Es ist nicht zu fassen, im positivsten Sinne. Markus B. hat mit PARAGON OF BEAUTY und AUTUMNBLAZE jedes Mal aufs Neue Meisterwerke abgeliefert, und das in so unterschiedlichen Stilen wie dem romantischen Metal von „The Spring„, dem verzweifelten Doom von „Seraphine…Far Gone Gleam“ oder dem tieftraurigen, von beinahe jedem Licht verlassenen Meisterwerk „Bleak„. Nun ist er zurück und, wie sollte es auch anders sein, wieder hat er ein Meisterwerk geschaffen.
„Mute Boy Sad Girl“ fängt unscheinbar an; der Titeltrack offenbart bereits große Gefühle, lässt aber noch den absoluten Tiefgang vermissen. Mit „It never felt like this before“ dann entblättert Markus seine Seele fast vollständig, lässt tiefe Einblicke in Abgründe und sehnsuchtsvolle Liebe zu und schafft es, bei alledem noch einen wunderschönen Pop-Song zu machen. Sowieso, Pop hat Einzug gehalten im Hause AUTUMNBLAZE; nicht jedoch der oberflächliche Pop der MTVIVA-Generation, sondern vielmehr simple, einfache Musik mit wunderschönen Harmonien, die allem trotzt, was sich Kommerz nennen könnte, und die einfach nur ehrlich ist und wunderschön.
„Mute Boy Sad Girl“ ist das bislang reifste Werk, aber auch ein außergewöhnlich emotionales
Der finstere und ausweglose Raum von „Bleak“ ist einer luftigen, sehnsuchtsvollen, warmen und melancholischen Atmosphäre gewichen, in der sich der Liebhaber ebensolcher Klänge nur wohl fühlen kann. Markus‘ Bruder im Geiste ist dabei EMPYRIUMs Schwadorf, der den Künstler mit trippigen Beats und einem effektiven Schlagzeugspiel unterstützt. Auch ihm merkt man die Reife an, die das gesamte Projekt erfasst hat. Und Reife meine ich hier ausnahmsweise mal nicht negativ – wie oft hört man sogenannte „reife Musik“, die einfach nur jede Emotion verloren hat. Nein, „Mute Boy Sad Girl“ ist zwar Markus‘ bisher reifstes Werk, aber zugleich auch beinahe sein emotionalstes.
Ob er in „Can’t save anyone“ schmerzliche Erinnerungen verarbeitet oder mit „The Nature Of Music“ der Musik huldigt, immer klingt es so hemmungslos ehrlich, dass sensible Menschen davon nur ergriffen sein können. Ein echter Höhepunkt ist hierbei auch der energische, kraftvolle Gesang in „Kiss my fear away“; soviel Emotion im Gesang habe ich selten gehört und bekomme jedesmal aufs Neue eine Gänsehaut. Und wenn dann noch mit „I am water“ nicht nur einer der schönsten Sätze, die ich je gehört habe („I am water – you only have to dive into me…“), sondern auch ein außergewöhnlich bewegender alternativer Pop-Song erklingt, der das Meiste in den Schatten stellt, was es sonst so gibt in diesem Genre, ist man schon gewagt, in Ehrfurcht zu erstarren.
AUTUMNBLAZE lassen den Hörer mit einem zufriedenen Lächeln zurück
Diese Ehrfurcht wird allerdings teilweise verhindert durch das etwas eintönige THE CURE-Cover Cold und die TYPE O NEGATIVE-Anleihen bei Shells and butterflies, die nicht so recht ins Bild passen wollen. Versöhnt wird der Hörer allerdings spätestens mit dem wunderschönen Ende des Liedes und damit auch des Albums. „Tonight I’ll save you“, singt Markus, und getragen von dieser Gewissheit bleibt man mit einem zufriedenen, nachdenklichen und zutiefst wehmütigen Lächeln auf den Lippen zurück.
VÖ: 18.03.2002
Spielzeit: 42:19 Min.
Line-Up:
Markus B. – all vocals and guitars
Schwadorf – beats, low frequencies, pro tools and peripherals
Produziert von Markus Stock
Label: Prophecy Productions
AUTUMNBLAZE „Mute Boy Sad Girl“ Tracklist
- Mute boy Sad girl
- It never felt like this before
- The nature of music
- Can’t save anyone
- Kiss my fear away
- I am water
- Cold
- A crow on my shoulder
- Shells and butterflies