TUNNELVISION: Meine Gitarre und ich

Juhani Malmberg, Gitarrist der Prog Metal-Nachwuchshoffnung, über die Geschichte der Band, seinen Werdegang als Gitarristen, sein Dasein als Gitarristen, über andere Gitarristen, das Gitarrenspiel an sich und… äääh… naja, noch mehr Gitarrenzeugs halt…

Der Eindruck, im Klima Finnlands würden – rein musikalisch – nur suizid-verliebte Metal/Rock-Romantiker und hypermelodische Euro Metal-Fetischisten gedeihen, täuscht. Beweis: das Album While The World Awaits der finnischen Prog Metal-Hoffnung TUNNELVISION. Auf ihrem offiziellen Debüt probt die Band gekonnt den Brückenschlag zwischen klassischem Art Rock und Prog Metal DREAM THEATERscher Prägung. Kein Wunder, daß sich hinter dem unbekannten Namen mehr verbirgt als ein Haufen Newcomer, der erst vor ein paar Monaten auf die Idee kam, es doch mal als Musiker zu versuchen. Die Geschichte der Band, so Gitarrist Juhani Malmberg, reicht bis ins Jahr 1995 zurück, die Vorgeschichte gar noch weiter:

Die Band wurde von Drummer Mirka Rantanen, dem Gitarristen Jami Katajisto und dem Bassisten Jyrki Sirainen gegründet. Die drei haben vorher gemeinsam bei LOUD CROWD gespielt und auch ein Album veröffentlicht. Ich selbst bin etwas jünger als Mirka und habe die Band nie gehört. Sie sollen so eine Mischung aus Prog, HELLOWEEN und DIO gemacht haben, das war circa 1987. Als es schien, daß die Band auseinanderbrechen würde, zog Mirka nach Helsinki und traf dort andere Musiker, darunter auch Timo Kotipelto, der damals noch nicht bei STRATOVARIUS war. Mirka hat dann bald eine neue Band gegründet: Er hatte `Images And Word` von DREAM THEATER gehört und das Album hat ihn sehr beeindruckt. Aber er liebte auch immer noch klassischen Heavy Metal und Hard Rock wie RAINBOW oder BLACK SABBATH und wollte eine Mischung aus diesen beiden Stilen kreieren. Ich denke, das war wohl die Geburtsstunde TUNNELVISIONs. Die Band wollte dann aber eine noch progressivere Richtung einschlagen und war der Meinung, daß es sinnvoll wäre, einen Keyboarder aufzunehmen. Sie machten sich also auf die Suche und fanden schließlich Kari Tornack. Wegen eines Sängers, der mit dieser Art Musik zurecht käme, wandten sie sich an Timo Kotipelto, der ihnen Marko Waaro empfahl. Mit ihm war das erste Line Up komplett und von dieser Band hörte ich dann Demo-Songs, unter anderem `Masquerade` und `Tears Of Goodbye` (die beide auch auf While The World Awaits zu finden sind – der Verf.). Und ich dachte: Wow! Die spielen genau die Musik, die ich machen möchte! Ich hatte dergleichen bislang noch nicht in Finnland gehört. Es gab alle möglichen Heavy Metal-Bands, aber keine, die diesen progressiven Stil spielte. Ich begann zu träumen und zu hoffen: Oh Gott, bitte gib` mir die Chance, mit diesen Jungs zu spielen!

Über Jami Katajisto, den ersten Gitarristen TUNNELVISIONs, gelang es Juhani schließlich, mit Mirka Rantanen Kontakt aufzunehmen:

JuhaniJami und ich haben uns oft am Telephon über Gitarren und aufnahmetechnische Fragen unterhalten und er hat mir eines Tages erzählt, daß TUNNELVISION einen neuen Gitarristen suchen. Ich habe Jami sofort gesagt, er solle mich doch bei den Vorspiel-Sessions unterbringen. Sicher, sagte er. Und ich habe gewartet und gewartet, aber es kam kein Anruf von Mirka. Jami sagte mir immer wieder, ich solle noch etwas Geduld haben. Ich habe ihn aber um Mirkas Telephon-Nummer gebeten und diesen dann ungefähr dreimal täglich angerufen. Nach einer Woche war er ziemlich angenervt, haha! Aber wenn man einen Job unbedingt haben möchte, muß man beweisen, daß man der beste Mann für den Posten ist. Und ich habe ihn eben ständig angerufen und ihm gesagt: Ich bin der Beste für den Job, ich möchte in Eurer Band sein! und so weiter. Eine Woche bevor ich zu den Proben kommen sollte, habe ich Mirka dann das erste Mal in meiner Heimatstadt getroffen. Wir haben uns ungefähr drei Stunden unterhalten. Er war sehr nett, hat mir aber zu verstehen gegeben, daß ER das Business kenne. Er hatte ja schon richtige Gigs gespielt, machte das alles schon sehr lange und ist spielerisch und auch sonst sehr professionell. Nach zwei Stunden waren wir uns aber sehr sympathisch. Wenn man jemanden trifft, hat man manchmal das Gefühl, ihn schon seit Ewigkeiten zu kennen. So war das in etwas. Aber er sagte mir, die Band habe bereits eine Gitarristen, der allerdings noch in der Probezeit sei. Er würde mich aber anrufen, wenn sich die Situation ändern würde. Schon die Woche darauf rief er mich dann tatsächlich an und fragte, ob ich zu den Bandproben kommen könne. Er sagte nur, daß sie einen neuen Gitarristen bräuchten und wann ich da sein könne. Ich bat ihn um eine Woche, um die Songs zu üben. Ich kam dann zu den Proben und es hat richtig Spaß gemacht. Wenn man sich Tapes anhört, kann man hören, ob es sich um gute Spieler handelt oder nicht, und das wichtigste sind natürlich die Songs. Aber wenn man mit solch guten Musikern wie diesen live zusammenspielt, dann fühlt man etwas Besonderes. Man hat nicht das Gefühl, den anderen viel erklären oder zeigen zu müssen. Natürlich gab es ein paar kleine Probleme, aber über die sind wir schnell hinweg gekommen. Ich hatte noch nie zuvor in einem Heavy Metal-Kontext und mit einem Keyboarder gespielt. Und da ich der einzige Gitarrist der Band war, gab mir das eine Menge Entfaltungsraum.

Kurz nach Deinem Einstieg bei TUNNELVISION folgten auch schon die Aufnahmen für Euer Debüt. Da Ihr mit Angular-Records kein allzu finanzkräftiges Label im Hintergrund habt, überrascht es mich ein wenig, daß dessen Sound so druckvoll und transparent ausgefallen ist…

Ja, nun, ich denke, wenn man die Vorarbeiten gründlich genug erledigt hat, kann man eigentlich mit einem Tape überall hingehen. Natürlich hatten wir das Glück Freunde zu haben, die das nötige Studio-Equipment besitzen. Wir haben sie natürlich irgendwie bezahlt, zum Beispiel mit Kaffee, Bier und so etwas. Die Hauptkosten aber stellten die Gebühren des Finvox-Studios, wo wir den Mix gemacht haben. Der Mix dauerte eine Woche. Ich möchte keine Zahlen nennen, aber die Tagessätze sind dort schon sehr hoch. Aber es hat sich gelohnt! Ich denke, es ist auch wichtig, daß der Sound stimmt. Wenn mir jemand sagt, es gibt da eine gute CD und die sollte ich kaufen, dann kaufe ich sie mir, erwarte aber auch etwas. Und zwar auch, daß sie gut abgemischt und gut eingespielt ist. Das erwarte ich einfach, speziell heutzutage, wo du so viele technische Möglichkeiten hast und es so viele gute Spieler gibt. Warum, also Mist rausbringen? Wenn man eine CD veröffentlicht, darf sie nicht wie ein Demo-Tape klingen.

Bislang habt Ihr nur gute bis sehr gute Rezensionen eingefahren. Aber mit Eurem Stil werdet ihr es sicherlich nicht leicht habe, einen größeren Bekanntheitsgrad zu erringen. Was erwartet ihr euch von der Zukunft der Band?

MarkoWie Du sagst: Es ist sehr schwer, mit diesem Stil erfolgreich zu sein. Aber ich denke, es ist auch generell nicht leicht im Musik-Business. Der Hauptgrund, warum ich diese Musik spiele, ist der, daß ich sie liebe, ebenso wie die anderen. Und ich glaube daran, daß man das machen sollte, was man liebt. Ich denke, ich bin recht bodenständig und realistisch. Ich erwarte nicht, daß ich der nächste Malmsteen werde oder so, und es liegt nicht an mir, das zu entscheiden. Im Grunde wäre es mir auch gar nicht recht, ein Guitar Hero zu sein,. Ich bin einfach nur der Gitarrist einer Prog Metal-Band. Die Hauptsache ist die Musik. Natürlich müssen wir uns um unsere Zukunft Gedanken machen, aber das erste Album hat uns schon sehr geholfen. Natürlich haben wir nicht den Status anderer finnischer Bands wie STRATOVARIUS oder CHILDREN OF BODOM, aber es ist ein guter Beginn. Und dann muß man sich ja vor Augen halten, daß die meisten Bands, die heutzutage einigermaßen groß sind, erst mal drei bis fünf Alben veröffentlichen mußten, bevor der Durchbruch kam. Man darf sich da nicht zu sehr unter Druck setzen. Natürlich möchten wir gerne mit Bands, die die gleiche Art von Musik spielen, auf Tour gehen, zum Beispiel mit VANDEN PLAS oder SYMPHONY X. Ich möchte sehr gerne live spielen, die Menschen sehen, auch die weniger angenehmen Seiten des Tourlebens kennenlernen. Und in Kontakt mit Menschen kommen, die unsere Musik mögen. Und ich möchte natürlich ein weiteres Album aufnehmen, und noch eins und noch eins! (lacht). Nun, ich denke, wir haben auf While The World Awaits schon so viel positive Rückmeldung bekommen, daß wir alleine deshalb das nächste Album aufnehmen würden.

Seid Ihr schon dabei, an neuen Songs zu arbeiten?

Ja. Das neue Material komponieren wir alle gemeinsam. Die Songs des aktuellen Albums waren ja schon fertig, und ich habe nur noch ein paar Arrangements und natürlich meine Soli beitragen können. Gestern waren wir in Helsinki beim Proben und haben ein paar der neuen Stücke arrangiert. Ich denke, das neue Material wird etwas… BÖSER! (lacht) Zumindest teilweise. Ich spreche jetzt nicht von Death Metal oder so, es wird im Grunde schon ähnlich klingen wie bisher. Aber auf dem aktuellen Album spiele ich nur auf einem Stück siebensaitige Gitarre, was auch schon neu für TUNELVISION war. Jami hatte eine Gibson Les Paul und hat sie etwas heruntergestimmt. Aber ich verheddere mich bei solchen Sachen immer und hasse es, wenn meine Gitarre nicht normal gestimmt ist. Nun, aber bei den neuen Songs verwende ich durchweg siebensaitige Gitarren und dadurch wird der Sound etwas schwerer. Und es gibt mehr Double Bass-Parts und etwas mehr techniklastige Passagen. Aber es gibt auch immer noch ein paar geradlinigere Songs…

Ich bin gespannt, zumal ich auf der TUNNELVISION-Homepage entdeckt habe, daß die Bandbreite Deiner musikalischen Einflüsse enorm groß ist. Ich könnte mir gut vorstellen, daß Du eine Menge neue Elemente in den Bandsound einbringst. Du hörst scheinbar alles, von klassischen Pop- und Rock-Sachen wie den BEATLES und den STONES, über Guitar Heros wie Steve Vai und Tony MacAlpine bis hin zu Bands wie PANTERA…

Stimmt. Als die anderen in der Band meine Liste sahen, meinten sie nur: Du nimmst uns auf den Arm! (lacht) Daher schrieben sie auch darunter: Wenn ihr noch mehr wissen wollt, mailt ihn an! (lacht). Ja, nun, ich habe mit den BEATLES angefangen. Mein Vater hatte viele BEATLES-Alben. Der erste Song, den ich auf der Gitarre spielen konnte, war `She Loves You`. Den gibt`s doch auch auf DeuTsch, oder?

Ja, ich glaube, er heißt `Sie liebt Dich`…

Genau. Und der zweite war `I Want To Hold Your Hand`. Den gab`s doch auch auf Deutsch?

Ich glaube, das war `Komm gib` mir deine Hand`…

Lauri (lacht) Ja, genau! Nun, ich habe schon in der Grundschule mit Gitarre angefangen. Da gab es einen, der hatte eine Nylon String-Gitarre und hat den Mädchen Songs wie `Stand By Me` und so etwas vorgesungen. Ich dachte. Hey, das ist cool! Die Mädchen lieben ihn! (lacht). Eines Tages kam ich nach Hause und sagte zu meiner Mutter: Hey, Mom, ich möchte eine Gitarre!. Aber ich sagte auch: Ich möchte eine E-Gitarre, keine akustische. Und ich bekam eine Fender Stratocaster-Kopie. Damit hat alles angefangen. Erst wollte ich nur ein paar Akkorde lernen. Ich hatte mir anfangs nie vorstellen können, jemals in einer Band zu spielen und bin zu eine Musikschule gegangen. Da gab es einen Lehrer aus meiner Gegend, der ein sehr guter Blues-Gitarrist war. Er hat mir ein paar Akkordwechsel beigebracht und mich mit der Pentatonik (hat was mit Harmonie-Lehre zu tun – der gitarrenlaige Verf.) vertraut gemacht. Das ging mehr in die Jimi Hendrix und Stevie Ray Vaughn–Richtung. Aber es war nur eine halbe Stunde pro Woche und recht teuer. Und das Problem war, daß es damals noch kein Internet gab und man die ganzen verdammten Akkorde nicht per Mausklick auf die Festplatte holen konnte. Ich war frustriert und begann, mir Song- und Akkord-Bücher, Lehr-Videos und all das zu bestellen. Ich habe Tonnen davon! So kam also alles. Wenn wir mit TUNNELVISION an den Songs arbeiten, haben wir allerdings teilweise Probleme mit den musiktheoretischen Begriffen. Da ich die englischen Ausdrücke gewohnt bin, die anderen aber die finnischen, kommt es manchmal vor, daß wir über das Gleiche sprechen, uns aber nicht verstehen. (lacht). Naja, auf jeden Fall gibt soviel unterschiedliche Stile. Wenn jemand ein guter Metal-Gitarrist ist, bedeutet das nicht, daß er auch wie Stevie Ray Vaughn spielen kann. Ich spiele zum Beispiel nicht gerne akustische Gitarre. Ich bin nicht gut im Fingerpicking, und dafür schäme ich mich nicht. Vielleicht habe ich irgendwann mal die Zeit, es zu lernen. Ich kenne die Techniken, habe sie aber nie geübt. Es ist ganz interessant: Ich sah Steve Morse einmal mit DEEP PURPLE und er hat diese Technik namens Chicken Picking. Das klingt sehr interessant, und das möchte ich unbedingt mal lernen. Es ist kein Heavy Metal, aber es ist sehr beeindruckend.

Hast Du schon mal mit dem Gedanken gespielt, ein Solo-Album aufzunehmen?

Nun, ich habe schon Material. Es gibt ein paar Songs, die fertig sind, andere noch nicht. Ich habe oft und lange darüber nachgedacht, und ich möchte tatsächlich eines Tages ein Solo-Album aufnehmen. Aber noch ist es nicht so weit. Denn wir wachsen als Band immer noch und wir müssen das Eisen schmieden, solange es heiß ist. Es soll nicht so sein, daß man erst in fünf Jahren wieder etwas von uns hört und sich die Leute wundern, wo wir solange gesteckt habe. Wir haben bereits die Hälfte der Songs für das nächste Album fertig. Wenn man diese Musikrichtung spielt, kann man nicht einfach irgendetwas einbauen und benötigt Zeit für das Songwriting, Der Rahmen der Songs muß stimmen. Einige unserer Refrains sind sehe poplastig und nicht so mittelalterlich wie bei andere Bands. Ich finde die eingängigen Refrains nicht schlecht, aber manchmal gehen wir auch mehr in die richtige Metal-Ecke. Zum Beispiel bei `Tears Of Goodbye`: Der Song beginnt mit (ahmt einen Gitarrenteil nach) babababababa. Dann folgt eher ein Pop-Thema: (trällert) dümdümdümdümdümdüm. Dann kommt plötzlich ein ganz simples Heavy Metal-Riff (ahmt eine Gitarrenbreitseite nach): damdamdamdamdamdam… Das sind so die Details, auf die wir beim Komponieren hinarbeiten. Ich denke, auf While The World Awaits ist für jeden etwas dabei, und das wird auch auf der kommenden CD so sein. Ich kann mir vorstellen, daß sich sowohl STRATOVRIUS-Fans für unsere Musik interessieren, als auch Prog-Hörer. Es ist nicht so, daß das Album nur in eine einzige Richtung geht…

Das könnte allerdings auch ein Problem werden: Vielleicht erreicht ihr mehrere Hörerschaften, vielleicht aber auch keine, weil Ihr Euch stilistisch zwischen alle Stühle setzt…

KariJa, das stimmt. Aber da so ist eben das Leben. Forrest Gump sagte: Wie eine Pralinenschachtel: Du weißt nie, was du kriegst. (lacht). Wie wissen um diesen Umstand, aber wir versuchen ja nicht, die Welt auf einmal zu erobern, sondern gehen Schritt für Schritt vor und warten ab, was passiert. Wir hoffen allerdings, daß das nächste Album besser promotet wird. Ich verstehe natürlich, daß wir nur eine kleines Label hinter uns haben und es nicht so leicht ist, eine europaweite Promotion- und Werbekampagne auf die Beine zu stellen. Aber wir sind Angular, unserer bisherigen Plattenfirma, sehr dankbar für die Chance, die sie uns gegeben haben. Wir sind nicht groß, aber die Situation ist doch eine andere als noch vor einem Jahr. Wenn man in etwas eine Menge Zeit und Arbeit investiert hat und dann langsam positive Rückmeldungen bekommt, dann vermittelt einem das ein sehr gutes Gefühl. Es verändert einen, und das meine ich nicht in negativer Hinsicht. Es gibt einem die Kraft, seine Arbeit weiterzuverfolgen. Ich nehme das nicht als selbstverständlich hin. Ich habe schon vor TUNNELVISION viel Gitarre gespielt und Songs arrangiert. Als ich `Passion And Warfare` (Steve Vai-Album – der Verf.) hörte, war das der entscheidende Moment, mich der E-Gitarre zuzuwenden. Die E-Gitarre ist ein glamouröses Instrument. Sie hat gute und schlechte Seiten, und es ist sehr wichtig, wie man damit umgeht, insbesondere in Live-Situationen. Ich möchte gerne eine Menge Konzerte spielen und mit anderen Bands arbeiten. Ich möchte gerne in ganz Europa Freunde finden, vielleicht Projekte starten und so weiter.. Mir geht es einzig und allein um Musik und ich möchte soviel wie möglich davon machen. Es geht auch immer darum, an sich selbst zu arbeiten und ein besserer Musiker zu werden. Ich liebe das Gitarrenspiel, die Gitarre ist nicht nur ein Werkzeug für mich. Ich spiele zwar keine 13 Stunden mehr Tag, aber zwei bestimmt. Ich habe selbst beim Kaffee-Machen immer eine Gitarre dabei, die mir um den Hals hängt. Ich übe ständig, arbeite an bestimmten Techniken und so weiter. Man kann ja auch nicht immer den gleichen Live-Gig spielen, man muß die eigenen Songs in neuen Gewändern präsentieren oder neue Cover-Songs spielen. Wir haben ein paar sehr verrückte Cover-Versionen im Programm.

Zum Beispiel?

Zum Beispiel `Too Late For Tears` von RAINBOW oder auch `No More Tears` von Ozzy Osbourne.

Für eine Prog Metal-Band in der Tat eine ungewöhnliche Wahl…

Ja, aber es ist ein Live-Killer, die Leute lieben unser Version (lacht). Im Moment habe ich gerade eine CD in meinem Player, ein altes UK-Album von 1979, glaube ich. `In The Dead Of The Night`. Ein guter Song…

Stimmt! Ich mag ohnehin alles mit und von John Wetton (war Bassist und Sänger von UK). Auch die seine Sachen mit ASIA und natürlich KING CRIMSON…

Und natürlich ist da bei UK auch Allan Holdsworth (Gitarrist der Band, war auch bei GONG und SOFT MACHINE – der Verf.), der Meister des Legato-Stils. Verdammt, ich hasse ihn, haha! Er hat so große Hände! Ich habe ein Buch von ihm namens `Reaching for Uncommon Chords`. Da ist ein Doppelseite mit einem Bild von seiner Händen auf dem Gitarrenhals. Sein einer Finger ist auf dem zweiten Bund, der andere auf dem zwölftem. Ich dachte nur FUCK YOU, Mann!, haha! Auch Paul Gilbert hat sehr lange Finger. Ich leider nicht, ich muß meine Gitarre etwas höher tragen als normal, damit ich keine Probleme mit meinen Handgelenken bekomme.

A propos Paul Gilbert: der hat gerade auch ein Solo-Album aufgenommen und sich an einer ungewöhnlichen Coverversion versucht: An `Two Become One` von den SPICE GIRLS…

MirkaWirklich? (lacht) Ich mochte Paul Gilberts Spiel schon immer, sowohl bei RACER X als auch bei MR. BIG. Er war auch immer einer der Größten für mich. Er ist ja eher ein Heavy Rock- und weniger ein Metal-Gitarrist. Aber ich habe alles von ihm, er hat einen angenehmen Humor und ist in positiver Hinsicht verrückt! Ich habe ungefähr 15 Jahrgänge Guitar Player (englischsprachiges Gitarren-Magazin – der Verf.) hier zu Haue. Ich sammel` alles an Informationen über Gitarren und Gitarristen, ich bin richtiggehend Gtarre-süchtig! Ich habe also eine Menge Interviews mit Paul gelesen, er scheint sehr nett zu sein und er hat immer etwas am Laufen. Über seine Person habe ich noch nie etwas Negatives gelesen, anders als zum Beispiel bei Yngwie Malmsteen. Aber das kümmert mich eigentlich ohnehin nicht. Es gibt Leute, die sich aufregen, weil Malmsteen mal wieder dies oder jenes irgendwo in Florida getan oder gesagt hat. Mir geht es um die Musik, nicht um deren persönliche Angelegenheiten. Und ich kenne beide nicht von Angesicht zu Angesicht…

Man muß ja auch bedenken, daß der Status eines Guitar Heroes nicht immer leicht ist. Man sieht sich vielen Erwartungen ausgesetzt und muß ständig sein Genie beweisen. Ich kann mir vorstellen, daß diese Situation irgendwann so belastend wird, daß man sich als Schutz tatsächlich die Aura einer wenig umgänglichen Persönlichkeit zulegt, obwohl man im Grunde keineswegs arrogant oder schwierig ist. Ritchie Blackmore beispielsweise gilt ja auch als kompliziert, aber wenn man sich mit Menschen unterhält, die ihn wirklich persönlich kennen, gewinnt man ganz andere Eindrücke…

Genau. Yngwie ist ja irgendwie in seinem Stil wie ein Eddie Van Halen. Er hat die ganze Neo Classical-Geschichte erst initiiert und war immer das Flaggschiff dieser Sache. Ich hasse auch diese ganzen Rock-Polizisten, die zu einem Gig kommen und Bemerkungen wie Oh, ich kann schneller spielen und so fallen lassen. Ich habe dann immer geantwortet: Das ist toll, ich freu mich für Dich!. Ich mag das nicht, denn es sollte keine Rolle spielen, ob ich schneller bin oder nicht oder ein besser Blues-Spieler oder was auch immer. Es kommt auf die Musik und die Songs an. Im Metal muß man schnell spielen und es macht mir Spaß. Aber diese langgezogenen Noten, wie zum Beispiel im Solo von `Empress`, spiele ich auch gerne. Es ist nicht genug, wenn der Motor läuft, es muß auch jemand hinter dem Steuer sitzen und lenken. Natürlich kenne ich eine Menge Gitarristen, die technisch besser sind als ich, sehr begabte Spieler. Aber wenn sie niemals in einer Band waren, dann fehlt ihnen etwas. Sie können keine einfachen Songs spielen. Wenn ich `She Loves You` auf der Akustik-Gitarre anstimme, können die noch nicht mal eine einfache Melodie dazu spielen, sie müßten gleich ein Solo-Feuerwerk mit tausend Noten pro Minute draus machen. Aber wenn das ihr Ding ist, sollen sie das tun. In einer Band muß man aber auch den anderen zuhören und sich dann miteinbringen können. Wenn wir Arrangements schreiben, dann hat fast jeder irgendeine Idee: ein Riff, eine Melodie oder was auch immer. Damit beginnen wir dann: Wir nehmen eine Idee nach der anderen und gehen sie gemeinsam durch. Manchmal hat natürlich auch jemand einen kompletten Song parat, den nehmen wir uns dann vor und arrangieren ihn als TUNNELVISION-Song. Wir machen viele Kompromisse, denn wie möchten letztlich zu Songs kommen, die jeder in der Band mag. Keiner von uns mißgönnt dem anderen etwas. Ich habe in dieser Hinsicht immer METALCA respektiert: James Hetfield ist der Leadsänger und der Meister der grandiosen Rhythmus-Gitarre. Er ist verantwortlich für die meisten Metal-Gittarensongs. Aber dennoch sind alle in der Band gleichgestellt, er ist nicht SEINE Band. Das finde ich gut.

So weit das Interview mit Juhani Malmberg, dem gesprächigen Gitarristen der Band. Abschließend ließ er mich noch wissen, daß TUNNELVISION auf der Suche nach einem neuen Label sind, das es sich zutraut, eine Band wie TUNNELVISION angemessen zu fördern. Also, werte Business-Freunde, Ihr seid gefragt…

P.S.: Zur weiteren Vertiefung dieses Artikels empfohlen: Zusammenleben mit einem Gitarristen von Vampiria 😉

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