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DARKTHRONE: Fischt mehr!

DARKTHRONE gehören zu den dienstältesten und wegweisenden Black Metal-Formationen Norwegens und zeigten mit "The Cult is Alive" erneut, daß auch nach 19 Jahren Dasein das Feuer noch nicht erloschen ist. Somit also höchste Zeit, eine Interviewaudienz mit dem begeisterten Fischer Nocturno Culto auszumachen.

DARKTHRONE gehören zu den dienstältesten und wegweisenden Black Metal-Formationen Norwegens und zeigten mit The Cult is Alive erneut, dass auch nach 19 Jahren Dasein das Feuer noch nicht erloschen ist. Somit also höchste Zeit, eine Interviewaudienz mit einem der großen Black Metal-Vorbilder auszumachen.
Eigentlich dachte ich am besagten Termin ja schon, dass Nocturno Culto nicht mehr anrufen werde. Statt um 17 Uhr, klingelte das Telefon nämlich erst gegen 19 Uhr, glatte zwei Stunden zu spät. Nuschelnd meldete sich der Saitenpart des norwegischen Black Metal-Duos und entschuldigte sich für die Verspätung. Doch lieber spät als nie traf wohl auch hier zu, denn das folgende Gespräch war äußerst unterhaltsam und widerlegte wieder einmal das Vorurteil, dass norwegische Black Metal-Legenden garstige Zeitgenossen seien.

Hallo Nocturno Culto. Was hat dich denn aufgehalten?

Hallo Arlette. Nun ja, ich war eben fischen heute. Und da habe ich einfach die Zeit vergessen. Ich werde auch noch nach dem Interview fischen gehen. Schließlich wohne ich hier ziemlich abgelegen und diese Gegend ist großartig, um zu fischen.

Fischt du mit einem Netz so wie die Inuit in Grönland?

Nein, nein. Ich vertraue da mehr auf meine Angelrute. Es ist viel spannender, so zu fischen, mit dem Netz wäre es mir etwas zu einfach.

Geht man nicht meistens morgens fischen?

Man kann, aber am Abend geht es auch. Die wirklich großen Fische kommen ganz nahe ans Land bei Sonnenuntergang. Oft nehme ich meine Angel und gehe in der Nacht fischen. Es ist nicht wirklich dunkel hier und die großen Fische stürzen sich auf den Köder – nur etwa drei Meter vom Ufer entfernt! Es überrascht mich jedes Mal, wenn sie sich in derart kurzer Distanz den Köder schnappen. Klar, Inuit fischen ja wirklich, um etwas zu beißen zu haben. Ich fische nur, um einfach in der Natur zu sein. Ich genieße das richtig. Und letztes Jahr war ich auch ziemlich erfolgreich, und wir hatten einige leckere Mahlzeiten.
Wenn du von Grönland sprichst, fällt mir ein, dass du unbedingt das Album Eskimo und Duck Stab von der amerikanischen Band THE RESIDENTS anchecken solltest. Man kann ihre Musik nicht beschreiben, weil sie so speziell ist. Ich liebe das Eskimo-Werk. Es ist total abgefahren und verlangt seinen Hörern so einiges ab.

Danke für den Tipp. Damals in Grönland habe ich mir vor allem Black Metal angehört, weil das optimal zur Landschaft und zur Stimmung passte.

Ja, das kann ich mir vorstellen. Grönland muss wunderbar sein. Viel Platz, wenig Leute – tönt nach einem Ort, der mir gefällt.

Dummerweise muss man dort Dänisch können.

Wir in Norwegen machen uns über das Dänische lustig, bei uns sagt man: Nimm eine heiße Kartoffel in den Mund und du kannst Dänisch sprechen! Es ist allerdings schon merkwürdig – einige Interviewer von Dänemark oder auch von Schweden sprechen Englisch mit mir anstatt Norwegisch, was ja einfacher wäre. Es fühlt sich für mich immer so komisch an, weil ich selber ja ziemlich gut Schwedisch kann – ich hatte als Kind schwedisches Fernsehen und hatte so ja ziemlich gut Schwedisch gelernt.

Ich habe es in Grönland mit Englisch knapp geschafft, aufs Norwegische konnte ich weniger zurückgreifen.

Ich mag es nicht so zu reisen. Warst du schon in Asien?

Ja, aber nur in Bangkok. Allerdings habe ich seit kurzem eine neue japanische Verwandtschaft, also werde ich wohl bald einen Trip nach Japan wagen.

Japan ist faszinierend! Ich war letztes Jahr in Tokio. Und was kann ich sagen – es ist einfach so anders als die westliche Kultur. Alles ist anders – von der Reservation im Restaurant bis zum Essen. Und Japaner sind so nett, sie lächeln die ganze Zeit. Was ich aber am meisten liebte, waren die Essautomaten in den Straßen. Man konnte sich sogar Bier aus dem Automaten lassen. Das war toll. In Norwegen werden wir nie Bier aus dem Automaten haben können, weil das Christentum noch immer die Gesellschaft vergiftet.

Ist das dein Ernst? Keine Bierautomaten in Norwegen wegen dem Christentum?

Ja, das ist mein Ernst. Wegen dem Christentum haben wir kein Bier aus dem Automat in den Straßen. Ihr habt das in der Schweiz auch nicht, oder?

Nein, hier in Zürich kriegst du kein Bier aus den Automaten.

Schade. Irgendwann muss ich aber schon in die Schweiz reisen. Ich muss das Land von CELTIC FROST endlich besuchen.

CELTIC FROST sind heutzutage ja nicht mehr so wie früher, fast schon traurig.

Ja, kann schon sein. IGGY POP, den ich sehr schätze, ist heutzutage auch eine traurige Figur. Aber CELTIC FROST bedeuten mir halt noch immer sehr viel.

Darkthone
Grönland muss wunderbar sein. Viel Platz, wenig Leute – tönt nach einem Ort, der mir gefällt. – Nocturno Culto

Momentan seid ihr ja im Promo-Marathon für euer neues Album The Cult is Alive. Ich habe das Gefühl, dass ihr es stärker bewerbt als eure früheren Alben. Wie kommt das?

Ich denke, es hat was mit dem Labelwechsel zu tun. Vielleicht ist das ein Teil der Antwort. Da wir wieder zu Peaceville gekommen sind, haben wir uns gedacht, dass wir dieses Mal etwas mehr tun sollten, um das Album zu promoten. Wir wollen ja wirklich, dass sich die Leute unsere Musik anhören. Also ist es auch cool, wenn die Leute wissen, was wir tun und es verstehen. Es gibt nichts Besseres.
Wenn wir keine Plattenfirma hätten, würden wir dennoch Musik machen. Fenriz und ich widmen uns einfach voll und ganz DARKTHRONE. Ich glaube, es gibt eine feine Linie zwischen gesunder Promotion und Popstar-Gehabe in den Medien, vor allem wenn man diese Popstar-Attitüde dann als Black Metal bezeichnet. Schließlich geht es im Black Metal um die Einstellung und ich sehe oft die Rockstar-Attitüden gewisser Bands und Leute, die mir klar gegen den Strich gehen. Es stört mich geradezu. So wollen wir nicht sein. Wir tun einfach unser Bestes, um das Album in unserem Rahmen zu promoten.

Zur Promotion gehört ja normalerweise eine Tour. Aber das werdet ihr mit DARKTHRONE wohl kaum machen, oder?

Nein. Das werden wir sicher nicht tun. Natürlich sollte man niemals nie sagen, aber es fühlt sich einfach nicht richtig an, mit DARKTHRONE live zu spielen. Einerseits haben wir keine Zeit und andererseits wollen wir keine Zeit dafür haben, um live zu spielen. Wie arbeiten immer albumweise, es wäre falsch, unsere Musik auf eine Tour zu nehmen. Wenn schon, würde ich sowieso lieber in einem kleinen Club spielen.

Also für mich ist das WACKEN OPEN AIR nicht gerade ein kleiner Club, wenn ich so an deine Live-Aktivitäten denke.

Okay, ja, das WACKEN ist kein kleiner Club, aber da war ich ja auch nicht mit DARKTHRONE. Die Festivalorganisatoren fragen uns schon seit Jahren, ob wir dort mit DARKTHRONE auftreten möchten. Und ich bin immer derjenige, der nein sagen muss. Der Auftritt mit SATYRICON damals war eigentlich eine Wiederholung der Show, die wir zum 10jährigen Moonfog-Geburtstag in Oslo gespielt hatten. Als sie dafür anfragten, haben wir zugesagt und die Show sozusagen am WACKEN wiederholt.

Als ich dich am INFERNO FESTIVAL 2006 in Oslo traf, warst du ja der DJ am gleichen Abend als EMPEROR auftraten. Als du sahst, wie die Menge aufgrund von EMPEROR ausflippte – hat es dich da nicht gereizt, auch mal so live mit DARKTHRONE auf der Bühne zu stehen.

Nein. Definitiv nicht. Es hat mich sogar eher abgetörnt. Natürlich könnte ich auf der Bühne stehen und den großen Rockstar raushängen lassen. Aber es ist einfach nicht mein Stil. Ich ziehe es vor, allein zu sein in den Bergen und Fischen zu gehen. Natürlich ist das Spielen an sich ein Vergnügen, doch Proben auf einen Gig würde zuviel Druck für uns bedeuten. Wir konzentrieren uns lieber auf die Aufnahmen, das Entspannen und das Biertrinken.
Diesen Februar haben wir außerdem schon zwei neue Songs für das kommende Album aufgenommen. In den Pausen gingen wir dann einfach Skifahren zusammen.

Skifahren wäre auf einer Tour wohl eher kompliziert.
Das Amt als DJ wird ja auch Fenriz nachgesagt. Ist es eigentlich wahr, dass er ein House DJ ist?

Darkthrone

Wir sind so bad ass Black Metal, aber wir können immer auch Spaß haben. Wir können mal richtig grimmig sein, mal richtig lustig.

Nein, House ist es eher nicht. Er legt in kleinen, bizarren Clubs auf; allerdings keinen House. Er versteht extrem viel von Musik und ist den anderen immer ein Stück voraus. Er hat ein goldenes Händchen für Musik und kennt sich sehr gut aus in verschiedenen Gebieten. Wir beide hören uns viel elektronischen Sound an, wir haben damals Ende der 80er Jahre damit angefangen. Schließlich gibt es auch in dieser alten elektronischen Musik viele dunkle Dinge zu entdecken.

Und wie kamst du dann zu deinem Job als DJ am INFERNO FESTIVAL dieses Jahr?

Die Verantwortlichen haben mich angefragt. Zuerst habe ich nein gesagt. Dann sagte ich zu, weil ich ja eh zu diesem Festival ging. Eigentlich hätte ich mit SCUM spielen sollen, aber dann haben sie abgesagt. Schließlich dachte ich mir, ein Trip in die Stadt an Ostern könnte eh nicht schaden. An Ostern ist es in Oslo eher ruhig, weil alle in die Berge gehen. Nicht zu diesen Bergen, wo ich jetzt bin, das ist zu weit weg.

Kommen wir wieder zurück zu eurem neuen Werk. Ihr habt ja eure Pseudonyme geändert, du nennst dich jetzt Max Necro? Warum? Ist das eine dauerhafte Veränderung?

Ich habe mein Pseudonym nicht geändert. Ich weiß nicht. Es bedeutet soviel wie Maximum Necro. Aber es ist nur zum Spaß. Wir sind so bad ass Black Metal, aber wir können immer auch Spaß haben. Wir können mal richtig grimmig sein, mal richtig lustig. Ich habe mein Pseudonym jedoch definitiv nicht für immer geändert.

Nun ja, ich mag es auch gerne lustig. Einige Leute haben aber nicht nur damit ein Problem, sondern auch mit dem eher punkigen Anstrich von The Cult is Alive. So gibt es Black Metaller, die euch deswegen als untrue einstufen. Was hältst du von dieser Trueness-Debatte?

Die Trueness-Frage ist einfach nur dumm. Das wäre fast schon ein Grund für uns, 100% nur noch Punk zu machen! Aber das werden wir nicht tun, wir machen immer noch Metal. Die Leute, die sich darüber ereifern, sind doch nur bemitleidenswert. Einige von ihnen sind vermutlich einfach zu jung und/oder zu dumm, um es zu verstehen, wer weiß. Mich ermüdet das ganze einfach.
Außerdem sollte sich eh jeder daran erinnern, dass sämtliche alte extreme Metalbands ihre Inspiration vom Punk her bekamen. Sei es nun CELTIC FROST, BATHORY oder VENOM – ihre Wurzeln liegen im Punk. Also können diese Szene-Leute auch nicht kommen und sagen, Black Metal hätte nichts mit Punk zu tun. Das stimmt einfach nicht. Außerdem wären Bands wie METALLICA, SEPULTURA und SLAYER wohl ohne Punk auch nicht da!

In dem Fall ist das so genannte true Image auch nicht das wichtigste im Black Metal, solange die Musik den richtigen Spirit hat?

Ja. Die Musik an sich sollte immer im Mittelpunkt stehen.
Wenn man sich in den Medien prostituieren will, dann muss man vorsichtig sein. Einige Leute wollen Stars sein, also machen sie mit bei diesen Dingen, die komplett inakzeptabel sind, wenn man Black Metal macht. Black Metal machen hat mit der richtigen Einstellung zu tun. Das ist einer der Gründe, warum ich ENSLAVED so mag. Oder AURA NOIR. Es gibt viele gute Leute in der norwegischen Black Metal-Szene. Es ist eine großartige Szene. Leider ist sie in zwei Lager gespalten, aber so ist es halt.
So oder so würde ich jedoch nie sagen Ich bin Teil der Black Metal Szene. Ich kann mit dem Szenebegriff und dem Zugehörigkeitsgefühl nichts anfangen.

Ja, da haben wir wohl etwas gemeinsam.
Warte kurz, die Telefonverbindung ist gestört. [Einige Knackser später]. Jetzt funktioniert es wieder.

War die Telefonleitung gestört? Oder hast du Halluzinationen?

Nein, sie war gestört. Ich habe keine Halluzinationen. Ich trinke nur Ice Tea und nehme keine Drogen.

Darkthone
Ich kann versichern, dass DARKTHRONE zu keinem Zeitpunkt eine politische Band war. Ich kann das auch für Fenriz sagen. Wir beide glauben, dass Musik und Politik nicht zusammenpassen.

Gut. Wir nehmen auch keine Drogen. Wir sind clean. Ich mag keine Chemikalien.

Ich mag sie eben auch nicht. Wenden wir uns jetzt mal ein bisschen der Vergangenheit zu. Soweit ich weiß, habt ihr vor x Jahren mal ein Konzert im linken Café Strofal in Oslo gegeben. War das ein Punktreff?

In der Tat war es ein Punk Club, es wurde nur Punk gespielt. Es waren damals etwa 30 Leute dort – und es ist sehr lange her. Warum weißt du davon?

Vorbereitung ist alles. Ich bin im Buch Lords of Chaos darüber gestolpert.

Ach so. Ich habe das Buch nicht gelesen. Und ich werde es auch nicht lesen.

Darauf möchte ich später noch zurückkommen. Aber zuerst: Was hältst du von der meistens linken politischen Einstellung von Punks?

Ich weiß es nicht. Ich selber mische mich nicht in Politik ein. Natürlich gibt es alten Punk, den man nicht hören kann, ohne die politische Botschaft mitzubekommen. Aber ich versuche davon wegzuschauen. Nicht jede Punkband ist krass politisch. So oder so schaue ich mir den politischen Aspekt nicht an. Musik und Politik sollten niemals Hand in Hand gehen.

Da hast du Recht. Um so erstaunlicher ist es allerdings, dass ihr in der Vergangenheit auf Transilvanian Hunger mit Kristian Varg Vikernes (BURZUM) zusammengearbeitet habt und auf der Rückseite des Albums die Worte Norsk Arisk Black Metal aufgedruckt sind. Wie kam es zu diesem Aufdruck? Und warum habt ihr überhaupt mit Varg zusammengearbeitet?

Da fragst du den falschen. Das ist eine Fenriz-Frage. Ich selber habe Varg nie getroffen und wusste auch nicht, was auf das Albumcover kam damals. Ich lernte ihn auch nie kennen, weil ich zu dieser Zeit bereits aus Oslo weggezogen war, also wusste ich nicht, was abging. Ich hatte einen guten Grund, aus Oslo wegzuziehen.
In den frühen 90ern wurde aus der ganzen Black Metal-Sache mit Euronymous (MAYHEM) und dem Helvete Shop eher ein sozialer Club. Klar war es angenehm, Leute zu treffen. Aber es wurde mehr und mehr zu einer Art Gemeinschaft (Community). Also zog ich weg von der Gemeinschaft. Ich hasse Gemeinschaften. Und ich habe es nie bereut, weggezogen zu sein. Ich war dort eine sehr sehr lange Zeit dabei, kannte Euronymous und wir hatten eine schöne Zeit zusammen mit Musik und Bier. Aber es war am Ende einfach zuviel für mich.
Wäre ich geblieben, wäre ich jetzt vermutlich tot. Es war einfach zuviel von allem. Ich mag nicht alles. Ich mag nur spezifische Sachen.

In dem Fall erübrigt sich wohl auch meine Varg-Frage, ob du noch Kontakt mit ihm hast.

Genau. Ich habe und hatte nie Kontakt mit ihm, weil ich ihn gar nie gekannt habe.

Was angesichts seiner Einstellung kaum ein Verlust ist. Wir kamen vorher schon mal kurz auf Lords of Chaos zu sprechen. Was mir bei diesem Buch aufgefallen ist, ist dass es mehr oder weniger Varg eine Plattform bietet. Ihr mit DARKTHRONE kommt eher weniger vor und seid mit keinem Interview vertreten. Wolltet ihr einfach nicht mit dem Autor zusammenarbeiten oder was ist der Grund dafür?

Ich habe ehrlich nichts von diesem Buchprojekt gewusst. Fenriz hat auch nichts dazu beigetragen, ich auch nicht. Ich hasse es einfach, wenn so über Black Metal geschrieben wird. Auch die Dokumentationen darüber sind Scheiße. Einfach nur komplettes Versagen. Ich lache darüber, denn es hat nichts mit Black Metal zu tun. Wir leben wirklich in einer Cartoon-Welt. Ich habe letzthin gehört, dass sie aus Lords of Chaos sogar einen Film machen wollen – ich kann nicht beschreiben, was ich davon halte, ich hasse die Idee einfach derart. Es ist so peinlich. Wenn Euronymous noch leben würde… Oder sagen wir es so: Er würde sich ob diesem Film im Grab umdrehen. Ich ignoriere das ganze einfach, weil es mich so nicht interessiert.

Ich kann mich für das Ganze auch nicht wirklich begeistern. Was mir aber angesichts eurer Minimalpräsenz in diesem Buch auch auffällt ist, dass ihr – anders als so manche andere norwegische Black Metal-Band aus den frühen Tagen – keine Gefängnis / Mord Geschichten oder andere Skandale auf dem Kerbholz habt. Wie kommt das?

Nun, unser Fokus liegt immer auf der Musik. Wir haben das Gefühl, dass die Musik, die wir spielen, am besten ist. Das ist alles, was zählt. Wir wünschten, die Leute könnten das verstehen.
In 15 Jahren wird man unsere Musik noch immer hören können, weil sie keinen direkten Bezug zur jetzigen Zeit hat. Es wird noch immer guter Metal sein. Ich habe das Gefühl, dass einige Black Metal Bands von heute in 15 Jahren vergessen sein werden, weil sie einfach zu dem Gros der überproduzierten Bands der später 90er bzw. frühen Nullerjahre zählen. Und viele Leute werden sie später nicht mehr mögen. Etwa so, wie wenn ich heute eine Sekunde eines 80er Jahre Popsongs anhöre und sofort weiß das ist aus den 80ern. Ich habe das Gefühl, dass viele hart arbeitende Metalbands heutzutage in diese Falle tappen. Sie tönen so wie alle anderen ihrer Ära. Natürlich können meiner Meinung nach die Leute machen, was sie wollen, aber mit DARKTHRONE streben wir eine zeitlose Musik an.
Ja, ich fühle mich ein bisschen alt und bitter. Die Dinge entwickeln sich immer weiter. Aber wir teilen uns mit der Formel mit, die für uns am besten funktioniert. Ich versuche wirklich, mich jetzt diplomatisch zu äußern und nicht so grummelig zu sein.

Ich möchte nun aber doch noch mal nachhaken wegen diesem Aufdruck auf der alten Transilvanian Hunger-Scheibe. War das nur dumme Provokation oder spiegelt es wirklich eure politische Meinung wider?

Nun ja, ich bin wie gesagt die falsche Person für diese Frage. Aber ich kann versichern, dass DARKTHRONE zu keinem Zeitpunkt eine politische Band war. Ich kann das auch für Fenriz sagen. Wir beide glauben, dass Musik und Politik nicht zusammenpassen. Klar gibt es Leute, die etwas anderes über uns erzählen, aber es ist nicht wahr. DARKTHRONE ist nicht politisch.

Darkthrone
Die Trueness-Frage ist einfach nur dumm. Das wäre fast schon ein Grund für uns, 100% nur noch Punk zu machen! Aber das werden wir nicht tun, wir machen immer noch Metal. Die Leute, die sich darüber ereifern, sind doch nur bemitleidenswert. Einige von ihnen sind vermutlich einfach zu jung und/oder zu dumm, um es zu verstehen.

Nun ja, das Problem damals war ja auch, dass Fenriz meinte, das Album dürfe nicht von gewissen Personen kritisiert werden. Und Peaceville war ja auch nicht gerade glücklich darüber, es kam schließlich zu einer öffentlichen Entschuldigung. Das mit der Entschuldigung fand ich gut.

Ich selber habe nichts gegen irgendwelche andere Leute, solange sie mich in Ruhe lassen. Natürlich habe ich in meinem Kopf politische Ansichten zu Norwegen, aber das ist alles. Zu Norwegen habe ich eine Meinung, schließlich ist es mein Land und ich finde, es sollte dechristianisiert werden. Aber das ist auch schon alles.

Ihr habt ja dann auf dem Panzerfaust-Album auch nochmals ein klares Statement abgedruckt, dass DARKTHRONE weder eine Naziband noch eine politische Gruppe sei. Was hältst du eigentlich von den politisch motivierten NSBM Bands?

Jetzt muss ich dir ehrlich sagen, dass ich davon überhaupt nichts weiß. Einfach nichts. Ich kenne auch keine davon. Ich halte mich fern von politischen Dingen. Außerdem höre ich mir sowieso nur ganz selten neuen Black Metal an. Natürlich gibt es auch im modernen Black Metal einige gute Bands, meine Favoriten sind KEEP OF KALESSIN. Ich sage jetzt absichtlich modern und nicht New / Nu, das hätte sonst einen negativen Touch. Ich glaube, es gibt einfach modernen Black Metal wie KEEP OF KALESSIN und alten Black Metal wie DARKTHRONE.

Ja, ihr seid ja schon eine Zeit lang da…

Im Dezember 2007 werden wir mit DARKTHRONE schon 20 Jahre alt.

Wow. Wir werden dieses Jahr 14.

Nicht schlecht. Da seid ihr auch schon ein Weilchen da.

Es fing alles 1992 wegen NAPALM DEATHs Scum an.

Yeah, NAPALM DEATH! Ich kann mich noch an das NAPALM DEATH-Konzert 1988 erinnern. Ja, die guten alten Zeiten. Damals schaffte ich es auf die Bühne und war am Headbangen mit dem Fronter.

Nun zu etwas, was ich schon lange wissen will: Wer hat das Logo von DARKTHRONE gemacht und schreibt man den Bandnamen jetzt auseinander oder zusammen?

Also der Bandname ist im Logo geteilt, aber wenn man ihn in einem Text schreibt, schreibt man ihn zusammen. So muss es sein.
Das Logo selbst haben Fenriz und einige Schweden designt. Ich glaube, Tomas von AT THE GATES und einer von ENTOMBED halfen auch noch mit.

Endlich ein weiteres Mysterium geklärt. Ihr seid jetzt ja wieder bei Peaceville gelandet, wer hat eigentlich den ersten Schritt gemacht nach der Trennung damals?

Ich glaube, das war ich. Ich hatte den Kontakt mit Peaceville nie abgebrochen und besuchte sie auch 1999. 1999 wurde der Kontakt wieder intensiver, es kam wieder Schwung in die Sache. Ein bisschen später waren Fenriz, ich und zwei Mitarbeiter von Peaceville zusammen in die Ferien. Es waren schöne Ferien und wir fühlen, dass wir bei Peaceville wieder zu Hause sind.

Ihr habt ja auch eure Website wieder in Betrieb genommen. Darauf sind seitdem Photos von euch zu sehen, wo ihr ohne Corpsepaint drauf seid. Wieso verzichtet ihr auf Corpsepaint?

Darkthone
Also der Bandname ist im Logo geteilt, aber wenn man ihn in einem Text schreibt, schreibt man ihn zusammen. – ein weiteres Mysterium wäre geklärt.

Vor 13 Jahren wäre das eine sehr ernsthafte Frage gewesen, welche eine ausführliche Antwort nötig gemacht hätte. Nun, wir haben bis 1993 immer Corpsepaint benutzt. Dann aber hörten wir auf, weil Zephyrous an einem heißen Nachmittag drei Gestalten in der Hauptfußgängerzone von Oslo gesehen hatte, die bei dieser Hitze in Corpsepaint herumliefen. Zephyrous war geschockt. Wir erkannten da, dass Corpsepaint Mainstream geworden war. Also haben wir aufgehört, Corpsepaint zu tragen. Ich habe nur noch Corpsepaint getragen, als ich 1995 / 1996 und am WACKEN mit SATYRICON gespielt habe.
Das Tragen von Corpsepaint stellte für uns ein Ritual dar. Es hatte nichts mit Posing oder Angeben zu tun, es war unser eigenes Ritual. Die Fotos für A Blaze in the Northern Sky und Transilvanian Hunger waren eher Zufallstreffer, wir hatten in diesem Moment gerade eine Kamera dabei und nahmen die Corpsepaintbilder hierzu auf. Corpsepaint muss sich richtig anfühlen für den Träger – wenn man es tut, sollte man es nicht einfach für eine Bühnenshow machen.

Unter den neuen Bildern hat es auch ein Foto von dir, wo du vor einer ziemlich abgehalfterten Hütte posierst im Winter. Ist das schiefe Häuschen hinter dir ein Toilettenhäuschen?

Ja, es ist tatsächlich ein Toilettenhäuschen. Wie hast du das herausgefunden?. Der Platz ist hinter meinem Haus. Es hat auch ein einsames, schneebedecktes Tal dort hinten und es war ziemlich verlassen dort. Ich war im Winter da und habe dann einfach das Foto gemacht.

Kommen wir nochmals auf euer aktuelles Album. Ihr habt es ja zwischen März und Oktober 2005 aufgenommen. Warum hattet ihr so lange daran? Musstet ihr vom Label aus einen besonders guten Sound haben?

Nein. Der Unterschied war einfach, dass wir unser eigenes Studio hatten. Wir können also aufnehmen, wann wir wollen. Das Album erschien ja Ende Februar und zeitgleich waren wir, wie vorher erwähnt, ja schon wieder an neuen Aufnahmen dran und haben bereits zwei neue Songs fertiggestellt.

Mich würde noch interessieren, was es mit dem Cult im Titel auf sich hat. Handelt es sich um den DARKTHRONE-Kult? Oder bezieht sich der Titel auf den Opener The Cult of Goliath?

Diese Frage werde ich nicht beantworten. Der Titel soll von verschiedenen Perspektiven aus gesehen und interpretiert werden. Auch das Artwork kann und soll man auf mehrere Arten interpretieren.

Im Song Too old, too cold kommt die Zeile you call your metal black vor. Gerade zu diesem Song werden die Lyrics jedoch nicht abgedruckt. Warum nicht? Und – wer ist das you in der besagten Zeile?

Ich weiß nicht, warum gerade diese Lyrics nicht abgedruckt wurden. Fenriz entscheidet, was abgedruckt wird und was nicht. Diesen Text wollte er einfach nicht abgedruckt haben. Allerdings sind die Vocals ja ziemlich klar, also kann man die Lyrics verstehen.
Das you könnte jeder sein. Es ist nicht spezifisch.

Es ist also nicht VENOM, deren aktuelles Werk Metal Black heißt?

Nein. VENOM ist es nicht, trotz dem neuen Album. Wir konnten das damals eh nicht wissen.

Bei einigen Songs amtet Fenriz als Songwriter, bei anderen du. Wie sieht eigentlich der typische DARKTHRONE-Songwritingprozess aus? Und – was inspiriert dich?

Wir machen das Songwriting separat heutzutage, also schreibt jeder für sich. Auf dem letzten Album gab es diesen sehr speziellen Song, den wir zusammen geschrieben hatten – der erste in zehn Jahren. Sonst schreibt jeder für sich in letzter Zeit, wir haben dann beide unsere Riffs, lassen sie zusammenkommen und es funktioniert.
Meine Inspirationsquellen sind die Natur, mein Ekel vor Religion und die Lyrics von Fenriz.

Auf The Cult is Alive übernimmst du ja alle Basslines. Ich weiß, ich springe jetzt wieder auf der Zeitachse herum, aber meine absolute Lieblingsbassline ist diejenige von Paragon Belial. Wer hat die Bassline geschrieben (da Dag Nilsen nur als Session-Bassist aufgelistet ist)?

Die Bassline wurde wohl vom damaligen Bassisten geschrieben, aber ich kann dir nicht sagen, wer es letzten Endes war. Wir haben die einzelnen Riffs einfach zusammengemischt, bis es stimmte. Nach Ravishing Grimness habe ich die ganze Bass- und Gitarrenarbeit übernommen.

In Sachen Gitarrenarbeit ist mir vor allem das kranke Gitarrensolo am Schluss von Forebyggende Krig aufgefallen. Wie bist du darauf gekommen?

Fenriz tendiert dazu, meine Solos zu mögen. Er meinte: Könntest du nicht hier ein Solo machen, grad nach diesem Riff? Das habe ich getan und so kam es, dass wir damit auch gleich das Ende des ganzen Albums markierten. Wir haben es einfach ausprobiert und es hat funktioniert. Das Riff ist cool wegen der Grundtöne und das Solo passt genau so dazu, wie es soll.

Darkthrone
Es ist tatsächlich ein Toilettenhäuschen. Der Platz ist hinter meinem Haus. Es hat auch ein einsames, schneebedecktes Tal dort hinten und es war ziemlich verlassen dort. Ich war im Winter da und habe dann einfach das Foto gemacht.

Wenn wir es grad von Saitenarbeit haben – was ist eigentlich mit Zephyrous geschehen nach Under a Funeral Moon? Ihr dankt ihm ja in der Thanksliste eures aktuellen Outputs.

Zepyhrous geht es gut, er wird mich bald besuchen. Wir haben regelmäßig Kontakt. Er wird auch wieder mal eine Gitarre in die Hand nehmen, das ist gut. Er ist noch immer so strikt wie eh und je. Wenn Fenriz und ich eine große Entscheidung für DARKTHRONE treffen müssen, fragen wir uns immer Was wurde Zephyrous tun?. Er ist unser Synonym für die strikte Brille, durch die wir bei Entscheidungen schauen müssen.

Mir ist auch aufgefallen, dass ihr den Song Atomic Coming dem verstorbenen Piggy von VOIVOD gewidmet habt. Wie kam es dazu?

Der Hauptgrund war, dass er gestorben war und wir ihm etwas widmen wollten. Es ist immer schlimm, wenn coole Leute wie Piggy oder Quorthon (BATHORY) sterben. Also war es selbstverständlich, dass wir Piggy einen Song gewidmet haben. Von den Lyrics her weist der Song auch zu VOIVOD, weil Fenriz und ich sehr große Fans der alten VOIVOD -Sachen sind.

The Cult is Alive hat ja einen gewissen HELLHAMMER / CELTIC FROST-Touch an sich. Waren es diese Bands, welche dich anno 1986 zum Metal gebracht haben?

1984 hatte ich CELTIC FROST noch nicht gehört. Aber ich sah SLAYER anno 1985 im Fernsehen. Und da wusste ich, wohin ich gehen wollte. SLAYER ist also Schuld an allem.

Wenn ich so an die Old School-Atmosphäre von eurem neuen Werk denke – ist es so, dass du lieber alte Sachen hörst wie CELTIC FROST? Oder magst du auch neuere Bands?

Es gibt schon einige moderne Bands, die ich mir gerne anhöre. Etwa KEEP OF KALESSIN. Aber ich erwarte einfach einen gewissen Grad an Würde in der Musik, es muss für mich einfach stimmen. Ich entscheide für mich, was ich cool finde und was nicht. Musik ist unsichtbar – einen Film können sich Leute ansehen und sich dann eine Meinung bilden. Musik kann man nicht sehen, also muss man auf sein Gehirn vertrauen, um zu wissen, was es ist.

Wie fühlt es sich eigentlich an, wenn man für so viele true Black Metal-Bands ein Vorbild ist und von ihnen auch kopiert wird?

Ach, gibt es solche Bands? Nun, ich respektiere Leute, die Musik machen. Sie können machen, was sie wollen. Über unsere Nacheiferer habe ich keine Meinung. Es ist nett, dass wir eine Band sind, die von Leuten gemocht wird. Für mich ist das genug.
Natürlich ist es schön, wenn die Leute unsere Musik mögen und es ist natürlich auch ein Kompliment. Ehrlich gesagt, erwarte ich nicht, dass jemand uns mag. Es ist auch merkwürdig für mich, wenn ich von Fans erkannt werde.

Hörst du dir eigentlich auch Musik aus anderen Sparten an?

Ja. Einer meiner Favoriten ist TOM WAITS. Ich höre mir sehr viel andere Musik an. Aufgewachsen bin ich mit viel Musik aus den 70er Jahren, vor allem BLACK SABBATH und PINK FLOYD.

Keine verzerrten Gitarren von JIMI HENDRIX?

Nein, eher nicht. Aber ich weiß nicht, warum.

Ich habe noch eine Frage zu den Lyrics. Ihr habt ja sowohl englische als auch norwegische Lyrics auf euren Werken. Soweit ich weiß, hat Fenriz mal gemeint, Arabisch sei die passendste Sprache für Black Metal-Texte, weil es immer nach Krieg klinge. Was ist deine Meinung dazu?

Das könnte gut funktionieren. Ich mag es allerdings, wenn Leute in ihrer Muttersprache singen. Es ist so merkwürdig, wenn eine italienische Band krampfhaft auf Norwegisch singt statt auf Italienisch. Englisch mag ich einfach, weil es so ein großes Vokabular hat.

Wir sind beinahe am Ende angelangt: Wie sieht die Zukunft von DARKTHRONE aus?

Nun, wir sind für drei weitere Alben bei Peaceville unter Vertrag. Wir geben also noch nicht auf. Wir haben das Gefühl, dass wir noch einiges zu bieten haben.

Da freue ich mich schon sehr darauf. Hast du noch einige berühmte letzte Worte für unsere Leserschaft?

Ja. Die Leute sollten versuchen, mehr zu fischen. Sogar dann, wenn sie zuerst eine Bergwanderung machen müssen dafür: Die Leute sollten raus in die Natur und lernen zu fischen. Es ist eine gute Art, sich zu entspannen.
Der Tipp des Tages: Fischt mehr! Und ich empfehle das Duck Stab-Album.

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