SCREAM SILENCE: Elegy

Die Berliner Gothickönige SCREAM SILENCE haben die Kurve gekriegt und melden sich nachhaltig zurück mit einem wahren Prachtstück von Album.

Die Berliner Gothickönige SCREAM SILENCE haben die Kurve gekriegt. Drohten sie nach dem eher mediokren Seven Tears-Album in der Versenkung zu verschwinden, so melden sie sich nun nachhaltig zurück mit Elegy, einem wahren Prachtstück von Album. Da sind sie wieder, diese unnachahmlichen, unwiderstehlichen Melodien voller Wehmut und romantischer Schwärmerei. Beispiele? Die gesamte Tracklist! Schon The Sign breitet sich dunkel wie die Nacht über dem Hörer aus und zieht ihn mittels ausladendem Refrain in seinen Bann. Without a Trace wiederum kommt auf rockigen Pfaden daher und besticht durch einen hypnotischen Vers in Verbindung mit einem klassischen Gothicrefrain. Schon bei diesen beiden Songs fällt auf, dass Sänger und Mastermind Hardy an sich gearbeitet hat und mittlerweile überaus souverän sämtliche Facetten seiner Stimme gezielt zum Einsatz bringen kann, sei es dunkler Grabgesang oder hohes Klagen. Zwar war er schon zuvor ein überaus fähiger Sänger, doch inzwischen wächst er wirklich über sich selbst hinaus. Living in the Rose überrascht in der Folge, denn dahinter verbirgt sich eine packende Coverversion des im Original eigentlich gar nicht so herausragenden NEW MODEL ARMY-Songs von The Love of Hopeless Causes. Fast scheint es, als hätte Justin Sullivan SCREAM SILENCE diesen Song auf den Leib geschrieben, so nahtlos fügt er sich ins Gesamtgefüge ein. Gänsehaut pur! Bei Curious Changes handelt es sich um einen Song, wie er typischer für SCREAM SILENCE kaum sein könnte, man könnte ihn fast schon als Quintessenz des Bandsounds beschreiben mit seinem fragilen Vers und dem melancholischen, trotz E-Gitarren introvertiert wirkenden Refrain. Klar könnte man Hardy und Co. vorwerfen, dass sie das Rad nun nicht gerade neu erfinden, sondern vielmehr sehr stark auf Vertrautes bauen, doch solange das dermaßen überzeugend geschieht und die Melodien alles andere als altbacken daherkommen, sollte man sich einfach nur an der Klangwelt der Berliner erfreuen. Ähnliches gilt für Oblivion, das zwar auf bekannte Songstrukturen zurückgreift und in der Dynamik kaum typischer sein könnte, doch dermaßen druckvoll gespielt ist, dass es eine wahre Freude ist. Der glasklare, kräftige Sound von Hardys Produktion tut hier ein Übriges. Die Gitarren von Robert Klausch haben mehr Fett auf den Rippen und drücken in den entscheidenden Momenten enorm, nur um sich dann wieder zurückzunehmen, wenn andere Stimmungen im Mittelpunkt stehen. Und dann: ein weiterer Höhepunkt des Albums in Form von The Doubt, dessen Chorus sich enorm dramatisch und angemessen pathetisch ins Herz des Hörers spielt, um im Mittelteil einfühlsam fortgesetzt zu werden. Kurz und vor allem bündig sind die meisten Arrangements auf Elegy, was zwar gelegentlich dazu führt, dass einige Tracks vorhersehbar werden, doch angesichts der hochklassigen Ideen weckt dies nur die Vorfreude. Derangement enttäuscht diese nicht, denn der 3/4-Takt gibt der Ballade den nötigen Drive, um sich an der Kreuzung zwischen Kitsch und epischer Breite für die richtige Richtung zu entscheiden. Diese Klippe umschifft Agony mit Leichtigkeit, da es eine weitere überzeugende Variation des ruhiger Vers, treibender Refrain-Schemas darstellt und dieses zugleich mittels weiterführender Parts durchbricht. Es folgt My Swallow Bride, das zwar keine Überraschungen aufweisen kann, aber mit einigen Feinheiten und der unvermeidlichen Hookline voller Emotion besticht. Doch SCREAM SILENCE können noch einen draufpacken, denn im Titeltrack Elegy gewähren sie sich selbst den nötigen Raum zum Atmen, um aus den bewährten Strukturen auszubrechen. Langsam baut sich der getragene Achtminüter auf und entpuppt sich nach und nach als das vom Titel versprochene Klagelied. Wieder fällt die enorme Bandbreite von Hardys Stimme auf, die zusammen mit einer dunklen Cellomelodie ein Netz aus Faszination um den Hörer spannt, aus dem er sich nicht mehr zu befreien vermag. Fast wünscht man sich, solche Ausbrüche aus dem doch etwas engen stilistischen Korsett öfter von SCREAM SILENCE zu hören, dann stünde dem Quartett nämlich endgültig nichts mehr im Wege bei ihrem Streben nach dem Gothic-Olymp. Auf die Reise dorthin schickt sich die Band mit dem Rausschmeißer The Sleep, einer unaufdringlichen und doch verzaubernden Klavierballade, bei der Hardy nochmal seine Charmewaffe, will meinen Stimme hervorragend zum Einsatz bringt. Kaum ein anderer Sänger vermag sein Organ dermaßen emotional, variabel und doch stets unverwechselbar einzusetzen. SCREAM SILENCE ist mit Elegy ein großer Wurf gelungen, der ihnen einen Platz neben den ganz großen Acts des Genres in eurem CD-Schrank sichern sollte.

Veröffentlichungstermin: 25.10.2004

Spielzeit: 51:26 Min.

Line-Up:
The Sign

Without a Trace

Living in the Rose

Curious Changes

Oblivion

The Doubt

Derangement

Agony

My Swallow Bride

Elegy

The Sleep

Produziert von Hardy Fieting
Label: Plainsong Records/Rabazco

Homepage: http://www.screamsilence.de

Email: info@screamsilence.de

Tracklist:
Hardy Fieting – Gesang, Keyboards

Heiko Wolf – Schlagzeug

Robert Klausch – Gitarre

Hagen Schneevoigt – Bass

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