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THE DEVIN TOWNSEND BAND: Accelerated Evolution

Das Gefühl eines 4:0-Siegs gegen die Bayern, der aber auch 10:0 hätte ausfallen können…

Der Herr Townsend scheint nicht viel Ablenkung zu haben in Vancouver. Kaum ist die neue STRAPPING YOUNG LAD-Scheibe erschienen, liefert er gleich ein weiteres Soloalbum hinterher. Und mal eben so schüttelt er sich wieder ein monströses Harmoniemonster nach dem anderen aus dem Ärmel. Prinzipiell also viel Grund zur Freude beim Fan des extravaganten Kanadiers. Der Titel Accellerated Evolution stimmt allerdings nicht unbedingt, da Devin weiterhin auf die bewährten Zutaten von Ocean Machine, Infinity und Terria setzt. Soll heißen: majestätische Gitarrenwände, unterstützt von schillernden Keyboards, dazu kraftvolle, ausgeklügelte Gesänge vom Meister persönlich bestimmen wie gewohnt, erwartet und ersehnt das Bild. Sie dominieren es sogar, da mit Ausnahme von Random Analysis, Depth Charge und dem traditionell lockereren Abschlusslied Slow Me Down alle Stücke eher in langsamen Gefilden angesiedelt sind. Hassklumpen wie Regulator oder Earth Day finden keine Nachfolger auf diesem Album, es scheint vielmehr, als hätte sich der Herr Townsend bei STRAPPING YOUNG LAD vollends ausgetobt, um nun relaxt in Bombast zu schwelgen. Und so muss sich, auch wenn Accelerated Evolution im Prinzip stimmiger und auf noch höherem Niveau als Terria ausgefallen ist, der Herr der Strubbelfrisur mit der Kritik auseinandersetzen, dass für seine Verhältnisse erschreckend viel Gleichklang herrscht und dem ein oder anderen Song eine eigene Ecke oder Kante ganz gut getan hätte. So aber lässt sich der Hörer in den Bombastteppich fallen und schwelgt vor sich hin, um im Nachhinein festzustellen, dass nicht jeder Song einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Verrückte Stellen wie das Gewusel in Ants oder das wüste Losrocken bei Bad Devil sucht man vergebens. Ein wenig fühle ich mich jedenfalls an PINK FLOYD erinnert, die über die Jahre hinweg der Harmonie zuliebe Stück für Stück ihre avantgardistischen Elemente über Bord warfen.

Ein Grund, Accelerated Evolution deshalb nicht zu empfehlen, soll das aber natürlich nicht sein, denn Tracks wie der Opener Depth Charge oder das mit ausladenden Gitarrensoli angereicherte Away zeigen Devin Townsend nach wie vor auf dem Höhepunkt seines Schaffens. Kaum ein anderer Musiker in der Metalszene besitzt dieses Gespür für mit einfachen Mitteln erreichte Größe, für derart stimmige Harmoniefolgen. Und dazu dermaßen unnachahmlich und leidenschaftlich zu singen, ist erst recht nur den wenigsten anderen vergönnt. Was bleibt, ist irgendwie dem Gefühl eines 4:0-Siegs gegen die Bayern, der aber auch 10:0 hätte ausfallen können, ähnlich. Eigentlich unvorstellbar schön, und doch… Aber ich will hier nicht rumunken, Accelerated Evolution dürfte keinen Fan enttäuschen und einige, denen das bisherige Opus des Kanadiers zu abgefahren war, ebenfalls begeistern.

Veröffentlichungstermin: 31.03.2003

Spielzeit: 54:32 Min.

Line-Up:
Devin Townsend: Gesang, Gitarre
Brian Waddell: Gitarre
Scotty McCargar: Drums
Dave Young: Keyboards
Mike Young: Bass

Produziert von Devin Townsend
Label: Inside Out/SPV

Homepage: http://www.devintownsend.com

Tracklist:
Depth Charge
Storm
Random Analysis
Deadhead
Suicide
Traveller
Away
Sunday Afternoon
Slow Me Down

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