THE DILLINGER ESCPAE PLAN, THE ICARUS LINE, SHAT, FEAR MY THOUGHTS am 28. August 2002 in München, New Backstage

Bereits zum zweiten Mal lockten DILLINGER ESCPAE PLAN in die bayerische Landeshauptstadt und hatten ein ganz besonderes Ass im Ärmel…

Bereits zum zweiten Mal lockten THE DILLINGER ESCPAE PLAN in die bayerische Landeshauptstadt und hatten ein ganz besonderes Ass im Ärmel: Die neue Mini-CD mit Mike Patton (FANTOMAS, MR BUNGLE, Ex-FAITH NO MORE). Diese ging bestimmt 50 Mal über den Merchandise-Tisch und das völlig zurecht. Die Genialität, welche die Band aus den USA an den Tag legt ist einfach atemberaubend. Da war natürlich die Fragen offen, ob das auch live klappen würde.

Doch zunächst waren FEAR MY THOUGHTS dran, die ihre Version des Hardcore spielten, nämlich mit einigem Death Metal drin und das noch dazu originell. Mir kamen immer wieder BETWEEN THE BURIED AND ME in den Sinn, und auch wenn die Musik sehr komplex und konfus wirkte, war sie weit eingängiger als die des Quartetts aus North Carolina. Es wurde sehr viel Wert auf Atmosphäre gelegt und dank der Violine NEUROSIS-ähnliche Stimmung erzeugt, selbst wenn sie hier und da deplaziert wirkte. Dafür hatten die Musiker hammermäßige Riffs und ein tightes Drumming parat. Den Leuten gefiels und es gab sogar einen kleinen Moshpit. Die Musiker hingegen waren ein wenig schüchtern, denn bis auf ihren Sänger war wenig Bewegung geboten. Aber alles in allem ein absolut gelungener Auftritt mit überzeugendem Songmaterial.

Mit SHAT, die einen äußerst kurzen Auftritt hinlegten, hatte das Publikum schwer zu kämpfen. Man musste lachen, weinen oder sich darüber ärgen, dazwischen ging nichts. Und das lag an dem äußerst debilen und kindischem Humor der Band. Denn wie das Trio aus dem Amiland aussah spottet jeder Beschreibung: Der Sänger und der Gitarrist hatten einen riesigen Plasikzipfel aus der Unterhose hängen, was ja nicht sooo außergewöhnlich ist, doch ein Sänger bekleidet mit Fahrradhelm, der mit Dildos bestückt war und einer Rollerskate-Ausrüstung und ein Gitarrist mit einer vollgekackten Unterhose, das ist wirklich schlechter Geschmack. Leute, die sowas bringen sind meistens die Leute, die im wahren Leben nie einen Ton rausbringen und pure Schüchternheit verkörpern. Ach ja, die Musik… Die war sehr vielschichtig, von Volksliedern und von Black Sabbath geklauten Songs und Nu Metal-mäßigen Sachen brachte die Band einfach alles. Sogar einen kleinen Grindcore Song, von dem sich die Band so begeistert zeigte, dass sie ihn unbedingt nochmal spielen musste. Ob es allerdings sein musste war eher fraglich. 7 Sekunden-Song dürfen nämlich nur NAPALM DEATH und BRUTAL TRUTH spielen.

Wer dachte, SHAT seinen Müll gewesen, wurde spätestens bei THE ICARUS LINE eines besseren belehrt, denn die stellten den absoluten Tiefpunkt des Abends dar. Zuerst dachte ich, sie müssten leise und relaxte Musik machen, weil der Sänger so krank aussah, als würde er dringend Ruhe brauchen. Dabei war das nur Schminke, die der spindeldürre Iggy Pop-Verschnitt im Gesicht hatte. Jedenfalls vermischte die Band aus Hollywood Glamrock mit Hardcore und nein, das geht nicht. Ideenloses Rumgebrülle und –geriffe, das einem der Spaß verging. Erschwerend kam noch hinzu, dass es dermaßen laut war, das bereits beim Intro die Ohren schmerzten. Außerdem waren die Musiker zu sehr mit Posing und Umfallen beschäftigt, als dass ein vernünftiges Ergebnis dabei herauskommen könnte. Das war ein ideales Konzert um mal frische Luft zu schnappen und genüsslich sich an einem Bierchen zu laben. Ich war nicht der einzige, der auf diese Idee kam, gut die Hälfte der 150 an diesem Abend Anwesenden kamen entnervt auf die gleiche Idee.




Aber danach war es endlich so weit. Die Band wegen der Geork und seine Freunde extra aus Salzburg nach München gereist waren betrat die Bühne. Eigentlich ist es frevelhaft, diese Energie, die Power in Worte fassen zu wollen, aber ich tu es trotzdem. Eine total motivierte Band war da zu sehen, die nach dem Ice-T-Intro mit ihrer bekannten Mischung aus Metal, Hard- und Grindcore und Jazz mächtig losfegten. Dabei gabs einiges von Calculating Infinity, ein paar ältere Kracher und sämtliche Stücke der verdrehten EP mit Mike Patton zu hören. Um hinter diesen Lärm zu steigen, sollte man sich aber nicht sofort auf ein Live-Konzert der Jungs begeben. Lieber in Ruhe zu Hause erst durch die CD durchsteigen, ansonsten hasst man die Jungs. Kein Wunder, wenn sich so gut wie kein einziger gerader Takt und kein schöner Dur- oder Moll-Akkord in der Musik wiederfindet. Ein großer Trumpf von DILLINGER ESCAPE PLAN war deren neuer Sänger, der nicht nur die Muskeln, sondern auch die Stimmbänder spielen ließ. Nicht nur, dass er mit der heiseren Kreischstimme seines offiziellen Vorgängers gut mithalten konnte, auch die für Mike Patton typischen Parts, diese Mouth-Percussion schaffte er gut, wenn auch nicht so perfekt wie der Maestro selbst.


Das Set war trotz der großen Bewegungsfreudigkeit der Band technisch fast einwandfrei runtergespielt. Die Präzision, die THE DILLINGER ESCAPE PLAN an den Tag legte war schon fast beängstigend. Und abgefahren war es nicht nur, als Sänger Dimitri auf die Boxen hochklettere und von da aus brüllte, auch das Publikum tickte total zu 43% Burnt, The Running Board oder auch Good Dogs do Bad Things aus. Als Zugabe spielte die total erschöpfte Band dann noch Destro´s Secret und das APHEX TWIN-Cover Come To Daddy und als Zeichen, dass wirklich NICHTS mehr ging zertrümmerte Gitarrist Brian Benoit seine Klampfe. Welch eine Show, welch geniale Musik, welch Intensität. Das Fazit könnte eindeutiger nicht sein: THE DILLINGER ESCAPE PLAN sind wahre Meister.

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