LACASA DEL CID: Who killed Barbie?

Düstercountry oder Gothic-Akustik-Balladen? Nichts trifft so richtig zu und doch hat LACASA DEL CID ein großartiges Album voller schöner Gitarrensongs abgeliefert.

Wer beim Opener The Burial of a Tribe and the Birth of a Bastard vom neuen LACASA DEL CID-Album nicht an Rob Coffinshaker denkt, der kennt den schwedischen Blutsauger einfach nicht. Stilistisch haben die beiden wirklich einiges gemein, recht schnell wird aber deutlich, dass sie konzeptionell weit auseinander driften. Von schwarzhumorigen Vampir-Geschichten, wie sie bei den COFFINSHAKERS im Vordergrund stehen, ist der ehemalige GOETHES ERBEN/GIRLS UNDER GLASS-Musiker Carsten Klatte weit entfernt. Unwillkürlich ist man von einer Atmosphäre gefangen, als befände man sich inmitten des schrägen Realismus eines Jim Jarmusch-Films und nicht besonders weit davon entfernt sind auch die musikalischen Referenzen, die einem beim Hören von Who killed Barbie? einfallen.
Sind die ersten beiden Stücke noch recht countrylastig im JOHNNY CASH-Chickaboom-Stil gehalten, wird Klatte bei Blind Eyes Black and White dunkler und fast schon gothabilly. Besonders der Flüstergesang und die plötzlich einsetzende verzerrte Gitarre geben dem Stück ein ganz besonderes Feeling, wodurch es zu einem der Höhepunkte des Albums avanciert.
Ab Thinking of Sin bewegt sich LACASA DEL CID schlussendlich aber immer weiter weg vom Düster-Country. Speziell dieser Song hört sich an, als hätten David Bowie und Neil Young gemeinsam eine Gitarrenballade komponiert. Im weiteren Verlauf von Who killed Barbie? drängen sich immer mehr Namen wie Nick Cave, Tom Waits, aber auch Chris Rea oder TITO & TARANTULA in den Vordergrund, wobei Klatte sich in erster Linie der Atmosphäre ihres Songwritings bedient, die Umsetzung aber voll auf die Verwendung von akustischen Elementen konzentriert, von Zeit zu Zeit mit den richtigen elektrisch erzeugten Klängen ergänzt.

Herausgekommen ist ein faszinierendes, intensives Album, das einen lange gefangen hält. Jeder Song schafft es für sich allein zu stehen – kein Wunder, bei der Bandbreite die LACASA DEL CID hier trotz des instrumentalen und kompositorischen Minimalismus auffährt. Einzig die Neo-Folk-Ballade Reaping Rape mag nicht zu hundert Prozent auf Who killed Barbie? passen und zerreist die Atmosphäre etwas. Doch ein bis zwei lediglich gute Songs vermögen es nicht, dieses Album in der Gesamtbewertung nach unten zu ziehen. Es überwiegen eindeutig die Höhepunkte, neben den bereits erwähnten die beiden mit Streichern unterstützen Songs Imperial Prayer und The Ancient Time, The Idiot, das sich wie ein uneheliches Kind von Black Sunday (COFFINSHAKERS) und Ghostriders in the Sky anhört, und vor allem die herrlich schöne Ballade Tell me tell me overwhelm me, die einem immer wieder erneut ein verträumtes Lächeln auf die Lippen zaubert.

Carsten Klatte hat hier wirklich einige magische Momente auf CD gebannt. Who killed Barbie? als Balladen- oder Lagerfeueralbum abzutun, wäre grundlegend falsch. Vielmehr handelt es sich hier um eine Sammlung interessanter, nachdenklicher, ergreifender und schöner Lieder, die in den verschiedensten Stimmungen ihre Wirkung erzielen. Mehr davon!

Veröffentlichungstermin: 28. Juli 2006

Spielzeit: 61:29 Min.

Line-Up:
Carsten Klatte – Vocals & Guitars

Andy Laaf – Cajon & Snare
Friedrich Paravicni – Cello
Sönke Liethmann – Percussion

Produziert von Carsten Klatte
Label: Avasonic

Tracklist:
1. The Burial of a Tribe and the Birth of a Bastard
2. Hey Dude
3. Blind Eyes Black and White
4. Thinking of Sin
5. In the Slide Show
6. Out of Nothing
7. Imperial Prayer
8. The Ancient Time
9. Reaping Rape
10. The Idiot
11. Tell me tell me overwhelm me
12. Waste some Time
13. Leave and live forever
14. In Alliance with the Storm
15. Another Wheel
16. The Talking

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