ANDROMEDA: II=I

Vertrackter, technisch perfekt umgesetzter Prog Metal mit songwriterischen Defiziten.

Prinzipiell gibt es nur drei denkbare Reaktionsmöglichkeiten für Nachwuchsmusiker, denen man II=I der schwedischen Progressive-Metaller ANDROMEDA vorspielt:

1) Sie finden in ANDROMEDA ihre neuen Vorbilder und verbringen künftig jede freie Minute damit, sich an ihrem Instrument zu verbessern, um eines Tages so schnell spielen zu können wie Gitarrist Johan Reinholdz und Keyboarder Martin Hedin.
2) Sie hängen aus lauter Frust darüber, dass sie niemals die Fähigkeiten dieser technisch überaus versierten Musiker erreichen werden, ihr Instrument an den Nagel und beenden ihre Musikerkarriere.
3) Sie erkennen, dass technische Fähigkeiten und das Zur-Schau-Stellen selbiger nicht alles sind und konzentrieren sich fürderhin darauf, ihr songwriterisches Können zu verbessern, damit ihnen nicht das gleiche passiert wie ANDROMEDA mit vorliegendem Werk.

Denn II=I ist ein Album, das in seiner Gänze wohl nur Nachwuchsmusiker der Kategorie 1) sowie beinharte Prog-Freaks, zufrieden stellen wird, da technisch eine Menge geboten wird, songwriterisch aber Defizite auszumachen sind.

Stilistisch ähneln die Schweden ein wenig SYMPHONY X: Geschickt wird durch dezent im Hintergrund gehaltene Keyboardteppiche und des öfteren an die Amerikaner erinnernde Gesangslinien sowie durch stimmungsvolle Gitarrensoli eine mystische Atmosphäre aufgebaut. Wenn dann Frontmann David Fremberg über weite Strecken stimmlich als auch die Phrasierung betreffend Reminiszenzen an Russell Allen erweckt und auch die typischen Stakkato-Riffs nicht fehlen, kann eine gewisse Affinität der Schweden zu dem Sound der Band um Michael Romeo wohl nicht bestritten werden. Besonders deutlich kommt dies zum Tragen beim starken Opener Encyclopedia und dem direkt folgenden Mirages, einem schleppenden Midtempo-Stampfer, der mit einem hymnischen Mitsing-Refrain zu begeistern weiß. Diese beiden Tracks und der neunminütige Quasi-Titelsong, der ruhig beginnt und sich dann immer weiter steigert, sind denn auch die Highlights der Scheibe, da hier eingängige Hooklines vorhanden sind und Gitarren und Keyboards sich bei aller Progressivität songdienlich einbringen.
Insgesamt gehen ANDROMEDA aber weitaus vertrackter zu Werke als SYMPHONY X. Leider vernachlässigen sie dabei bis auf die genannten Songs zumeist nachvollziehbare Songstrukturen und gewisse Wiedererkennungsmerkmale, sei es in Form von Gesangslinien oder Gitarrenriffs. Die Krönung ist diesbezüglich wohl das Instrumentalstück Morphing Into Nothing, das zwar ein zwei wiederkehrende coole Riffs enthält, ansonsten aber von unzähligen wahnwitzigen Solo-Duellen zwischen Reinholdz und Hedin beherrscht wird, die in dieser Stückzahl nur noch nerven und als Bestandteile des Songs keinerlei Notwendigkeit besitzen, sondern zum Selbstzweck erhoben werden.
So bleiben auch nach zigfachem Anhören von II=I immer nur die ersten vier Songs in Erinnerung, die durchaus mit dem Material von Bands wie SYMPHONY X konkurrieren können und jedem Prog Metal-Fan gefallen dürften. Die Band kann also durchaus nachvollziehbare Songs schreiben, umso ärgerlicher dass sie dies nicht über die volle Albumlänge praktiziert.

Bei allem Respekt vor den technischen Fähigkeiten der Musiker kann für dieses mit einer transparenten, trockenen Produktion ausgestattete Album keine Empfehlung ausgesprochen werden. Wären alle Songs vom Kaliber der ersten vier Stücke, hätten wir es hier allerdings mit einem echten Prog-Highlight zu tun.

Spielzeit: 65:12 Min.

Line-Up:
David Fremberg – Vocals
Johan Reinholdz – Guitar, Bass
Martin Hedin – Keyboards
Thomas Lejon – Drums

Produziert von Martin Hedin
Label: New Hawen Records

Homepage: http://www.andromedaonline.com

Tracklist:
1. Encyclopedia
2. Mirages
3. Reaching Deep Within
4. Two Is One
5. Morphing Into Nothing
6. Castaway
7. Parasite
8. One In My Head
9. This Fragile Surface

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