Sitting in a Room von Alvin Lucier, ein und die selbe Passage wieder und wieder aufzunehmen, bis die Klänge in ihre eigentlichen Bestandteile zerfallen. Auf das Album projeziert bedeutet das, dass jeder Song des Werkes wiederholt wird – von der zweifachen Wiederholung von Erode bis zur dreißigfachen Reputation von Stones from the Sky. Gerade für Soundfreaks dürfte dies interessant sein, zumal es spannend ist, wie sich die Songs von Mal zu Mal verändern.

Was hält euch also auf, euch diese DVD anzueignen? In der Flut langweiliger und lieblos zusammengeschnittener Live-DVDs stellt A Sun that Never Sets einen Schatz dar, unkonventionell, durchdacht und wunderschön.

VÖ: 10. März 2003

Steve von Till – Guitar and Voice
Scott Kelly – Guitar and Voice
Dave Edwardson – Bass
Noah Landis – Keyboards, Samples, Sound Manipulation
Jason Roeder – Drums
Josh Graham – Visual Artist

Produced and Directed by Josh Graham

Relapse Records

http://www.neurosis.com

1. Erode
2. The Tide
3. From the Hills
4. A Sun that Never Sets
5. Falling Unknown
6. From Where its Roots Run
7. Crawl Back in
8. Watchfire
9. Resound
10. Stones from the Sky

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