RICOCHET: Zarah – A teartown story

Ein heißer Tipp für den Einstieg in die wunderbare Welt der progressiven Klänge

Das Konzeptalbum der Hamburger Progressiv-Metal-Band RICOCHET ist der Beweis, dass auch aus Deutschland Prog-Metal von internationalem Niveau kommt, der einen mit der Zunge schnalzen lässt.

Neu ist das Album, die Band jedoch nicht. Bereits 1996 wurde das Debüt-Album Among the elements weltweit veröffentlicht, und dafür gab es insbesondere in Europa glänzende Kritiken.

RICOCHET haben von Anfang an hart gearbeitet, sich live alles abgespielt, was geht, und so eine recht große Fangemeinde um sich gesammelt. 1994 war die Band in der Serie Großstadtrevier zu bewundern und steuerte zwei Songs bei.

Nach einer etwa zweijährigen Durststrecke haben RICOCHET nun ein Konzeptalbum veröffentlicht. Worum geht es? Um den Lebensweg eines Mädchens in einer anonymen Großstadt, das Mädchen wird missbraucht, bringt den Peiniger um, kommt dafür ins Gefängnis und nimmt sich schließlich selbst das Leben.

Die musikalische Umsetzung der Geschichte reicht von sanft, düster und anschmiegsam bis zur absoluten Aggression, die sich in harten Heavy-Gefilden wiederfindet. So baut schon der Opener Entering the scene eine unheimliche Atmosphäre auf, die in die anonyme Teartown übergeht. Was folgt sind metallische und verspielte Klänge, jedoch immer nachvollziehbar.

Die Kompositionen sind umfangreich, das Tempo wechselt mit wiederkehrenden Breaks.

Hinreißend sind die schönen Gitarrenmelodien für das fast elf-minütige Cincinatti Road, bei dem der Film im Kopf ein dramatisches Gewand annimmt. Immer, wenn man glaubt, dass keine Steigerungen mehr möglich sind, erwarten den Hörer neue Überraschungen. Der Final Curtain mit seinen Pianoklängen und Synth-Sounds bringen Gänsehaut und beinahe meine ich, dass man sich zum Ende des Songs ein wenig in den Neo-Prog wagt.

Wenn ich einen Song herausheben möchte, dann A new days rising, denn in diesem knapp 19-minüten Stück liefert die Band für mich die Message ab, dass es im Leben immer weiter geht, egal wie groß die Enttäuschung gewesen ist. Der Song macht den Spagat zwischen Entsetzen, Mutlosigkeit und Hoffnung auf bessere Zeiten. Ein Ausklang ins Nichts? Weit gefehlt, es geht weiter. Wer den Song hört, der weiß ab Minute 15, was ich meine.

RICOCHET haben an diesem Album sehr lange gearbeitet, herausgekommen ist ein perfektes Album, bei dem auch die Produktion glasklar, drückend undherausragend ist. Christian Heise singt in jeder Situation angemessen, die Grooves werden von Hans Strenge (b), Björn Tiemann (k) und Jan Keimer (d) bodenständig aufgebaut, wodurch sich die markanten Gitarrensounds von Heiko Holler in jeder Hinsicht gut akzentuiert durchsetzen können.

Das Album gibt auch dem ungeübten Progressiv-Hörer jederzeit die Chance, den Klängen zu folgen. Ohne irgendwo Kitsch aufzubauen, sind gepflegte eingängige Melodien vorhanden. Fast jeder Song wechselt mehrmals die Geschwindigkeit und gestaltet immer wieder neue Abläufe. Und genau das macht es zur Pflicht, die CD immer wieder von neuem zu starten. Es gibt sehr viel zu entdecken.

Hier dreht sich etwas sehr großes im CD-Player und ich hoffe, dass die Band da weiter machen wird, wo sie jetzt einen richtigen Winning-Point gesetzt hat. Denn ich bin schon jetzt gespannt, was folgen wird und wünsche mir, RICOCHET baldmöglichst einmal live sehen zu können.

Mein derzeitiger heißester Tipp für den Einstieg in die wunderbare Welt der progressiven Klänge!

Spielzeit: 72:26 min Min.

Line-Up:
Christian Heise – Vocals

Heiko Holler – Gitarre

Hans Strenge – Bass

Björn Tiemann – Keyboards

Jan Keimer – Schlagzeug

Homepage: http://www.teartown.com/

Label: Progrockrecords

Tracklist:
1. Entering the scene

2. Teartown

3. Disobedience

4. Silent retriever

5. Cincinatti road

6. Caught in the spotlight

7. Final curtain

8. The red line

9. A new days rising

Gastreview von Jogi

Jogis Rockfabrik

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