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NEAERA: Zur richtigen Zeit am richtigen Ort

Die Münsteraner Formation NEAERA hat im letzten Jahr mit nur einem Demo einen Vertrag bei Metal Blade ergattert und kurze Zeit später mit einem ersten Hammer-Album die passende Rechtfertigung liefern können. Wie das so kam und wie das so mit dem leidigen Thema Metalcore ist, das erzählte mir Sänger Benny Hilleke.

Es war einmal eine Band, die hieß THE NINTH GATE. Diese hatte ein Demo aufgenommen und diverse Kopien an kleinere und größere Labels geschickt. Zum Spaß probierte man es auch bei Metal Blade und landete prompt einen Volltreffer. Man benannte sich in NEAERA um und nahm zusammen mit Produzent Andy Classen das Debüt “The Rising Tide Of Oblivion” auf, das auch wie eine kleine Bombe einschlug und durchweg gute Kritiken einfahren konnte. Zurecht, denn so ausgefeilt und trotzdem eingängig hat sich lange kein Newcomer präsentiert. Sänger Benny Hilleke erzählte mir, wie das alles so kam, wie das mit dem leidigen Thema Metalcore ist und was textlich hinter den Songs der Münsteraner steckt.

Hallo Benny, fangen wir gleich mal an mit einem Thema, das dir vielleicht auf die Nerven geht: Fragen zum Thema Metalcore…

(lacht) Ja, was will man machen…

Da kommst du jetzt mal nicht drumherum. Wie ist das, seht ihr euch überhaupt als Metalcore-Band?

Das ist ein bisschen schwierig. Metal Blade offerieren uns ja auch als Metalcore-Band und dann ist es natürlich auch schon gleich schwer da wieder rauszukommen. Wir haben natürlich schon den ein oder anderen Moshpart mit drin, aber ich würde eigentlich schon sagen, dass wir eher zu 90% Death Metal und zu 10% Hardcore sind. Wirklich stören tut mich das auch gar nicht, wenn uns jemand so bezeichnet. Bei uns ist das sowieso immer schnell gesagt. Wir haben fast alle kurze Haare und tragen Turnschuhe und dann ist man schnell in der Schublade drin. Das Schlimme daran ist einfach nur der Ruf, den Metalcore zur Zeit hat. Es existieren mittlerweile eben schon so viele Sachen und es waren nicht immer nur Super-Releases dabei. Deswegen haben manche Leute da schon Vorurteile.

Die sagen dann Dinge wie “Das höre ich mir schon gar nicht mehr an”…

Genau. Die machen von vorneherein die Ohren zu und packen einen in die Schublade. Von daher nervt es schon, da es so um so schwieriger ist, die Leute davon zu überzeugen, dass man eben nicht dieses 08/15-Gedöns macht. Daher stört mich das schon etwas. Andererseits, wenn man sich Bands wie KILLSWITCH ENGAGE oder UNEARTH betrachtet: das sind Super-Musiker und die Songs treten ordentlich Arsch. Oftmals wird einem dann auch gesagt, dass Metalcore eben nur so eine Welle ist, die bald wieder vorbei ist. Aber bei den Bands kann ich mir das überhaupt nicht vorstellen, weil sie musikalisch wirklich total gut sind. Aber noch mal zur Frage: Ich würde uns als melodischer Schweden Death Metal bezeichnen mit ein bisschen Mosh dabei.

Habt ihr eigentlich mehr einen Metal- oder einen Hardcore-Background? Oder beides?

Das ist auch sehr schwierig. Ich selbst bin mehr über den Hardcore zum Metal gekommen. Vor fünf oder sechs Jahren habe ich angefangen in die Richtung reinzuhören und kam dann Schritt für Schritt mehr Richtung Metal. Unserer Gitarrist Stefan Keller hat zum Beispiel einen reinen Metal-Background. Das ist immer witzig, wenn dann mal Namen von Hardcore-Bands, manchmal sogar Hardcore-Größen, fallen, dann weiß er damit gar nichts anzufangen. Bei Tobi, unserem anderen Gitarristen, ist es ähnlich wie bei mir. Er hat noch wesentlich früher angefangen diese Art von Musik zu hören und hat sich dabei immer weiter zum Metal entwickelt. Im Grunde ist das bei uns allen so ähnlich, bis auf Stefan, der eben wirklich einen reinen Metal-Background hat.

Es gibt ja jetzt auch immer mehr wirklich gute Metalcore-Bands und es wird immer schwerer Akzente zu setzen. Habt ihr an so etwas gedacht, als ihr angefangen habt?

Als wir angefangen haben, war die Diskussion noch gar nicht so extrem aktuell. Wir sind zwar auch noch nicht wirklich lange dabei, aber das kam zu der Zeit trotzdem erst so nach oben, mit Bands wie HEAVEN SHALL BURN. Da war das auch noch gar nicht so verrufen. Das ging dann sehr schnell und mittlerweile sieht man sogar immer öfter, wie Bands versuchen, den Core-Aspekt von sich zu weisen. Ich mache hier ja gerade im Grunde auch fast nichts anderes, hahaha. Es wundert mich selber auch etwas. Es war uns durchaus bewusst, dass es schwierig sein würde Akzente zu setzen und dass man sich den ein oder anderen Vergleich gefallen lassen muss. Vergleiche finde ich auch völlig in Ordnung, nur wenn man eben als Kopie bezeichnet wird, dann ist das schon sehr ärgerlich. Das war vielleicht unsere größte Sorge. Aber im Grunde haben wir uns in der Richtung eher wenige Gedanken gemacht. Wir haben unser aufgenommenes Demo auf gut Glück zu sieben oder acht Labels geschickt. Unter anderem zu Metal Blade, was eigentlich mehr aus Spaß geschah. Es war verrückt, wir dachten einfach, es kann nicht schaden das einfach mal zu versuchen und haben dann tatsächlich eine Rückmeldung bekommen.

Das Ganze war ja jetzt praktisch ein Blitzstart. Meinst du, das wäre ohne den Hype im Metalcore überhaupt möglich gewesen?

NEAERA: The Rising Tide Of Oblivion
Hat durchweg gute Kritiken eingefahren: Das Debüt ´The Rising Tide Of Oblivion´

Ganz ehrlich gesagt: Nein. Ich bin mir ganz sicher, dass es dann nicht so der Fall gewesen wäre. Wir waren schon zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Zudem hatte Andreas, der uns quasi entdeckt hat, wahrscheinlich noch eine extrem gute Laune an dem Tag, haha. Aber ich denke ehrlich, dass es ohne den Hype, der ja zu dem Zeitpunkt aktuell war und auch noch ist, nicht so abgelaufen wäre. Metal Blade haben zu der Zeit, glaube ich, auch eine Metalcore-Band gebraucht und gesucht. Da haben wir anscheinend gut ins Schema gepasst.

Wahrscheinlich auch die Idee, DEN Newcomer zu entdecken…

Ja, das kann auch gut sein. Aber wir sind uns eigentlich alle mehr oder weniger einig, dass es ohne diesen Hype schwierig gewesen wäre aufzufallen.

Seht ihr darin ein Problem, dass ihr ein Strohfeuer sein könntet?

Das ist so eine Sache. Immer mehr Kritiker und Zeitschriften bezeichnen uns mittlerweile mehr als Death Metal. Und das ist ja praktisch was solideres. Das gab es schon vorher und das wird es auch danach noch geben. Beim Metalcore glaube ich aber auch, dass es das noch lange geben wird. Ich denke, es gibt da einfach ein paar Leute, die sich da zu sehr drüber aufregen und daher schon jetzt den Untergang prophezeien. Im Gegensatz zum NuMetal hat der Metalcore aber noch eine ganze Bewegung mit sich gebracht. Da sind eine Menge Hardcore-Kids dabei, die sich unter anderem ein bisschen in Richtung Metal entwickelt haben. Und im Gegenzug auch Metaller, die schon immer offener für Hardcore waren. Von daher glaube ich nicht, dass man das als Modeerscheinung abtun kann. Die Bands, die wirklich gut sind, wie KILLSWITCH ENGAGE, HEAVEN SHALL BURN, UNEARTH und viele, viele andere, die verschwinden nicht einfach so. Dass wir dann auch das Glück haben, nicht unterzugehen, das hoffe ich jetzt einfach mal, haha.

Glaubst du, ihr sprecht jetzt eher offenes Publikum an und aufgrund des Labels “Metalcore” gehen euch viele Death Metal-Fans durch die Lappen, weil sie sich es vielleicht erst gar nicht anhören?

Das ist auf jeden Fall ein ganz wichtiger Punkt. Wir haben glücklicherweise zwischendurch auch reine Metalshows gespielt. Es ist nicht so, dass uns die Hardcore-Shows nicht gefallen, aber das ist trotzdem wichtig für uns. Wir haben zum Beispiel mit SOUL DEMISE oder auch mit GOD DETHRONED gespielt. Es ist cool zu wissen, dass da auch wirklich Leute mit Kutten und langen Haaren kommen. Da sind dann auch wirklich viele dabei, die uns vorher noch nie gehört haben und trotzdem positiv überrascht sind. Auf dem GOD DETHRONED-Gig kam sogar hinterher ein richtiger Alt-Metaller auf uns zu und sagte uns, dass es ihm trotz kleiner Vorurteile, die er aufgrund unserer kurzen Haare hatte, sehr gut gefallen hat. Auf unseren Shows mit reinen Metal-Bands wurden die Haare auch gut geschüttelt, wie man so schön sagt. Vielleicht müssen wir versuchen, noch mehr auf reinen Metal-Shows zu spielen, damit man auch Leute erreicht, die sich das vielleicht sonst nicht anhören würden.

Ihr habt euch ja vorher THE NINTH GATE genannt und die Band wurde von Tobias als Nebenprojekt zu seiner Band MALZAN gegründet. Ich denke, mittlerweile hat NEAERA Priorität. Gibt es MALZAN überhaupt noch?

Nein, MALZAN gibt es nicht mehr. Tobi ist sowieso kurz nach der Gründung von THE NINTH GATE ausgestiegen. Keine anderthalb Monate später haben sich dann MALZAN auch aufgelöst. Nach und nach sind dann auch die Überreste von MALZAN zu THE NINTH GATE übergewandert. Benjamin Donath zum Beispiel, der jetzt bei uns Bass spielt, hat früher bei MALZAN Gitarre gespielt und Stefan Keller, der jetzt die zweite Gitarre spielt, hat bei MALZAN den Bass bedient. Sebastian und ich sind also die einzigen, die mit MALZAN nichts zu tun hatten.

Wann sind denn die Songs entstanden, die jetzt auf dem Debüt zu finden sind? Noch zu THE NINTH GATE-Zeiten oder erst, als ihr den Vertrag mit Metal Blade hattet?

Das war noch zu THE NINTH GATE-Zeiten. Wir hatten im Oktober oder November 2003 unser erstes Konzert und hatten zu dem Zeitpunkt fünf oder sechs Songs, wovon drei jetzt auf dem Album mit drauf sind. Die drei anderen haben wir im Laufe der Zeit verworfen.

Seid ihr denn durch die Tatsache, dass eure Arbeit über Metal Blade erscheinen wird anders an das Material herangegangen?

NEAERA: Benny Hilleke
Lässt seine Wut auch mal über die Musik raus: Benny Hilleke

Das kann ich jetzt nicht wirklich beurteilen, weil ich die Songs ja nicht mitschreibe, das tun unsere beiden Gitarristen. Ich glaube allerdings nicht, dass das der Fall ist, denn letzten Endes haben uns Metal Blade ja wegen unserer eingeschickten Demo genommen. Deshalb wollten wir auch der eingeschlagenen Richtung treu bleiben. Durch den Einstieg von Stefan Keller wurde das Material vielleicht noch ein kleines bisschen metallischer. Gesangstechnisch habe ich mich außerdem noch etwas von THE BLACK DAHLIA MURDER beeinflussen lassen, die ich sehr geil finde, und habe diese zwei Gesangsstile einfließen lassen. Dieser Mix aus Kreischen und Growls kam auf den alten Songs in dieser Form nicht vor.

Ich finde die Growls werten die Songs enorm auf und könnten meiner Meinung nach sogar noch mehr Verwendung finden.

Danke! Dann warte mal das zweite Album ab, hahaha.

Warum gibt es keinen Song, wo die Growls maßgebend sind? Sie kommen mir mehr oder weniger nur ergänzend vor.

Ich kann es jetzt vielleicht schon mal andeuten: Die neuen Songs werden wesentlich Growl-lastiger und metallischer ausfallen. Der Hardcore-Aspekt wird dann vielleicht noch da sein, aber noch mehr in den Hintergrund treten. Insgesamt wird es wahrscheinlich etwas düsterer werden.

Cool. Ihr habt ja mit Andy Classen produziert. War das euer Wunschkandidat oder der von Metal Blade?

Das war ganz witzig. Unser Gitarrist sagte schon vorher, dass es sehr cool wäre, das Album mit Andy Classen aufzunehmen. Allerdings wussten wir damals gar nicht, inwiefern wir da freie Entscheidung haben. Als wir dann zu Metal Blade fuhren, kam es dann auch auf das Thema, in welches Studio wir gehen sollten. Als wir dann dort am Tisch saßen, schlug Andreas von Metal Blade selber Andy Classen vor, und das ließen wir uns natürlich nicht zweimal sagen.

Kommen wir mal zu eurem Namen. Neaera war eine Frau in der griechischen Mythologie, warum habt ihr den Namen gewählt?

THE NINTH GATE musste damals schnell gewählt werden. Es stand ein Konzert vor der Tür und der Veranstalter brauchte einen Namen. Tobias schlug THE NINTH GATE vor und den nahmen wir dann kurzerhand. Später merkten wir dann, dass es einen Film gibt, der im englischen Original genauso heißt und wir entschieden uns, dass ein anderer her musste, weil es blöd ist genau wie ein Film zu heißen. Wir standen dann vor dem Problem der Namensfindung, was wahrscheinlich fast jede Band kennt. Da kamen dann 500 völlig bescheuerte Vorschläge, an denen ich auch größtenteils nicht ganz unschuldig war (lacht). Stefan erzählte uns dann von einem Buch namens “Paradise Lost” und darüber stießen wir auf den Name NEAERA. Der Name gefiel uns eigentlich auf Anhieb. Obwohl es natürlich ein schwieriger Name ist, bei dem ich mich selber teilweise noch verschreibe, gefiel uns der Klang. Wir fanden die Schreibweise auch gut und einprägsam. Vom Hintergrund – nämlich der sexuellen Sklaverei der Frau – passte das auch, da wir auch einige Texte zu diesem Thema haben. Von daher passte eigentlich alles zusammen und wir haben uns für den Namen entschieden. Das ist praktisch die Geschichte der NEAERA (lacht).

Die Texte sind ja sehr vielseitig, mal sehr deutlich, mal eher rätselhaft, aber zu keiner Sekunde zu klischeehaft.

Ja, wir haben natürlich nicht dieses “Ich fresse Kinder”-Klischee. Das ist es vielleicht auch, was bei uns den Hardcore-Aspekt ausmacht. Ich bin zum Beispiel auch sehr großer Fan von HEAVEN SHALL BURN und mir gefallen deren Texte auch sehr gut. Bei uns schreiben Stefan und ich die Texte. Wir sprechen uns vorher etwas ab, über was wir ungefähr schreiben, was uns vielleicht aufregt oder ärgert. Daher sind sie vielleicht von der Thematik sehr vielseitig und in der Art und Weise sehr unterschiedlich. Stefan ist zum Beispiel eher der Mann für die Metaphern und ich bin vielleicht eher einer, der die direkteren Texte verfasst.

Wie wichtig sind euch die Texte im Vergleich zur Musik?

Sie sind schon sehr wichtig. Ich hätte zum Beispiel keine Lust diese eben genannten Klischees zu besingen. Sicher, das kann auch mal Bock machen, aber ich denke, wenn man meint, dass man etwas zu sagen hat, dann sollte man das auch machen. Dass die Musik letztendlich dafür verantwortlich ist, dass alles irgendwie Arsch tritt, und dadurch vielleicht auch wichtiger ist, ist mir auch klar. Aber ich – und auch die anderen in der Band – finde eigentlich, dass die Texte wichtig sind, und man nicht irgendeinen Käse dahinschreibt. Wir lesen auch die Texte untereinander vorher durch und sprechen vorher ab, ob sie allen gefallen. Und letztendlich muss man natürlich sagen, dass es kein großes Problem ist, wenn jemanden die gesellschaftskritischen Texte nicht interessieren. Dadurch, dass alles sehr geschrien und gegrowlt ist, versteht man unterm Strich ja doch nichts (lacht). Wer also an den Texten interessiert ist und diese verfolgen will, der muss sie im Grunde auch lesen. Es gibt Leute, die haben da Bock drauf, andere nicht, die wollen nur die Musik hören und moshen und achten dann sowieso nicht auf die Texte.

“The World Devourers” zum Beispiel ist offensichtlich ein Song gegen Gewalt. Ganz allgemein oder hat der einen bestimmten Hintergrund?

Den Text hat Stefan geschrieben. Oftmals ist es so, besonders bei Stefan, dass er irgendetwas im Fernsehen sieht, was ihn dann aufregt oder beschäftigt. Bei “The World Devourers” weiß ich jetzt nicht, wie der Text speziell entstanden ist. Bei “Anthem Of Despair” zum Beispiel geht es ja um einen Völkermord in Ruanda. Ich denke mal “The World Devourers” ist wesentlich allgemeiner gehalten. “The Definition Of Love” zum Beispiel behandelt ja ein sehr spezielles Thema, das auch auf einem Hintergrund basiert.

Auf einer Vergewaltigung?

Ja, der Text ist von mir und ich habe von einer Freundin damals viele wirklich üble Geschichten gehört und das hat mich so wütend gemacht, dass ich diesen Text so verfasst habe.

Er ist sehr direkt, das stimmt.

Ja, der ist sehr direkt.

Kommen wir zu “Walls Instead Of Bridges”. Welche Mauern sind gemeint?

Es sind vielleicht die allgemeinen Mauern. Das Gewaltthema kommt da ja auch wieder zum Ausdruck. Es geht vor allem auch um mediale Gewalt, um Mauern, die man sich nicht traut zu durchbrechen, eine Brücke zu schlagen, um einen gemeinsamen Punkt zu finden und der Gewalt aus dem Weg zu gehen.

NEAERA 2005
90% Death Metal, 10% Hardcore – NEAERA sind Benjamin Donath (b), Tobias Buck (g), Benny Hilleke (v), Stefan Keller (g) und Sebastian Heldt (d).

Wie steht ihr bandintern zum Thema Religion? “Where Submission Reigns” beschäftigt sich ja mit dem Thema…

Ja, da hast du jetzt wieder den richtigen am Telefon, denn ich bin der einzige in der Band, der noch irgendwie an Gott glaubt. Ich würde mich nicht als den Ober-Christen bezeichnen, aber ich glaube schon an Gott, oder an irgendetwas ähnliches. Bei den anderen sieht das fast komplett anders aus. Sie glauben nicht an den Teufel oder so, aber sie können damit eben nicht viel anfangen. Bei “Where Submission Reigns” geht es vor allem um das Thema, was alles im Namen Gottes passiert, nämlich Kriege, Kreuzzüge und ähnliches. Die eine Textzeile heißt ja auch “God´s will or your will?”. Es geht um Leute, die sich hinter dem Deckmantel Gottes verstecken und dabei auch andere Leute mit ihrer angeblichen “göttlichen Botschaft” beeinflussen. Das Schlimme ist ja, dass viele Leute denen dann immer folgen, in welcher Hinsicht auch immer. Das ist auch für mich, egal ob ich jetzt an Gott glaube oder nicht, ein Problem. Es kann einfach nicht sein, dass man den Namen Gott oder die Institution Kirche zum Beispiel für Kriege benutzt.

Es ist bei uns allerdings sehr schwierig, denn Stefan würde zum Beispiel gerne auch mal ein paar Texte schreiben, die die ganze Religionsgeschichte noch stärker anzuzweifeln, was ich dann aber ablehne, weil ich nicht ganz dahinterstehe.

Du musst das ja dann auch vortragen…

Ja, genau, ich muss es ja dann auch singen und dafür finde ich es wichtig, dass ich auch dahinter stehe. Wir haben jetzt für das nächste Album zum Beispiel einen ähnlichen Text. Der dreht sich um die Papstwahl, wo jetzt praktisch genau derselbe Ochse gewählt wurde, der auch nichts an den Zuständen ändern wird, zum Beispiel das Aids-Problem in der dritten Welt, das durch die Ablehnung von Verhütung niemals besser werden wird. Ich trenne persönlich auch ganz klar zwischen Glaube und Kirche und dem ganzen Kack, der da dahintersteht. Ich gehe niemals in die Kirche, weil ich das einfach als Schwachsinn ansehe. Da wird irgendetwas zelebriert, was aber nur der Kirche zu Gute kommt. Dass das im Sinne Gottes ist, wage ich stark zu bezweifeln. An diesem Punkt treffe ich mich mit meiner Einstellung mit den anderen aus der Band und das schafft die Grundlage für Texte, wie “Where Submission Reigns”.

An welche Person oder Nation richtet sich das kritische “Hibernating Reason”?

“Hibernating Reason” wurde damals von Stefan geschrieben und war in seiner Ur-Version wesentlich direkter. Damals war die Bush-Wiederwahl aktuell und kam im Text sogar explizit vor. Wir dachten dann allerdings, dass wir uns nicht auch noch in das “Punker-Anti-Bush-Klischee” einreihen müssen, deshalb ist der Text jetzt allgemeiner und richtet sich neben Bush auch an viele Leute, die hohe Positionen innehaben und dadurch auch ständig einen Machtmissbrauch begehen.

Das ist auch gut so, denn diese Kritik ist ja schon so weit verbreitet, dass sie schon fast wieder nichtssagend ist, weil es einfach “in” zu sein scheint.

Ja, es ist ja auch im Grunde wichtig, aber wir wollten nicht auch noch in die Fußstapfen anderer treten und noch einen weiteren “Fuck Bush”-Text schreiben, sondern auch zeigen, dass es bei anderen Leuten nicht anders ist.

Die Themen von euch sind ja ziemlich vielseitig. Wir hatten ja eben schon die Konfliktsituation Religion. Gibt es ansonsten Grenzen für euch, Themen über die ihr nicht singen würdet?

Ja, das mit der Religion. Ich muss an dieser Stelle noch mal betonen, dass ich nicht der Mega-Christ bin, nicht, dass das jetzt so rüberkommt, haha. Ich würde allerdings nicht singen: “Gott du bist scheiße, du baust nur Dreck, holt den Teufel hoch” oder so etwas. Das ist die eine Grenze. Es gibt natürlich mehrere Grenzen, gerade, da wir ja auch besonders bei den Texten diesen Hardcore-Background haben. Wir werden also auch nicht das Thema vom “Kinderfressen”, worüber wir vorhin schon geredet haben, aufgreifen. Das ist schon ein Tabu für uns.

Ich finde es schon sehr gut so, wie es ist.

Danke schön! So in der Art wird es auch immer bleiben, denke ich mal.

Das ist gut… gute Pressereaktionen habt ihr ja in letzter Zeit gehabt…

Ja, übrigens auch danke schön an Vampster! Ich weiß nicht mehr, wer es geschrieben hat, aber es war ein cooles Review. Die Pressereaktion war allgemein überraschend positiv.

Das ist ja nicht immer ein Indikator für gute Verkaufszahlen. Wie hat sich das Album bis jetzt verkauft?

Leider liegen uns selber auch noch nicht die Verkaufszahlen vor. Aber Metal Blade sagte uns, dass es für einen reinen Newcomer, ohne vorherige Fanbase, sehr gut läuft. Das ist allerdings nur die Aussage von Metal Blade, da kann ich selber gar nichts zu sagen. Ich kann nur sagen, dass wir auf Shows auch ganz gut verkaufen, daran kann ich es vielleicht ein bisschen abschätzen. Mir liegt also auch nur die Metal Blade-Aussage vor.

NEAERA Logo

In Münster habt ihr ja schon eine recht solide Fanbase, wie ich gehört und gesehen habe.

Hast du uns schon mal gesehen, irgendwo?

Ja, zuletzt beim Münster Metal Mayhem.

Cool! Hat’s dir denn soweit gefallen?

Sehr gut, aber euer Sound war leider sehr schlecht.

Ja, das hab ich schon gehört. Das ärgert mich auch und es ist sehr schade, denn es war ein tolle Gelegenheit dort zu spielen. Aber das zog sich ja glaube ich durch das ganze Festival…

Ja, MAROON hatten sehr guten Sound, viele andere allerdings nicht. Auch NAPALM DEATH nicht.

Ja, das stimmt. Kommen wir mal zur Frage. Es ist schon überraschend, gerade für Münster war das schon großartig. Schon bei unserer Record-Release-Party waren sehr viele Leute und auch beim Münster Metal Mayhem. Da habe ich gar nicht mit gerechnet. Ich weiß nicht, ob du das mitbekommen hast, aber in den ersten Reihen konnten manche sogar unsere Texte mitsingen. Ich habe echt Gänsehaut bekommen.

Die Songs gehen halt gut rein.

Danke schön, haha. Das lasse ich jetzt mal so stehen.

Ja, es war zum Beispiel in Münster kein Vergleich zu eurem Auftritt hier in Frankfurt, wo euer Sound zwar gut, aber der Laden eben praktisch leer war. Wie ist das bei euch sonst so? War das bei uns extrem schlimm?

Es war schon eine Ausnahme und wirklich sehr wenig. Wir sind halt auch reine Newcomer und viele haben noch nie von uns gehört. Aber es war trotzdem schon extrem leer.

Wie sieht es mit weiteren Tourplänen aus?

Ja, jetzt geht’s bei uns noch mal richtig rund. Im Juli und August spielen wir viele einzelne Konzerte. Und im September gehen wir bis Oktober auf Tour. Das wird im Rahmen der Hell On Earth Tour laufen und ein richtig dickes Ding werden, da das europaweit ist und AS I LAY DYING, HEAVEN SHALL BURN und andere coole Bands mit dabei sind.

Seid ihr da bei allen Dates dabei?

Ja, genau. Wir sitzen also alle in einem Bus und grasen dann Europa ab, haha. Das sind dreieinhalb Wochen und da kann man schon einige Städte spielen. Im November haben wir noch ein paar einzelne Daten und im Dezember gehen wir noch einmal auf eine einwöchige Tour mit einigen Acts, die aber noch nicht definitiv bestätigt sind.

Kommt ihr dabei noch dazu das nächste Album weiterzuführen?

Ja, das hoffe ich. Wir haben jetzt noch drei Wochen keine Gigs und auch bereits fünf Songs fertig, von daher denke ich, dass das kein Problem sein wird. Im Januar wird es wieder ins Studio gehen, so dass das Teil vielleicht im April nächsten Jahres erscheinen wird. Von daher denke ich, dass es kein Problem sein wird das nächste Album weiterzuschreiben.

Das wieder auf Metal Blade erscheinen wird?

Ja, wir haben bei Metal Blade einen Vertrag über drei Alben. Wir sind auch sehr zufrieden, denn Metal Blade ist einfach ein super Label. Wir sind sehr, sehr zufrieden, dass wir da gelandet sind.

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