Das Coverfoto ihrer jüngst erschienenen Greatest Hits-CD bringt es auf den Punkt: Wie alt sind NO MEANS NO eigentlich? Gebt endlich auf, Ihr Großväter! steht da in irgendeiner Garderobe dieses Erdballs mit frecher Hand an die Wand geschmiert. Und darunter, von NO MEANS NO-Schlagzeuger John Wright höchstpersönlich hinzugefügt: Für dich immer noch Urgroßvater, Arschloch!
So schaut’s dann halt leider mal aus. Bei seinem Gastspiel im vollbesetzten K4-Festsaal zeigt sich das längst in Ehren ergraute Trio aus Kanada in Hochform und gewährt eine Lehrstunde in Sachen Wie spiele ich Punkrock im Geist von King Crimson und John Cage? Mit der Geschmeidigkeit einer frisch gewienerten Dampframme pflügen sich die kauzigen Eishockey-Fanatiker aus British Columbia quer durch ihr umfangreiches Schaffenswerk, knüppeln die energiegeladenen, oftmals überlangen Nummern aus knapp 25 Jahren Bandgeschichte mit einer derartigen Vehemenz in den Saal, dass so manchem Besucher der Kiefer nach unten klappt. Vertrackte Rhythmen, sperrige Melodieläufe, fiese messerscharfe Breaks – das hier ist schwer authentischer Stoff! Ü30-Punkrock, der sich keinerlei Kategorien verhaftet fühlt außer der Erkenntnis, dass im Drei-Akkorde-für-ein-Halleluja-Genre noch immer alles möglich ist, solange die Einstellung stimmt.
So frönen NO MEANS NO im K4 fast zwei Stunden lang ihrem einzigartigen Jazzcore, scherzen mit den Stagedivern, die zu ihnen auf die Bühne klettern und freuen sich über den munter tobenden Mob vor der Bühne. Als Rausschmeißer gibt’s Shot Down In Flames von AC/DC, das in dieser Version gut und gerne als bandeigener Song durchgegangen wäre. Die Instrumente sind kaum ausgestöpselt, da trifft man die Musiker schon am T-Shirt-Stand, wo sie ihre Platten verkaufen und mit leuchtenden Augen das Gespräch mit den Fans suchen. Wenn ich mal alt bin, möchte ich so jung sein wie NO MEANS NO!