Das Leben ist ungerecht. Bayer Leverkusen spielt den besten Fußball und wid immer „nur“ zweiter Sieger (= erster Verlierer). Michael Dickes, der ehemalige Kopf des genialen Trios GYPSY KYSS (zwei „full length“-Alben und zwei EP’s in den Jahren 90-92), veröffentlicht beinahe jährlich eine Weltklasse-Scheibe nach der anderen und fristet immer noch ein Dasein im Untergrund, während Retortenbands (erspart mir Namen. Es gibt sie in jedem Genre…) hundertausende von Platten verkaufen und einen Haufen Kohle verdienen. Doch Michael scheint sich wohl in seiner Rolle zu fühlen. Nach Alben wie „Uneven Alley“ (1993), „Loose Ends“ (1995) und „Dig“ (1997 – eingespielt als „Michael Dickes Band“) und „A Moveable Child“ (2000) erscheint nun das neue Album. Auf der Doppel-CD „Thirty-Five“ sind 35 Stücke (146:06 Min.) zu hören, die an Michael’s 35. Geburtstag (27.04.2002) veröffentlicht wurden. Dabei handelt es sich aber mitnichten um niegelnagelneue Stücke, sondern um eine Ansammlung von Songs, die in den Jahren 1987 bis 2002 entstanden sind (wobei die meisten in der ersten Hälfte der 90er komponiert wurden). Ob es sich lediglich um Outtakes handelt oder welche Gründe Michael hatte, den einen oder anderen Song nicht auf das reguläre Album zu nehmen, entzieht sich meiner Kenntnis. Fakt ist, dass die fast schon rockigen “The Bells of Saint Andrews”, “lookin’ for America”, “Thinkin’ just a little too much”, „Entropy“, „Tryin not to Think“, “Tongue in Cheek”, “Money can buy anything” oder die sehr schönen „What would I do without you“, “When Nothin’s what you need” und “Absolutely you” durchaus auf einem der o.g. Scheiben ein Highlight dargestellt hätte, was auch für die ruhigen „One by One“ bzw. „To get up and go“ und die etwas energischeren „Crazy Waves“, „When You get pissed“ gilt. Mit „Last one in the World“ gibt es sogar einen Song, der bereits auf einer GYPSY KYSS-Scheibe veröffentlicht wurde. Manchmal wäre er auch gerne der gemeinsame Sohn Bob Dylan und Joan Baez, was er mit Stücken wie „Been a long time“, „Learning to be Lonely oder “F.U.G” andeutet. Dass bei dieser großen Anzahl an Songs auch den den einen („Figaro Truckstop“, „To the River“) oder anderen (der Elvis-Anfall „Hard Headed Woman“, „Love is a Crutch“) gibt, dürfte klar sein (andere schaffen es ja nicht mal, zehn bis zwölf vernünftige Stücke auf ein Album zu packen…). Ein Wiederhören gibt’s auch mit GYPSY KYSS-Basser Pat Edward Oscarson, der hier (teilweise) an Bass und Mandoline zu hören ist. Auch Mike Seamann (GYPSY KYSS-Drummer) ist auf „The Driver“ zu hören, was wohl daran liegt, daß es sich bei hier um einen Song vom allerersten GK-Demo aus dem Jahre 1987 handelt. Insgesamt waren (inkl. Michael) ein Dutzend Musiker am Einspielen der Songs beteiligt, darunter auch Leute, die bereits auf den o.g. Scheiben zu hören waren (z.B. Drummer Mike Williams, Pianist Brad Petit oder Basser Eric Frank). Michael, der zweifache Vater, der mit seiner Familie in Lake Chelan/Washington lebt, wo er an fünf Tagen die Woche eine Radioshow moderiert, setzt weiterhin auf recht spartanisch instrumentierten und produzierten folklastigen Rock, bei dem eindeutig seine Stimme und seine Texte im Vordergrund stehen. Für jeden der 35 Songs hat Michael auch ein paar Liner-Notes verfasst und es wird deutlich, daß Michael kein Hippie ist, der meint mit seiner Musik die Welt verbessern zu können, sondern lieber von Erlebnissen und Erfahrungen aus den 35 Jahren seines Lebens als Mensch, Musiker, Ehemann und Vater erzählt. Wollt Ihr daran teilhaben? Dann ordert das Teil über die offizielle Website www.michaeldmusic.com.
Spielzeit: 146:06 (DoCD) Min.
Line-Up:
Michael Dickes (Gesang, Gitarre, Harmonika)
Gäste:
Pat Oscarson (Mandoline, Bass)
Eric Frank (Bass, Mandoline)
Todd Kenaston (Gitarre)
Mike Williams (Schlagzeug)
Travis Grable (Schlagzeug)
Joey DeChenne (Schlagzeug)
Michael Hopkins (Bass)
Mike Seaman (Schlagzeug)
Kevin Ohme (Bass)
Brad Petit (Piano)
Josef Vosdanszky (Violine)
Produziert von Michael Dickes
Label: Eigenproduktion
Homepage: http://www.michaeldmusic.com
Tracklist:
1. The bells of Saint Andrews
2. Thinkin´ just a little too much
3. What Maggie will remember
4. I´ll come running
5. It´s always been that way
6. When nothin´s what you need
7. Last one in the world
8. Money can buy you anything
9. God´s big rubber ball
10. Hard headed woman
11. Peace of mind
12. What would I do without you
13. When you get pissed
14. Love is a crutch (and a wheel chair)
15. I might be wrong
16. Absolutely you
17. Lookin´ for America
18. All I really wanna know
19. The driver
20. Entropy
21. Poor sunday
22. Trying not to think
23. To get up and go
24. Crazy waves
25. Been a long time
26. Figaro truckstop
27. The rest of you
28. One by one
29. Learning to be lonely
30. To the river
31. Left behind
32. Settled scores
33. Tongue in cheek
34. Colours can stain
35. F.U.G.