WAR OF THE WORLDS [Filmkritik]

"War Of The Worlds" – Innovative Effektschlacht oder pures Recycling?

Steven Spielberg versucht sich nach Knuddelaliens à la E.T. nun an den bösen Besuchern aus dem All. Basierend auf dem literarischen Werk War of the Worlds von H.G. Wells, welches dank Radiohörspiel von Orson Welles im Amerika der 30er Jahre bereits eine Massenpanik ausgelöst hat, schmiedet Spielberg sein neuestes Action-Monumentalwerk, in dem Tom Cruise als zufälliger Held gegen die Außerirdischen kämpfen darf.

Hafenarbeiter Ray Ferrier (Cruise) muss an einem Wochenende seinen Pflichten als geschiedener Vater nachkommen und beherbergt seine Kinder Rachel (Dakota Fanning) und Robbie (Justin Chatwin). Als von merkwürdigen Gewittern in der Ukraine berichtet wird, denkt sich niemand etwas dabei. Erst als ein Sturm mit abartigen Blitzen und ohne Donner auch Amerika heimsucht und sowohl die Stromversorgung als auch sämtliche Autos lahm legt, nimmt das Grauen Gestalt an. Ray gehört zu den Gaffern, welche sich das von elf Blitzen in den Boden geschlagene Loch genauer anschauen, aus dem wenige Minuten später der erste gigantische, außerirdische Tripod ausbricht und sogleich damit beginnt, gezielt Menschen zu pulverisieren. Von Bildern gejagt, welche an das reale Horror-Szenario 9/11 erinnern, rennt Ray nach Hause, schnappt sich seine Kinder und seine Knarre (die NRA wird sich freuen), klaut den einzigen Chrylser Van, der noch funktioniert und macht sich aus dem Staub, bevor sein ehemaliges Zuhause zu solchem zerfällt. Ziel der Odyssee ist Boston, wo die Mutter mit ihrem neuen Partner bei ihren Eltern zu Besuch ist.

Der Rest des Films folgt dem Motto Der Weg ist das Ziel. Die Exterminierung der USA hat offensichtlich mittels Tripods, welche sich von menschlichem Blut ernähren, begonnen. Munter klaut Spielberg Effekte, Bilder und Erklärungen von sich selbst und von anderen Sci-Fi Werken vergangener Jahre. Maschinen, die sich in düsterer Art und Weise von Menschen ernähren? Alles in der Matrix-Trilogie schon eindrücklicher und mit besseren Erklärungen genossen. Roboterfühler, welche Menschen in dunklen Kellern aufspüren? Spielberg hat es in Minority Report schon gezeigt. Menschen, die zwecks Gefangennahme von unheimlichen Maschinen in die Höhe gehievt werden? In abgewandelter Manier bereits in A.I. zu genüge gesehen. Der amerikanische Mann Cruise, der von einem überdimensionalen Gebärmutterhals in den außerirdischen Uterus gesaugt wird und so die von Freud erklärte Urangst des Mannes widerspiegelt? Die Möglichkeit, für alle psychoanalytisch veranlagten FilmwissenschaftlerInnen zu sagen Ich habe es schon immer gewusst und sogleich eine Semesterarbeit dazu zu verfassen. Beklemmende Bilder, wie vom Himmel fallende Kleider pulverisierter Mitmenschen und im Fluss schwimmende Leichen? Diese Szenen tragen zwar die Spielbergsche Handschrift, waren in ähnlicher Manier in Schindler´s List jedoch eindrücklicher.

War of the Worlds bietet nicht munter patriotisches Popcorn-Kino wie das überragende Independence Day neun Jahre zuvor. Zu tief sitzen Terrorangst und 9/11. Politisch korrekt werden keine Wolkenkratzer bombardiert, dafür kommt ein Flugzeug vom Himmel. Die US-Armee verteidigt tapfer die Heimat und Sohnemann Bobbie fragt seinen Vater gleich nach Beginn der ersten Alien-Attacke: Is it the terrorists? – Vater: No, it´s from somewhere else. – Sohn: From Europe?. Hier weiß man als Europäer in der Tat nicht, ob man lachen oder weinen soll angesichts der aktuellen politischen Lage. Beim an das Fenster geklebten Peanutbutter-Toast fällt diese Entscheidung um einiges leichter.

Was am Ende bleibt ist ein düsteres Multimillionen Effekt-Spektakel mit einem kitschig-schlechten Schluss (davor war bereits Minority Report nicht gefeit) und reichlich Material für die Movie Mistakes-Sammlung. Plot- und ideenmäßig hat man alles in der Matrix-Trilogie schon tausendmal besser gesehen, Cruise bleibt auf eine Art immer Cruise, die stilistischen Soundtrackfeinheiten bei John Williams werden sich wohl auch nie mehr ändern. Schauspierisch fesselt Dakota Fenning auf jeden Fall mehr und die bange Frage Wie viele Therapiestunden braucht Rachel nach dem Erlebten? steht nach dem Filmschluss noch im Raum. Dann wird man allerdings auch das Gefühl nicht los, dass Spielberg in War of the Worlds einfach zum Eigenrecycling übergegangen ist, statt mit neuen Ideen zu fesseln. Und sich in seiner Freizeit offenbar lieber Matrix und aktuelle Werbespots der US-Armee reinzieht als Independence Day.

Veröffentlichungstermin: 29.06.2005

Spielzeit: 117:00 Min.

Line-Up:
Steven Spielberg: Regie

Tom Cruise: Ray Ferrier

Rachel: Dakota Fanning

Robbie: Justin Chatwin

Als Erzähler wirkt zudem Morgan Freeman mit, auch Tim Robbins hat eine kleinere Rolle.

Produziert von Steven Spielberg
Label: DreamWorks Distribution LLC

Homepage: http://www.waroftheworlds.com

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