RED SPAROWES: Every Red Heart Shines Toward the Red Sun

Verzweifelt, bitter, traurig und doch mit einer ungebrochenen Hoffnung im Zentrum des Herzens. Eines der Stücke Musik, die man niemals wieder vergisst.

Wohin sind die Spatzen nun gegangen? Auf diese Frage hatte ich nach dem Hören des ersten Albums des großartigen Kollektivs noch eine eindeutige Antwort: An einen besseren Ort. Teil zwei des Hörerlebnisses belehrt uns nun eines Besseren. Sie wurden getötet. Einer nach dem Anderen. Vor uns liegt nun ein Scherbenhaufen, ohne die Spatzen, die zierlichen Vögel, die verantwortlich dafür waren, dass die Erde im Gleichgewicht blieb. Warum gingen wir mit ihnen unter und warum mussten sie von uns gehen?

Eine tragische, bittere Geschichte erzählt dieses Album. Für normale Menschen schier unvorstellbar. Und doch, sie ist Wirklichkeit. In der Zeit des großen Sprunges nach vorne, Ende der 50er-Jahre, als China von einem großen wirtschaftlichen Aufschwung träumte, ließ die Regierung als Machtdemonstration alle Spatzen erschießen, dies hatte eine Heuschreckenplage zur Folge, worauf eine gigantische Hungersnot basierte, aufgrund der 30 bis 50 Millionen Menschen in weniger als zwei Jahren verhungerten. Und genau so klingt die Musik auf Every Red Heart Shines Toward the Red Sun. Verzweifelt, bitter, traurig und doch mit einer ungebrochenen Hoffnung im Zentrum des Herzens.

Unglaublich intensiv setzt die Band dieses furchtbare Thema auf ihrem zweiten Album um und noch dazu sehr anders als auf At the Soundless Dawn. Einige Charakteristika mussten weichen, neue kamen hinzu, das Grundprinzip ist stets dasselbe. Denn RED SPAROWES stehen nach wie vor für Musik, die einem bereits beim ersten Hören die Tränen in die Augen schießen lässt, so aufrichtig ist sie. Ungebeugt, leise protestierend, wie die Verlierer eines Krieges, die ihre Niederlage anerkannt haben und dennoch auf ihrer ungebrochenen Meinung beharren. Die Band um NEUROSIS-Visualist Josh Graham bäumt sich dennoch in ihrer ganzen Mächtigkeit auf. Nicht oft, dafür umso eindrucksvoller. Denn im Gegensatz zum Debütalbum kommt Wut zum Vorschein, der eine himmelschreiende Ungerechtigkeit zugrunde liegt.

Bereits der Opener zeigt, dass RED SPAROWES laut werden können. Zwar gibt es keine Ausbrüche in Richtung Noisecore oder anderem Lärm, doch die eingesetzte Dynamik ist schier atemberaubend. Mal meint man eine Stecknadel fallen hören zu können, dann wieder ist die Instrumentierung so dicht, das Gespielte so anspruchsvoll, dass man kaum mehr die Kraft zum Atmen findet. Instrumentaler Rock kann soviel mehr erzählen als mit pseudointellektuellen Texten durchtriefte Sozialkritik. Hier wird der Konsument gefragt, seine Fantasie angeregt, Horrorszenarieren spielen sich ebenso im Inneren des Hörers ab wie Happy Ends. Dass man hierbei mit Leib und Seele drinhängt, ist somit logisch. Man kommt von dieser Scheibe einfach nicht los, sie ergreift Besitz vom Hörer, selbst wenn er gerade in der Arbeit sitzt und etwas ganz Anderes tun sollte. Da ist sie wieder. Diese eine Melodie. Und schon setzt die Stimmung wieder ein, die der Konsument beim Hören von Every Red Heart Shines Toward the Red Sun hat.

Der Zweitling der Kalifornier ist ein sehr gitarrenlastiges Album geworden, dezente Melodien, dissonante, verzerrte, aber gleichzeitig dezente Attacken auf die sensiblen Seiten des Hörers sind ebenso nicht von Seltenheit. Die Länge der Songs ermöglicht viele, atemberaubende Songaufbauten und die gehen so dezent vonstatten, dass sie zu keiner Zeit unlogisch wirken. Nur eins ist schade: Der warme, wunderschöne Klang des Pedal Steel, er ertönt nicht auf dieser Scheibe. Vielleicht wären die Klänge dazu auch zu positiv. Stattdessen lassen Slidegitarren den Hörer den Boden unter den Füßen verlieren. In A message of avarice rained down and carried us away into false dreams of endless riches, das nach dem gegen Ende hin sehr lärmigen Like the howling glory of the darkest winds, this voice was thunderous and the words hily, tangling their way around our hearts and clutching our innocent wave beginnt, möchte man doch vor Glück weinen. So wunderschön, so gehaltvoll, so traurig und so ehrlich sind nur wenige Stücke Musik in meiner wirklich großen Plattensammlung. Was man mit einer einfachen Gitarre bewirken kann. Gigantisch.

Froh ist man, dass RED SPAROWES mehr als nur ein Nebenprojekt von ISIS und NEUROSIS sind – denn spätestens nach diesem Album hat man Blut geleckt. Auch wenn es anfangs anders anmuten mag als At the Soundless Dawn, Every Red Heart Shines Toward the Red Sun ist von derselben Essenz getränkt. Und das wird sich für alle Hörer, die sich intensiv damit beschäftigen, alsbald herausstellen. Lasst euch nicht von dem stellenweise aggressiven Drumming von Neuzugang Dave Clifford beeindrucken, lasst euch nicht täuschen vom Fehlen des Pedal Steels. Denn dieses Album ist mindestens genauso gut wie das großartige Debüt der Band. Man merkt, den Musikern ist es ernst, eine eigenständige Band am Leben zu halten, es ist ihnen nichts wichtiger, als dass sie sich weiterentwickelt und dass die Vision bestehen bleibt.

Das und nichts Anderes haben sie mit ihrem vergleichsweise unbequemen, aber dennoch unglaublich schönem und süchtig machendem Album geschafft. Freunde von instrumentalem Rock, polititschen Botschaften, die fern von Predigten sind, Freunde von emotionaler Musik, Freunde von großartiger Gitarrenarbeit und lodernder Leidenschaft müssen dieses wunderschön aufgemachte und warm produzierte Album haben. Eines der Stücke Musik, die man niemals wieder vergisst.

Veröffentlichungstermin: 22. September 2006

Spielzeit: 61:36 Min.

Line-Up:
Josh Graham – Guitars, Keyboards
Brian Clifford Meyer – Guitars, Keyboards
Andy Arahood – Guitars, Keyboards
Greg Burns – Bass
Dave Clifford – Drums

Produziert von RED SPAROWES
Label: Neurot Recordings

Homepage: http://www.redsparowes.com

Email: contact@redsparowes.com

Tracklist:
1. The great leap forward poured down upon us one day like a mighty storm, suddenly and furiously blinding our senses.
2. We stood transfixed in blank devotion as our leader spoke to us, looking down on our mute faces with a great, raging and unseeing eye.
3. Like the howling glory of the darkest winds, this voice was thunderous and the words hily, tangling their way around our hearts and clutching our innocent wave.
4. A message of avarice rained down and carried us away into false dreams of endless riches.
5. Annihilate the sparrow, that steeler of seed, our our harvests will abound; we will watch our wealth flood in.
6. And by out own hand did every last bird lie silent in their puddles, the air barren of song as the clouds drifted away. For killing their greatest enemy, the locusts noisily thanked us and turned their jaws toward our crops, swallowing our greed whole.
7. Millions starved and we became skinnier and skinnier, while our leaders became fatter and fatter.
8. Finally, as that blazing sun shone upon us, did we know that true enemy was the voice of blind idolatry; and only then did we begin to think for ourselves.

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