FIST FULL OF METAL, 13. & 14. September 2002, Mitterschweib / Mitterskirchen

Mitten im allertiefsten Niederbayern, fernab jeglicher Zivilisation und jeglichem Handynetzes fand dieses Jahr das erste Fist Full of Metal-Festival statt. Vampster war für euch vor Ort


Das Festival

Freitag, 13. September 2002

Sucking Leech | Path of Debris | Cryptic Wintermoon | Disbelief

Samstag, 14. September 2002

U.G.F. | Dicksaw | Cremation | Human Bloodfeast | Profanity | Agathodaimon | Fleshcrawl

Das Festival

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Mitten im allertiefsten Niederbayern, fernab jeglicher Zivilisation und jeglichem Handynetzes fand dieses Jahr das erste Fist Full of Metal-Festival statt. Die Organisatoren, bestehend aus dem Vorstand des Vereins zur Förderung des Heavy Metals in Bayern, ließen sich einiges einfallen um Leute zu locken. Da wäre zuerst mal der Bonus, dass Vereinsmitglieder verbilligten Eintritt bekamen. Außerdem war das Festival in einer gemütlichen Halle, in der alle ca. 500 Anwesenden viel Platz hatten. Der Campingplatz war direkt an den gegenüberliegenden Straßenseite und auch dort war genügend Platz vorhanden, selbst wenn es nachts wirklich schweinekalt zum Zelten war.

Übertriebene Sicherheitsvorschriften und bierernste Securities suchte man vergeblich, stattdessen erklärten sich Besucher, Bands und Veranstalter bereit friedlich und erwachsen ein tolles Heavy Metal-Festival zu feiern. Ohne größere Auseinandersetzungen lief dieses Festival ab, in dem sowohl größere Headliner als auch unbekannte Underground-Acts eine Plattform fanden ihre Musik an den Fan zu bringen. Die zwei Tage vergingen wie im Flug, machten irre Spaß und werden mir und vielen anderen Besuchern sicherlich lange Zeit im Gedächtnis bleiben.

Okay, die Hygiene ließ einiges zu wünschen übrig, gerade mal eine Toilette stand den Herren der Schöpfung zur Verfügung und wenn vor einem jemand seine Steaksemmel loswurde war es wohl nicht gerade der angenehmste Zustand der Welt. Desweiteren gab weder Duschen noch Waschbecken oder ähnliches, die der pflegebewusste Schwermetaller täglich braucht wie die Luft zum atmen, aber zwei Tage kann man sich schon mal gehen lassen und muss man sich nicht allzu weibisch aufführen.

Freitag, 13. September 2002

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Sucking Leech

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SUCKING LEECH sah ich bereits vor über einem Jahr, fand sie jedoch eher schlecht. Die Psycho-Grindcore-Truppe aus der Region hat aber definitiv an sich gearbeitet, denn dieser Gig war wirklich gut. Die Musiker betraten in Schminke und Masken ein wenig SLIPKNOT-like die Bühne, waren aber etwas inkonsequent und legten die Masken im Laufe des Gigs ab. Dennoch rockten und rotzten die Fünf was das Zeug hielt. Ihr Sänger drehte voll durch und zeigte einiges an Bewegunsfreude. Der Rest stand eher konzentriert an den Instrumenten und spielte den groove-orentierten Grindcore routiniert runter. Im Publikum ging dennoch ziemlich die Post ab, denn SUCKING LEECH sind in der Gegend keine Unbekannten mehr; sie konnten sich durch konsequentes Auftreten bereits einen recht großen Status aufbauen. Und wer Grindcore anno 2002 auch modern und originell rüberbringt, hat es nicht anders verdient.

Path of Debris

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Die heimlichen Headliner des Abends waren PATH OF DEBRIS aus Landshut, die ihren Abschiedsgig spielten, selbst wenn sie sich bereits vor zwei Jahren aufgelöst hatten. Vielleicht war gerade dies der Grund für die überschwängliche Freude der Fans, die ein letztes Mal ihre Helden sehen durften. Ihre melodischen und altmodischen Death Metal Songs wie Beyond the Ivory Gate wurden zwar etwas bewegungslos dargeboten, aber die Fans moshten kräftig mit und hatten in der Stunde jede Menge Spaß. Aber nicht nur das aktuelle Line-Up spielte Songs, eine komplette Umbesetzung trat ein und fan erlebte das erste mal seit sieben Jahren die Urbesetzung live. Wenngleich sich ein paar Fehler einschlichen, so wäre dieser Gig bestens geeignet für ein Live-Album gewesen. Ein würdiger Abschluss einer bayerischen Underground-Legende.

Cryptic Wintermoon

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Als Co-Headliner standen die Franken CRYPTIC WINTERMOON auf dem Menü und waren definitiv eine der besseren keyboard-lastigen Black Metal Bands. Live übermittelten sie eine dichte Atmosphäre und viel Aggression, rasende Gitarrenriffs und brutal schnelle Drumparts vermischt mit tollem Bombast, bei dem auch mal ein Gang zurückgeschaltet wurde. Dazu kam solider Gesang und eine überzeugende Bühnenpräsenz. Etwas zurückhaltend wurde diese Mischung vom Publikum aufgenommen, dennoch wurden ihre Songs, mit denen ich alles andere als vertraut war, warmherzig aufgenommen. Leider zogen sich die 45 Minuten doch etwas in die Länge, denn meine Vorfreude auf den Headliner war bereits atomar.

Disbelief

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Es war nun schon das dritte Mal in diesem Jahr, dass ich in den Genuss einer DISBELIEF-Show kam. Ob es inzwischen langweilig wurde? Keine Spur, denn wie die Extrem Metaller ihre Musik darbieten ist ein ums andere Mal atemberaubend. Sei es das Synchron-Headbanging von Sänger Jagger, Bassist Joe und Gitarrist Jan-Dirk oder die intensiven Vocals, Drums und Riffs. Keine Überraschungen gab es auch in punkto Setlist, mit Misery und Believer ging´s los, während später vieles vom neuen Album geboten wurde. Gänsehaut erzeugten dabei vor allem die Songs Shine und Me and My World, die mit unglaublich viel Herzblut dargeboten wurden. Anscheinend hat auch das Christkindl meinen Wunschzettel für Weihnachten schon gekriegt, weswegen mein größter Wunsch, den Song Infected endlich mal live um die Ohren geblasen zu bekommen, wahr wurde. Was für eine Schlacht! Das Publikum verzog sich aber relativ früh in die saukalten Zelte, denn während des Sets standen immer weniger Leute vor der Bühne. Schade, denn dies war ein wirklich superber Auftritt der fünf Hessen. So recht animiert konnte die Audienz ansonsten auch nur bei dem Klassiker schlechthin, God? Master! werden. Der von der Band begeisterte Wirt, dem die Halle gehörte, zeigte sich mit seinen gut 50 Jahren zumindest als beinharter Disbeliefer und brachte der Band am Ende des Sets sogar noch Bier auf die Bühne. Das nenne ich mal Service. Nach diesem gelungenen ersten Festivaltag feierten die noch wachgebliebenen und schlaflosen eine ziemlich gelungene Metal-Party und hatten einen Riesenspaß.

Samstag, 14. September 2002

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Weißwurstfrühstück mit U.G.F.

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In Bayern gibt es einige Traditionen, die von den Veranstaltern auch übernommen wurden und zu einem großen Erfolg avancierten. Besonders der Frühschoppen war ziemlich griabig, viele Fans wollten sich das Spektakel nicht entgehen lassen und konnten in der weit weniger stickigen, weil über Nacht gelüfteten Halle, auf den Bierbänken ihre Weißwürscht genießen. Nachdem ich meine verdrückt hatte, begann das Chaos auf der Bühne loszuwüten: U.G.F. aus Passau spielten auf und waren die perfekte Band zur Tages- und Essenszeit. Obwohl die Band nicht so recht aufs Billing passen wollte, gefiel ihr Metalcore ausnahmslos allen, die bereits anwesend waren. Grund dafür, war dass die Band trotz freakigem Aussehens nicht obercool, sondern einfach nur sympathisch wirkte. Besonders ihr Sänger, der über die Bühne fegte, wie ein tasmanischer Teufel war der geborene Entertainer. Die Jungs machten sich voll zum Affen, aber das werte ich nicht als negativ. Als U.G.F. dann ihr Prince-Cover spielten tauten alle Anwesenden auf und machten auch vor der Bühne Party. Selbst wenn es nur ca. 30 Leute waren, die mitfeierten: Es war unvergesslich.

Dicksaw

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Sicko-Alarm!!! Am frühen Nachmittag spielte die niederbayrische Kult-Truppe DICKSAW auf. Bereits das Bühnenoutfit des Quartetts war ziemlich freakig, der Sänger betrat mit einem Penis-Hut und einem riesigen aufblasbarem Dildo unter dem Arm in einem rosa Faltenröckchen und einer rosa Rüschenbluse die Bühne. Der Gitarrist war komplett rot bemalt mit Lederrock, während der Drummer seinen Vollbart nur auf einer Seite hatte. So legten die vier Grind-Punker los und ihre zahlreichen Anhänger konnten losmoshen und –pogen. Das Material der Band war eher dem ursprünglichen Grindcore zuzuordnen – wenig originell aber immerhin sauber präsentiert – selbst wenn die Band für ein, zwei Songs mehrere Anläufe brauchte. Anfangs gefiel mir die spaßige Perversität von DICKSAW noch ganz gut, aber im Vergleich zu Bands wie early NAPALM DEATH oder CARCASS konnten sie nicht anstinken, denn ihre Vorbilder waren weit abwechslungsreicher. So waren mir die 45 Minuten schon viel zu viel, aber den Fans gefiels.

Cremation

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Ich bin richtig froh, dass ich mir diese Band angesehen habe! CREMATION aus dem verschlafenen Städtchen Pfarrkirchen lieferten ein ultrabrutales Death Metal-Brett ab, das sich stark von den genialen SUFFOCATION beeinflusst zeigte. Es machte richtig Spaß CREMTATION zuzuhören, leider waren aber nicht viele Leute bereit komplexen Death Metal um diese Zeit zu hören, schließlich war die Halle zu diesem Zeitpunkt fast leer. Dennoch, ein paar Maniacs wurden schnellstens von der Musik überzeugt, selbst wenn die Bühnenpräsenz wirklich einiges zu wünschen übrig ließ. Die vier Musiker standen größtenteils nur rum, hier und da gab mal ein wenig Headbanging zu sehen, aber sonst wurde wenig geboten. Hätten sie ein wenig umgefetzt, wären sicherlich einige Headbanger mehr in ihren Bann gezogen worden. Dennoch zeigten CREMATION, besonders durch den wirklich schnellen und sauberen Drummer und die einfallsreichen Riffs, enormes Potential und können hoffentlich durch ihr bald erscheinendes erstes Album einen größeren Status erreichen.

Human Bloodfeast

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Aus der Oberpfalz und nicht aus Florida, kamen HUMAN BLOODFEAST, die in der inzwischen wieder besser gefüllten Halle ihr Bestes gaben. Einzuordnen waren die blutverschmierten Mucker grob zwischen älteren MALEVOLENT CREATION und SIX FEET UNDER. Sie machten ihre Sache ziemlich gut, ihre im flotteren Groove-Bereich angesiedelten Songs boten viel Double-Bass, coole Riffs und wirklich tiefen, aber zu wenig abwechslungsreichen Gesang. Das störte jedoch niemanden wirklich, im Publikum gingen die Leute gut ab, ebenso die fünf auf der Bühne. Dennoch sollte das Quartett an der Eigenständigkeit arbeiten, denn Bands wie HUMAN BLOODFEAST gibt es derzeit wie Sand am Meer. Wenn ihnen dies gelingt könnten sie einigen Erfolg einheimsen.

Profanity

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Phänomenal. Ich sah diese Band vor einigen Monaten zum ersten Mal mit CRYPTOPSY auf der Art of Sickness-Tour, und nachdem ich diesmal wusste, was mich erwartete, war ich so richtig geil darauf. PROFANITY waren definitiv der heimliche Headliner des Abends, denn sowohl die Jungs als auch das Publikum gingen voll ab. Technischer, tighter und brutaler geht es nicht mehr, in Lichtgeschwindigkeit spielten sie ihre mit komplexen Riffs, schwer verdaulichen Breaks und abgefahrenen Fills vollgestopfte Musik ohne Rücksicht auf Verluste runter. Das Augsburger Trio brachte vieles vom Slaughtering Thoughts-Album, wie Drowned in Dusk oder Soultornado, das neue Stück Humade Me Flesh, das unglaublich ambitioniert, durch seine aberwitzigen Riffs und Breaks wirkte. Noch krasser als die Songs vom letzten Album und genauso genial. Schnell, schneller, Drummer Armin; seine Arbeit an den Bass-Drums, das Spiel auf den Cymbals und Toms war atemberaubend, während Bassist Martl die komplexen Bass-Läufe in Lichtgeschwindigkeit mit einer Fingerfertigkeit, wie man sie höchstens von Traumbassist Eric Langlois (CRYPTOPSY) kennt, runterspielte. Und wie Gitarrist Tom zu noch zusätzlich so routiniert singen kann ist wirklich unglaublich. Üben üben üben, das ist PROFANITYs Geheimnis, das viele junge Bands beherzigen sollten. Als zusätzliches Schmankerl hören die zahlreichen moshenden Fans noch das ultraschnelle DEATH-Cover Zombie Ritual und als Zugabe Fear of Napalm von TERRORIZER, bei denen es kein Halten mehr gab. Ich kann mir außerdem gar nicht vorstellen, wie eine Band dieses Kalibers derzeit keinen Plattenvertrag hat. In einer gerechten Welt, würden sich die Labels um eine Band wie PROFANITY reißen. Ganz große Klasse!

Agathodaimon

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Nach einem Energiepaket wie PROFANITY mussten AGATHODAIMON wirklich um die Aufmerksamkeit der erschöpften Festivalbesucher kämpfen. Dabei waren ihre sperrigen, schleppenden und progressiv angehauchten Black Metal-Songs wie Ne Cheamâ Pâmîntul, Novus Ordo Seclorum, An Angel´s Funeral, Tristetea Vehementa und The Ending of Our Yesterday nicht gerade hilfreich, aber dennoch war dies ein ziemlich guter Auftritt. AGATHODAIMON wirken einfach live im Dunkeln in einer Halle oder einem Club besser als Nachmittags um Fünf in der prallen Summer Breeze-Hitze. Außerdem gab es keine technischen Probleme und sie konnten ihre Version des Schwarzmetalls nach Lust und Laune zelebrieren. Dabei war das Stage-Acting routiniert und professionell, genauso wie die Performance an den Instrumenten. Das Publikum, das eher auf Death Metal aus war, hieß die Mainzer dennoch herzlich willkommen und schenkte ihnen einigen Applaus. Zurecht, wie ich finde!

Fleshcrawl

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Der große Headliner am Samstag war niemand anders als die Württemberger FLESHCRAWL, die ihren old-school Death Metal gekonnt in die hungrige Menge feuerten. Mit viel Power, sowohl in den Songs als auch durch die Band, die spielfreudig Klassiker wie Dark Dimension oder neueres wie den Opener As Blood Rains from the Sky runter. Sowohl im Midtempo-Bereich angesiedelte Songs wie The Forthcoming End als auch flottere Nummern wie Legions of Hatred waren beim Publikum herzlich willkommen und luden zum kräftigen Mitbangen und –moshen ein. Die Songs wurden allesamt routiniert von einer motivierten Band dargeboten und wirkten richtig intensiv. Leider gab es einen Todesfall während des Auftritts zu verzeichnen: Ein riesiger Stoffhase, den irgendwer aus dem Publikum dabei hatte wurde vollkommen zerfetzt und quer durch Publikum geschleudert. Da sagt mal einer, Death Metal sei nicht brutal…

Nach dem schweißtreibenden Auftritt von FLESHCRAWL war dann noch Party angesagt, bei der noch mal so richtig die Post abging. In den frühen Morgenstunden klang das wohl beste, weil familiärste und beschaulichte Festival des Jahres aus und hinterließ fast nur sehr gute Eindrücke.

Bis zum nächsten Jahr, FFOM!

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