APOCALYPTICA – Stuttgart, Theaterhaus, 15. März, 2003

Langhaarige, Gothic-Schneckchen und Kleinfamilien inklusive Großeltern drückten sich einträchtig und generationsübergreifend in das Stuttgarter Theaterhaus und wurden mit einem hochklassigen Auftritt belohnt.

Mittlerweile scheint sich nicht nur unter Metalfans rumgesprochen zu haben, dass APOCALYPTICA live immer einen Konzertbesuch wert sind. Trotz des unverschämten Preis von 26 Euro für gerade mal 90 Minuten Auftrittszeit war das Theaterhaus komplett ausverkauft. Langhaarige, Gothic-Schneckchen und Kleinfamilien inklusive Großeltern drückten sich einträchtig und generationsübergreifend in den Saal und wurden mit einem (wieder einmal) hochklassigen Auftritt belohnt.

Die im Studio zum Trio geschrumpften Finnen hatten nach Max Liiljas Ausstieg einen alten Bekannten für die Tour zurückgeholt: Am linken Bühnenrand saß Antero Manninen, der an diesem Abend an Coolness nicht zu überbieten war. Wo seine drei Kollegen mit voller Inbrunst und Körpereinsatz an den Cellos säbelten, blickte er mit hinter einer Sonnenbrille versteckten Augen und unbewegter Mine ins Publikum, spielte stoisch seine Parts und ließ sich auch vom euphorischsten Beifall nicht beeindrucken.

Die Show war in zwei Blöcke geteilt: Zuerst gab es ein paar ältere Nummern, überwiegend Coverversionen, die nichts von ihrer Faszination verloren haben. Mit „For Whom the Bells Tolls“ gehen die Finnen gleich in die Vollen, und es ist immer wieder erstaunlich, wie schnell diese Band eine energiegeladene Atmosphäre aufbauen kann. „Pray!“ bot eine kleine Verschnaufpause nach der APOCALYPTICA mit einer atemberaubenden Version von „Refuse/Resist“ noch mal eindrucksvoll unter Beweis stellten, dass sie nichts von ihrer Power verloren haben – auch wenn das neue Album Reflections eine neue, sanfte Seite der Cellisten zeigt.

Für den zweiten Teil des Abends wurde ein Schlagzeug enthüllt, das bislang hinter dem Backdrop verborgen war. Live wird erst so richtig deutlich, dass die neuen Stücke mit Druming vielschichtiger sind als alles, was die Finnen bislang gespielt haben. Das liegt zum einen an Drumer Mikka, der durchaus zu den besseren Stöckchenschwinger gezählt werden darf, was er nicht nur mit extrem sauberen und unglaublich schnellem und einfallsreichem Druming zu den Songs unter Beweis stellte. Er konnte auch mit einem kleinen, aber beachtlichen Drumsolo zeigen, was in ihm steckt. Zum anderen sind die neuen Songs vielseitiger und lassen dem Cellos mehr Raum für Melodiebögen.

Wie Eicca im Interview betonte, setzen APOCALYPTICA nicht mehr ausschließlich auf den Überraschungseffekt ihrer brachialen Stücke, sondern legen mittlerweile Wert auf Abwechslung – was sich auch in der Setlist zeigte: Furiosen Stücken wie „Toreador II“ folgten ruhige, wehmütige Minuten wie die von „Faraway“. So unterschiedlich die Stimmung der einzelnen Songs war, so konstant war die Hingabe, mit der auf der Bühne agiert wurde. Wildes Headbangen, Aufpringen und Umhertragen der Instrumente oder selbstversunkenes Saitenstreicheln, APOCALYPTICA gehören mit zu den ehrlichsten und intensivsten Livebands. „Cohkka“, „Resurrection“ und „SomewhereAround Nothing“ sind eigenständige Songs, die nicht mehr viel mit der Vergangenheit von APOCALYPTICA als “Coverband” zu tun haben – eine Vergangenheit, die nicht vergessen wurde: Auch zwei METALLICA Nummern, “Nothing Else Matters” ist in der finnischen Version weitaus ergreifender als das Original und „Creepng Death“ zeigt noch einmal, wie aggressiv und tight vier Cellos klingen können. Zum Abschluß durfte Perttu Kivilaakso bei „Inqusition Symphony“ nach Herzenslust posen und das Publikum anfeuern, was eigentlich nicht nötig gewesen wäre, denn nach diesem letzten Stück wurde stürmisch nach Zugaben verlangt. „Enter Sandman“, „Path“ und eine energische Version von Griegs „Hall Of The Mountain King“ beendeten einen tollen, aber viel zu kurzen Konzertabend, für den die schweißtriefenden Finnen sogar mit roten Rosen aus der ersten Reihe belohnt wurden.

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