MISERY INDEX: Traitors

Geballer mit Herz und Hirn – elf gute Gründe für ein musikalisches Schleudertrauma.

MISERY INDEX haben einiges zu sagen. Eine der wenigen Bands der Grindcore- bzw. Death Metal-Szene, die in ihren Texten nicht nur schimpfen, stänkern, Gift und Galle spucken, sondern mit Authenzität und Wissen glänzen. Heutzutage schon fast ein Unikum, musikalisch sowieso. Es ergänzt sich perfekt, wie die intelligente Message mit Death-Grind verbunden wird. Hier ist nichts abgestumpft, keine Knüppelorgien ohne Sinn und Verstand führen zur nächsten Perversion. Nein, das Rezept, das sich MISERY INDEX auf die Fahne geschrieben haben, besteht weiterhin, und wie bei deinem Lieblingsgericht wird es mit jedem Kochen neu verfeinert, stets kommt eine neue Nuance hinzu. Diese Worte bei dieser Musik scheinen ein wenig hoch gegriffen, aber beim Hören von Traitors, dem dritten Album des US-Quartetts, wirst du feststellen, es stimmt einfach.

Nicht nur gnadenloser Grindcore der TERRORIZER-Schule kommt zum Einsatz, nicht nur grooviger US-Death Metal mit Niveau ist zu hören, auch Einflüsse aus Thrash Metal, Crust, Punk und Hardcore werden in dem Teig vermengt, manches zum Würzen, manches zum Experimentieren, aber immer so wohldosiert, dass nichts störend wirkt oder den Gesamteindruck verwässert. Im Endeffekt sind MISERY INDEX natürlich ihrem Stil treu geblieben und werden sofort wieder erkannt, aber eben nur, weil sie aus dem Bauch heraus Gas geben. Sie folgen der Intuition, der eigenen Vorgabe, wie ein guter Song zu klingen hat, egal in welcher Ausrichtung. Aber in ihrer Version. Und das gibt es elf Mal. Denn inklusive dem treibenden Intro wird nur erstklassiges Material dargeboten, mit Niveau, Köpfchen, aber vor allem mit der richtigen Wut.

Entsprechend jagt ein umwerfendes Riff das nächste, das Drumming ist versiert, wie energetisch und sauber, und Jason Nethertons einmaliger Gesang würde selbst den fiesesten Angreifer in einer dunklen Gasse verjagen, da musst du gar nicht erst dein Pfefferspray zücken. Die Darbietung ist authentisch, man hört, dass MISERY INDEX beim Einspielen ihre echten Emotionen in die Musik gepackt haben, somit wirkt das Album auch für den Hörer enorm befreiend. Gerade die schnellen Songs sind verdammt intensiv – angefangen bei Theocracy über den unglaublichen Titeltrack bis hin zu den crustigen und punkigen Tracks Ruling Class Cancelled, The Arbiter und American Idolatry gibt es genügend Gründe, um ein musikalisches Schleudertrauma auszulösen, allerdings wird in sämtlichen Songs stets so viel Groove und Abwechslung eingebaut, dass Abstumpfungen praktisch unmöglich sind.

Auch schön, dass MISERY INDEX einige Leadgitarren und melodische Elemente einfließen lassen, das ist gut für den Wiedererkennungswert und zeigt außerdem, dass sich die Band trotz ihrer Ausrichtung nicht limitieren lässt. Das wird auch deutlich bei dem Abschlussduo Thrown Into the Sun und Black Sites, das boshafter ist als alles, was diese Band bisher geschrieben hat: Zunächst schleppend und nihilistisch, dann thrashig und gnadenlos brutal. Zu diesem Thema passt auch die krasse Produktion von Kurt Ballou, der die Gitarren hervorragend beleuchtet und recht natürlich klingen lässt, während das Drumming alles zerschmettert.

Das Fazit könnte deutlicher nicht ausfallen. Auch ohne den lächerlichen Anspruch eine Szene umkrempeln zu wollen, gelingt es MISERY INDEX auf Traitors originell, wütend und frisch zugleich zu klingen. Mit einem perfekt abgestimmten Werk, das intelligent wie brutal ist, das keine Wurzeln verleugnet, aber stets nach vorne und über den Tellerrand blickt, wird die Erfolgsgeschichte weitergehen. Zusammen mit Cycles von ROTTEN SOUND ist dies die einzig wahre Koalition der brutalen Musik mit Herz und Hirn im Jahr 2008. Höchst empfehlenswert.

Veröffentlichungstermin: 2. Oktober 2008

Spielzeit: 37:22 Min.

Line-Up:
Jason Netherton – Vocals, Bass
Sparky Voyles – Guitar
Mark Kloeppel – Guitar
Adam Jarvis – Drums

Produziert von Kurt Ballou
Label: Relapse Records

Homepage: http://www.miseryindex.com

MySpace: http://www.myspace.com/miseryindex

Tracklist:
1. We Never Come in Peace
2. Theocracy
3. Partisans of Grief
4. Traitors
5. Ghosts of Catalonia
6. Occupation
7. Ruling Class Cancelled
8. The Arbiter
9. American Idolatry
10. Thrown Into the Sun
11. Black Sites

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