CYNIC: Focus

Ungewöhnlich und wunderschön.

Jeder Mensch hat einen wunden Punkt, der, wenn er erreicht wird, ihn zu Tränen rührt. Dieser Punkt ist allerdings bei jedem Menschen anders. Mal ist etwas schreckliches, mal etwas wunderbares Schuld daran. Beschränken wir uns lieber auf die Freudentränen. Wunderschöne Erinnerungen, Glück, das man gerade erlebt und vieles andere kann Tränen hervorrufen. Manchmal reichen dazu aber auch kleine, unscheinbare Mittel, wie die Musik.

CYNICs erstes und einziges Album beherrscht diese Kunst. Diese Musik zu hören ist, wie sich von den ersten Sonnenstrahlen des Frühlings wärmen zu lassen. Das Album beginnt unscheinbar, mit ein paar warmen Akkorden, wird aber dann zu einem der anspruchvollsten Alben, dass ich jemals gehört habe. Die hohe Kunst, besser zu spielen als alle anderen, es aber nicht unbedingt zeigen zu müssen wird zelebriert. Wahnsinnige Technik wird angewandt, aber es wird darauf geachtet, nichts zu überfrachten. Stattdessen weiß das Quartett aus Florida, wann es dem Hörer zu viel werden könnte und handelt danach. Die Leistungen der Musiker sind unglaublich, aber nicht, wie bei anderen Bands dieser Prägung, nur an den Gitarren, der Schlagzeuger ist vielleicht nicht der allerschnellste, aber beherrscht atemberaubende Techniken, die eigentlich dem Metal vollkommen fremd sind. Ebenso die Arbeit des Bassisten Shawn Malone, der mit seinem Fretless-Bass wunderbar weiche Töne hervorzaubert und auch selbst mal mit tollen Soli und Melodien überzeugt.

Focus ist ein Album, dass schön anzuhören ist, aber je öfter man es hört, desto mehr Facetten entdeckt man. Und schnell hat man es 5-6 mal am Tag angehört, jedesmal wieder überwältigt und glücklich. Ich denke, nicht mal Jazz-Hasser werden sich an dem gewaltigen Einfluss in dieser Musik stören, denn im Gegensatz zu oftmals unterkühltem Jazz steht bei CYNIC immer die Leidenschaft im Vordergrund. Das Instrumental Textures ist das beste Beispiel dafür. Mit cleanen Gitarren beginnen leise Töne wie Regentropfen auf den Hörer herabzuprasseln und das danach einsetzende, jazzige Schlagzeug unterstreicht dezent die ungewöhnliche Schönheit.

Doch dieses Album ist trotz alledem Metal, basierend auf Death Metal, wenn auch auf eine dezente Art und Weise. Erinnerungen zu DEATH kommen darin hoch (kein Wunder, spielten doch einige CYNIC-Mitglieder schon mit Chuck Schuldiner zusammen), und erstaunlicherweise erinnern einige Riffs an ACTROCITYs geniale Todessehnsucht. Trotzdem, wer nur das letzte Lied How Could I mit seinem süchtig machendem Fade Out-Solo gehört hat, weiß, dass es sich hierbei um ein Album handelt, das nicht verglichen werden darf.

Doch genau dies haben viele Metalfans vor nunmehr neun Jahren gemacht. Genau dies dürfte der Grund gewesen sein, dass Focus damals wie heute seiner Zeit voraus, bei der Menge durchfiel. CYNIC schreiben im Booklet (…) We hope you will be open to the uniqueness of these pieces. Truth, integry and strength have been the FOCUS of Cynic. Join us in our quest. Leider ist die bald darauf aufgelöste Band CYNIC ein weiterer Beweis, dass einige Fans doch intolerant sind. Dennoch empfehle ich euch, sofern ihr emotionale Musik liebt, dieses Meisterwerk. Vielleicht werdet ihr es ebenso brillant finden wie ich und vielleicht wird es auch euch glücklich machen.

36:09 min

VÖ: 1993

Jason Gobel – Guitar, Guitar Synth

Paul Masvidal – Vocals, Guitar, Guitar Synth

Sean Reinert – acoustic / electronic Drums, Keyboards

Shwan Malone – Bass, Chapman Stick

Produziert von Cynic und Scott Burns

Artwork: Angelic Manifestation von Robert Venosa

Roadrunner Records

www.ahamkara.com

1. Veil of Maya

2. Celestial Voyage

3. The Eagle Nature

4. Sentiment

5. I´m but a Wave to…

6. Uroboric Forms

7. Textures

8. How Could I

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