AUTOMAT: Nummereins (eine Schallplatte für unterwegs)

Ein Album, das ganz offensichtlich mit Spaß und Liebe zum Detail aufgenommen wurde. Gefühl- und durchaus gehaltvoller Gitarren-Pop, gelegentlich mit ausgezeichneten Bläser-Arrangements angereichert.

Eine Band, die Non-Mainstream-Pop mit deutschen Non-Proll-Texten spielt, landet rasch in der Schublade “Hamburger Schule”. AUTOMAT könnte ähnliches blühen, doch es würde ihnen (und der wahren Hamburger Schule, die sich immer mehr von eben jenem Etikett distanziert) nicht gerecht würden. Klar, AUTOMAT kennen wohl Bands wie DIE STERNE recht gut, haben aber mit den elaborierten Wortmeeren BLUMFELDs oder der trotzig-rotzigen Larmoyanz TOCOTRONICs nicht viel am Hut.

Sänger Hanno v. Daniels mag zwar – durchweg mit Abiturienten-Phrasierung – sarkastische Stellung gegen männlich-stumpfe Gewohnheitstiere beziehen (`Auto, Motor und Sport`) und gelegentlich auch melancholische Weltbetrachtungen anstellen (`Schneeregen`), enthält sich aber all der intellektuellen Verschrobenheit, die erklärte Unfreunde besagten Genres so gerne bemängeln. Nein, bei AUTOMAT gesellt sich zu einem zurückhaltenden, aber gesunden Sendungsbewußtsein auch der pure Spaß am Musizieren, inklusive einer Neigung zu bewußt naiven Betrachtungen, die sich hier und da auch einen kindlich-albernen Anflug erlauben (`Ein dickes Paar im Pool`, ‘Endlich ruft mich mal jemand an’) und einen interessanten Kontrast zu lyrisch reifen Werken wie `Sommerwind` oder `Wenn es weht tut` schaffen. Sprachlich quasi ein Kaleidoskop deutscher Gefühlslandschaften, das zwar allzu tiefe Betrachtungen meidet, aber diesen begrenzten Anspruch auch nicht verhehlt, und – auch musikalisch – mit entsprechend unverkrampfter Leichtfüßigkeit erfreut, ohne gleich der erbarmungslosen Oberflächlichkeit anheim zu fallen. Und das gilt sowohl für die “lustigen” als auch für die “traurigen” Lieder, in die die Band ihr Album in einem Anflug unprätentiöser Selbstreflektion und mittels “Songlandkarte” unterteilt und nuanciert hat. Aussagestark ohne belehrendes Klugscheißertum, radiokompatibel ohne Anbiederung an den Massengeschmack, melancholisch ohne erdrückenden Schwermut, gut gelaunt ohne stumpfes “Wein, Weib und Gesang”-Hossasa: All das geht. AUTOMAT machen`s möglich.

Trotz dieser durchweg wohlwollenden Worte möchte ich aber zu bedenken geben, daß es gerade die Extreme sind, die einer Band Kontur geben, und sei diese auch nur polarisierender Natur. Der moderate Weg, den AUTOMAT einschlagen, könnte sich als holpriger Pfad erweisen, wenn es darum geht, die Aufmerksamkeit breiter Massen auf sich zu ziehen, zumal in Zeiten groß angelegter Brachial-Image-Schlachten das öffentliche Ohr für leisere Zwischentöne fast schon taub geworden scheint. “Nummereins” ist keines jener Alben, die auf Anhieb Eindruck schinden, und es ist keines jener Alben, die mit glamourösen Hits/Anti-Hits Akzente in der Musiklandschaft setzen werden. Aber es ist ein Album, das ganz offensichtlich mit Spaß und Liebe zum Detail aufgenommen wurde. Gefühl- und durchaus gehaltvoller Gitarren-Pop eben, gelegentlich mit ausgezeichneten Bläser-Arrangements angereichert. In der Tat: Eine überaus angenehme Begleitung für die spätsommerliche Reise über weite Landstraßen, bei der man – ganz ohne Termin- und anderen Alltagsdruck – so gerne über Leben und Liebe sinniert, während einem der wohlig-warme Fahrtwind, der durch`s offene Verdeck weht, zärtlich-verspielt das Haar zerzaust. Und bei der man immer entspannt und mit einem sanften, aber tiefen Lächeln am Ziel ankommt. Dazu noch ein Zitat aus DEM Song, in den ich mich dann doch auf Anhieb verliebt habe: “Mit Worten und mit Bildern nicht und Zeichen kann ich sagen, was ich fühl`/Ich bin viel zu sehr bei Dir/Es geht ein Sommerwind in mir…”

Spielzeit: 45:46 Min.

Line-Up:
Hanno v. Daniels – Gesang

Christian Decker – Bass & Bläser

Jens Nickel – Gitarren

Johnny Knoblauch – Keyboards

Jost Nickel – Drums

Produziert von Christian Decker & Jens Nickel
Label: Nothing To Loose Records

Hompage: http://www.derautomat.de

Email-Adresse der Band: automat@derautomat.de

Tracklist:
Schöner Tag

Ein dickes Paar im Pool

Cecilia

Wenn es weh tut

Sommerwind

Erste Hilfe

Auto, Motor und Sport

Endlich ruft mich mal jemand an

Frau im Mond

Schneeregen

Mach Dich schön für die moderne Welt

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