KARAT: Licht und Schatten

KARAT legen nach sechs Jahren ein neues Studioalbum vor, das schwer einzuordnen ist. Für die Rock-Schublade zu poppig. Für die Schlagerpop-Ecke definitiv zu rockig. Die Band sitzt also zwischen diesen beiden Stühlen, meistert diese Gratwanderung zwischen Schlager und Pop in diesem Niemandsland aber nicht schlecht…

Ich muss gestehen, dass die Musik KARATs bis auf wenige Ausnahmen (z.B. Der laue Planet, Schwanenkönig, Traumverkäufer, Albatros oder Über sieben Brücken musst Du gehen) immer im großen Bogen an mir vorbeiging. Ich stand (und stehe) da schon immer eher auf die deutlich rockigeren PUHDYS (mein allerallerallererster Konzertbesuch waren übrigens 1981/82 die Puhdys). Aber man sollte beide Bands nicht miteinander vergleichen, nur weil sie aus der ehemaligen DDR stammen, denn ich vergleiche ja auch nicht GAMMA RAY mit RUNNING WILD, nur weil wie beide aus Hamburg kommen. Also: KARAT sind KARAT, PUHDYS sind PUHDYS, SILLY sind SILLY, STERN MEIßEN sind STERN MEIßEN, PANKOW sind PANKOW und CITY sind CITY. Aber hier und jetzt geht es um die Band KARAT, die bereits 1975 gegründet wurde und aus Teilen der Gruppe PANTA RHEI entstand. Zwar ist mit dem 1950 in Österreich (!!!!) geborenen Sänger und Komponisten Herbert Dreilich (der von 1968/69 zeitweilig anstelle von Dieter Hertrampf bei den PUHDYS spielte) nur noch ein Gründungsmitglied an Bord, aber seine Mitstreiter Christian Liebig (Bass, seit Mitte der 80er dabei), Bernd Römer (Gitarre seit 1976), Martin Becker (seit 1992 Keyboarder der Band) und Michael Schwandt (seit 1976 hinterm Schlagzeug. Er nennt BIOHAZARDs Kill Or Be Killed und MINISTRYs Animositisomania in seiner Playlist und bezeichnet Dale Crover von den MELVINS als seinen Lieblingsschlagzeuger. Cool!) sind alles alte KARAT-Recken. Diese legen nach sechs Jahren ein neues Studioalbum namens Licht und Schatten (56:08 Min.) vor, das schwer einzuordnen ist. Für die Rock-Schublade zu poppig. Für die Schlagerpop-Ecke definitiv zu rockig. Die Band sitzt also zwischen diesen beiden Stühlen, meistert diese Gratwanderung zwischen Schlager und Pop in diesem Niemandsland aber nicht schlecht. Neun der vierzehn Stücke wurden von Sänger Herbert im Alleingang verfasst, was deutlich macht, dass er seinen vor einigen Jahren erlittenden Schlaganfall relativ gut überstanden hat. Die Songs sind wirklich gut produziert und arrangiert und auch die Texte sind selten schlagermässig peinlich (laufen aber auch nicht Gefahr, für den Grimme-Preis nominiert zu werden). Interessant finde ich auf jeden Fall den Track Unterwegs nach Haus #2, in den textlich etliche Karat-Titel der Vergangenheit eingebaut wurden. Aber auch der Text des eher Liebeslied-mässigen Denn ich hab´ dich kann überzeugen. Mit Der blaue Planet und Über sieben Brücken sind noch zwei Remakes zu hören, das allerdings auf der dritten (I!) KARAT-Platte in Folge. Keine Ahnung, was das soll, zumal Neueinspielungen bekannter Klassiker eh meistens dem Original nicht das Wasser reichen können und nur einem verschwindend kleinen Prozentsatz von Fans besser gefallen. Interessanterweise wurde diese beiden Songs nicht von Herbert Dreilich (co-)komponiert. Als weiteren Bonustrack gibt es noch das kurze und englischsprachige Someone Got Hurt (eine Demoaufnahme aus den 80ern, auf der nur Gesang und Gitarre zu hören sind). Ich denke, dass Karat-Fans und andere Ostalgiker dieses Album mögen werden. Mein Ding ist es nicht 100%ig, auch wenn ich ruhigen Gewissens schreiben kann, dass es viel Licht und wenig Schatten gibt.

Spielzeit: 56:08 Min.

Line-Up:
Herbert Dreilich (Gesang)
Christian Liebig (Bass)
Bernd Römer (Gitarre)
Martin Becker (Keyboards)
Michael Schwandt (Drums)

Produziert von Leslie Beathoven
Label: Zyx

Homepage: http://www.jede-stunde.de

Tracklist:
1.Zeitdiebe
2.Unterwegs Nach Haus #2
3.Zum Glück
4.Denn Dein Lächeln
5.Aus Der Ferne
6.Denn Ich Hab Dich
7.Der Stich Den Man Spürt
8.Soweit Der Wind
9.Alles Vergänglich
10.Über Sieben Brücken
11.Der Blaue Planet
12.Wer Weiss
13.Zwei Wege
14.Someone Got Hurt

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner