SCHATTENTANTZ: Faszination Mittelalter

Schattentanz machen eine interessante Mischung aus Mittelaltermusik und Metal und haben ein tolles neues Album am Start. Grund genug für ein Interview..!

Ein eMail-Interview von Andreas Holz mit Dominik Oelke

Gratulation zu dem für mich besten Debütalbum des letzten Jahres! Seid ihr im Nachhinein mit dem Erreichten zufrieden?

Dankeschön! Im Nachhinein findet man immer ein paar Kleinigkeiten, die einen stören, aber ich denke im Großen und Ganzen können wir mit dem Gesamtergebnis wirklich zufrieden sein.

Ihr habt euch 1999 gegründet. Was war der Anlaß dazu, mittelalterlich-folkloristische Musik mit Metal zu verbinden?

Max und ich haben schon früher zusammen gespielt, und zwar in einer Thrashmetal- und in einer Folkband (in der auch Imke mitgespielt hat). Irgendwann wollten wir einfach etwas Abwechslung in die Metal-Band bringen und haben deshalb versucht, mittelalterliche Elemente einfließen zu lassen. Nach einer Weile haben wir beschlossen, eine neue Band zu gründen, um noch mehr in diese Richtung zu gehen.

Woher stammt die Faszination fürs Mittelalter? Was fasziniert daran besonders?

Die Lebensweise war damals komplett anders. Heute kann man sich ja eigentlich gar nicht mehr vorstellen, ohne Strom zu leben… Natürlich waren auch Instrumente und Harmonik noch nicht so ausgereift wie heute. Dadurch entsteht ein Sound, den wir einfach geil finden.

Außerdem macht es Spaß, Musik zu machen, die irgendwie außergewöhnlich ist, und die man nicht an jeder Straßenecke hört. Aber am meisten fasziniert uns natürlich der Met!

Wie habt ihr euch „gefunden“?

Nach unserer Entscheidung eine neue Band zu gründen war es erstmal das Wichtigste, einen guten Schlagzeuger zu finden. Dies ging unerwartet schnell. Von einem Freund erhielten wir den richtigen Tipp und um sieben Ecken gelang es uns dann auch Freds Telefonnummer zu ermitteln und ihn ans Telefon zu kriegen. Die erste Probe war schnell vereinbart. Unser Sänger Aaron sowie unsere damalige Geigerin stammten aus unserem Bekanntenkreis. Imke (Flöten) und Sören (Bass) waren ebenfalls Bekannte von uns, jedoch fanden sie erst ein Jahr später in die Band. Nach der Trennung von unserer Geigerin dauerte es etwa ein halbes Jahr bis wir unseren Cellisten Lasse fanden und somit die endgültige Besetzung erreicht hatten.

Die Musik klingt sehr fein ausgearbeitet, sehr professionell. Die Menge an traditionellen Instrumenten und deren Beherrschung impliziert ein großes Fachwissen – was für eine Ausbildung hatten die einzelnen Bandmitglieder?

Eine Instrumentalausbildung hat bei uns eigentlich jeder. Zudem studieren Fred und Max Musik und bringen damit Musiktheorie und Hintergrundwissen der mittelalterlichen Musik ein. Die wirklich mittelalterlichen Instrumente haben wir uns jedoch erst nach der Bandgründung angeschafft und uns dann mehr oder weniger selber beigebracht.

Welche musikalischen Vorlieben von sieben Bandmitgliedern führen zu einem solchen Ergebnis, wie es auf „Galgenfrist“ dokumentiert ist?

Sören, Fred, Max und ich kommen eigentlich aus dem Metal-Bereich, hatten uns teilweise aber auch schon mit anderer Musik (z.B. Folk) auseinandergesetzt. Imke entstammt eher der Folk-Ecke, wohingegen Aaron schon in diversen Rock-Bands gespielt hat. Somit ist das Musikspektrum eigentlich ziemlich weit gefächert, was der Vielseitigkeit der Musik bestimmt gut tut.

Welche Ziele verfolgt ihr mit eurer Musik (persönlich, finanziell, künstlerisch…)?

Der finanzielle Erfolg steht nicht im Vordergrund. Es macht Spass, seine eigenen Ideen und Vorstellungen in der Musik umzusetzen und wenn es dann noch positive Resonanz gibt, ist das perfekt. Wir haben einen gewissen Anspruch an unsere Musik und das Niveau wird sicher nicht sinken.

Wer schreibt Musik und Texte? Entsteht das im Kollektiv?

Das ist sehr unterschiedlich. Mal bringt jemand ein komplett fertig komponiertes Lied mit in die Probe, mal fangen wir einfach an zu jammen und schauen, was dabei rauskommt. Meistens ist es eine Mischung aus beidem. Die Texte, soweit sie nicht traditionell sind, stammen von Max und Fred.

Was haltet ihr von anderen Bands, die Mittelalter und Moderne versuchen zu verbinden?

Es ist wichtig, dass eine Band einen eigenen Stil hat. Solang das zutrifft, ist doch alles in Ordnung. Interessanterweise wird das Mittelalter sehr unterschiedlich interpretiert, und das ist auch gut so.

Im Info steht, daß ihr auch mit einem rein akustischen Programm auftretet. Wie kann man sich das vorstellen? Spielt ihr da eure eigenen Songs oder nur Traditionelles? Was macht ihr lieber? Seid ihr eher Rock- oder Folkloremusiker?

Unser Akustik-Programm ist entstanden, als wir eine Anfrage für ein Konzert bekommen haben, bei dem nicht soviel Technik zur Verfügung stand und das Metal-Programm wohl auch zu hart gewesen wäre. Wir spielen zwar auch eigene Lieder, im Gegensatz zum harten Set überwiegt allerdings das Traditionelle. Es handelt sich sowohl um sehr laute, derbe, als auch um eher leise, ruhigere Stücke. Beide Programme haben ihren Reiz, unser Hauptaugenmerk liegt aber eindeutig beim Metalset.

In Gestaltung, Auftreten und Musik zeigt sich ja eine starke Affinität zum Mittelalter. Wie begegnet ihr dem Vorwurf, das Mittelalter, eine doch recht finstere Epoche, romantisch zu verklären? Seht ihr überhaupt einen romantischen Aspekt in eurem Tun?

Wie jede Zeitepoche hat auch das Mittelalter seine Licht- und Schattenseiten, die wir beide in unsere Musik mit einfließen lassen. Natürlich kommen nur einzelne Facetten in unseren Liedern zur Sprache. Wir erheben keinen Anspruch auf historische Authentizität oder Vollständigkeit, da wir dies bei einer Mittelalter-Metal-Band nicht unbedingt sinnvoll finden. Sicherlich lassen sich also romantische Aspekte in unserer Musik finden. Das ist auch keineswegs unbeabsichtigt, da für uns vom Mittelalter eine große Faszination ausgeht.

In den Liedern „Schattentantz“ und „Cernunnos“ zeigen sich Elemente heidnischer Naturreligion – das „Kleine Volk“ zum einen und die Verehrung der Natur (die in deren Personifizierung zum Ausdruck kommt) zum anderen. Besteht ein heidnischer Hintergrund in der Band? Was haltet ihr vom Heidentum?

Das Heidentum ist ein interessantes und faszinierendes Thema. Außerdem ist es ja zusammen mit dem Christentum ein zentraler Aspekt des Mittelalters. Daher ist es nur natürlich, dass wir dieses Thema auch in unsere Texte einarbeiten. Innerhalb der Band existiert aber kein geschlossenes Glaubensbild und es gibt keine in irgendeiner Weise religiös geartete Motivation für unsere Lieder.

Der Kontrast zwischen „einfachem Volk“ und dem „Leben am Hofe“ behandelt ihr in zwei Stücken – „Bauernknecht“ und „Ein Blatt im Wind“. In „Cernunnos“ prangert ihr zudem die Zerstörungswut der Menschen aus der Sicht der Natur an. Kann man daraus einen skeptischen und kritischen Blick auch auf heutige Verhältnisse ableiten? Kann man vielleicht sogar von einem politischen Aspekt in den Texten sprechen?

Dass es aktuelle Bezüge zu den Texten gibt ist eher zufällig. Bei der Auswahl für ein Thema sind nur mittelalterliche Aspekte maßgebend. Manchmal lässt sich das eben auch auf die Gegenwart projizieren (woran man sieht, dass sich an der Einstellung der Menschen teilweise nichts geändert hat). Wir sehen uns aber auf keinen Fall als eine politische Band, sondern als eine mittelalterliche.

Werdet ihr bald live spielen? Wie kann man sich einen Live-Auftritt von SCHATTENTANTZ vorstellen?

Nach einem schweren Unfall unseres Cellisten Lasse befinden wir uns momentan gezwungenermaßen in einer Auftrittspause. Das wird sich jedoch hoffentlich gegen Frühjahr hin wieder ändern. Die Gestaltung der Auftritte läßt sich nicht so ohne weiteres in wenige Worte fassen. Auf unserer Homepage www.schattentantz.de befinden sich Links zu einigen Live-Reviews (Rubrik Anklang). Um sich ein eigenes Bild zu machen empfehlen wir natürlich dem nächsten Auftritt persönlich beizuwohnen.

Was war das Peinlichste, was euch auf der Bühne je passiert ist?

Es gab ein Konzert, bei dem eigentlich alles schief gelaufen ist. Innerhalb einer halben Stunde sind uns 3 Saiten gerissen und ein Tom ist vom Ständer abgebrochen. Dann hab ich mich mit meinem Umhang in der Kurbel von der Drehleier so verheddert, dass ich nicht mehr weiterspielen konnte und mich erst mal entwurschteln musste.

Welche waren die letzten drei Alben, die du dir gekauft hast?

Skyclad – Folkemon

Soilwork – A predator’s portrait

Schandmaul – Von Spitzbuben und anderen Halunken

Bestehen schon Kontakte zu Labels? Was kann man in Zukunft von SCHATTENTANTZ erwarten?

Kontakte zu Labels bestehen noch nicht. Wir haben aber nicht vor, die nächste CD wieder selber zu finanzieren… Wir werden jetzt erst mal versuchen, die Galgenfrist bekannter zu machen und mehr Konzerte zu geben. Langfristig arbeiten wir an einem Konzeptwerk und einer Akustik-CD stehen wir auch nicht abgeneigt gegenüber.

Fotos: Alexandra Hilgner

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