RIVERSIDE: Second Life Syndrome

Ein Meisterwerk ist "Second Life Syndrome" nicht, dazu fehlt es an Originalität und Innovationskraft sowie einem durchgängig hochklassigen Niveau. Dennoch sticht das zweite Album der Polen aus der Veröffentlichungsflut positiv hervor und sollte von Fans von ANATHEMA, PINK FLOYD oder PORCUPINE TREE zumindest angetestet werden.

RIVERSIDE waren die ganz große Überraschung des letztjährigen ProgPower-Festivals im niederländischen Baarlo. Der atmosphärische Artrock, mit immer wieder auftretenden Metal-Ausbrüchen und inspiriert von Bands wie PINK FLOYD, ANATHEMA oder PORCUPINE TREE, wurde mit Begeisterung aufgenommen. Nun ist das zweite Album der Polen erschienen, welches gleichzeitig der zweite Teil eines sich über insgesamt drei Alben erstreckenden Konzeptes ist. Das zentrale Thema dieses Konzeptes, die Suche eines Menschen nach seinem wahren Ich, ist genauso wenig innovativ und eigenständig wie die Musik. Die Mischung der verwendeten Zutaten funktioniert jedoch immer noch sehr gut und kann durchaus faszinieren, mehr noch als das Debütalbum. Das liegt zum einen daran, dass der Anteil an düsteren Metalklängen am Gesamtsound deutlich gestiegen ist, ist aber auch auf den neuen Keyboarder zurückzuführen: Michal Tapaj steht für ein sehr viel interessanteres und facettenreicheres Tastenspiel als sein Vorgänger. Zwar haben sich auch einige eher biedere Keyboardteppiche eingeschlichten, mit seinen tollen Hammondorgel-Riffs und seinem filigranem Piano-Spiel ist Tapaj dennoch eine klare Bereicherung für die Band. Zusammen mit den elegischen, floydschen Leadgitarren, die durch endlos langes Sustain glänzen, den interessanten Basslinien und dem wunderschönen, etwas zerbrechlichen Gesang von Mariusz Duda kreiert der neue Keyboarder der Band eine Musik, in die man wunderbar versinken kann. Langweilig ist Second Life Syndrome deshalb aber noch lange nicht. Die Polen lullen den Hörer mit hypnotischen Klängen ein, reißen ihn dann aber immer rechtzeitig mithilfe schwermetallischer Ausbrüche heraus aus der Traumwelt. Bei diesen Passagen, in denen die Gitarren heftig braten und Schlagzeuger Piotr Kotzieradzki mit treibendem Doublebass-Drumming seine Metal-Wurzeln offenbart, zeigt sich dann auch, dass Duda auch einen aggressiveren Schreigesang sehr gut beherrscht.

Höhepunkte des Albums sind das überlange und abwechslungsreiche Volte-Face mit seinen feinen Gitarren-Licks, das überwiegend metallische Artifical Smile sowie das ruhige, balladeske Conceiving You, welches die Band von ihrer eingängigen Seite zeigt. Der fünfzehnminütige Titelsong hingegen hätte durchaus ein wenig gestrafft werden können, und mit dem sperrigen Dance With The Shadow und dem etwas vor sich hinplätschernden Before fällt das Album gegen Ende ein wenig ab.

Ein Meisterwerk ist Second Life Syndrome somit nicht, dazu fehlt es an Originalität und Innovationskraft sowie einem durchgängig hochklassigen Niveau. Zudem wird der Genuss für Soundfetischisten durch den etwas verwaschenen Klang geringfügig getrübt. Gerade die metallischen Passagen könnten druckvoller und knackiger sein und wurden durch die Produktion nur suboptimal eingefangen. Trotz der genannten Schwächen sticht das zweite Album der Polen aus der Veröffentlichungsflut positiv hervor und sollte von Freunden der genannten Bands zumindest angetestet werden.

Veröffentlichungstermin: 28.10.2005

Spielzeit: 63:34 Min.

Line-Up:
Mariusz Duda – Bass, Gesang

Piotr Grudzinski – Gitarre

Piotr Kotzieradzki – Schlagzeug

Michal Tapaj – Keyboards
Label: InsideOut Music

Homepage: http://www.riverside.art.pl

Email-Adresse der Band: riverside@riverside.art.pl

Tracklist:
1. After

2. Volte-Face

3. Conceiving You

4. Second Life Syndrome

5. Artificial Smile

6. I Turned You Down

7. Reality Dream III

8. Dance With The Shadow

9. Before

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