VISIONS OF ATLANTIS: Cast Away

Ein NIGHTWISH-Klon mit einer guten Sopranistin, aber einem umso schwächeren männlichen Gegenpart sowie einem gefährlich hohen Kitschfaktor und Songideen, die dem Original größtenteils nicht ebenbürtig sind.

Oh je, was haben sich Napalm Records nur dabei gedacht, als sie diese Band unter Vertrag genommen haben? Cast Away, das zweite Album von VISIONS OF ATLANTIS, bildet einen Gegenpol zum zeitgleich erschienenen neuen DARKWELL-Album. Wo letzteres sperrig ist und erst nach und nach seine wahren Qualitäten entfaltet, regieren auf Cast Away einfache Strukturen und Melodien. Das alleine wäre ja nicht zwangsläufig schlecht. Jedoch haben wir es hier mal wieder mit einem der vielen NIGHTWISH-Klone zu tun, wobei sich VISIONS OF ATLANTIS derart nah an ihren so offensichtlichen Vorbildern orientieren, dass man geneigt ist, der Band die Existenzberechtigung abzusprechen. Die Österreicher setzen also auf orchestralen, keyboardlastigen Bombast-Metal und arbeiten dabei sowohl mit opernhaftem Soprangesang als auch mit einem männlichen Gegenpart. Sängerin Nicole ist dabei zwar mit ihrer voluminösen Stimme rein technisch gesehen sehr souverän und steckt die meisten ihrer Konkurrentinnen in die Tasche. Jedoch versucht sie viel zu deutlich, NIGHTWISH-Tarja nachzueifern und kommt über weite Strecken des Albums nicht über eine Imitation hinaus. Sänger Mario hingegen könnte mit seinem dünnen Stimmchen, mit dem er immer wieder an seine Grenzen zu stoßen scheint, einer Boygroup entsprungen sein und stellt einen großen Schwachpunkt dieser Platte dar.

Leider kann auch das Songmaterial nicht mit dem der Originale mithalten. Das Problem ist dabei nicht, dass die Lieder mit beliebigen Melodien vor sich hinplätschern und nicht ins Ohr gehen wollen, wie es bei so vielen anderen Bands der Fall ist. Einzig bei State Of Suspense und Last Shut Of Your Eyes ist dies festzustellen. Nein, auf Cast Away gibt es sogar eine Menge gut ins Ohr gehender Melodien. Pharao´s Repentance, Lost und Lemuria etwa entwickeln sich schnell zu richtigen Ohrwürmern. Diese Melodien sind jedoch derart simpel und oft auch kitschig, dass man die genannten Songs schon fast als Schlager-Metal bezeichnen könnte – wenn man die Musik auf Cast Away denn überhaupt noch als Metal einordnen möchte. Ein weiteres Problem der Scheibe besteht nämlich in der mangelnden Durchschlagskraft insbesondere bei den Drums und den verwaschen klingenden, zu sehr in den Hintergrund gemischten Gitarren. Das Keyboard kleistert so mit seinen nicht eben originellen Sounds alles zu, und würde man die Gitarren gänzlich entfernen und einige zu metallastige Drumfiguren abändern, so könnten Songs wie Realm Of Fantasy oder eben Lemuria schon fast in den berüchtigten Musiksendungen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens gespielt werden.

Um dieser Scheibe gerecht zu werden, sei noch die Ballade Winternight erwähnt, bei der Nicole, begleitet von Piano und Streichern, mal ganz alleine singen darf und dabei zeigt, dass sie nicht nur die Tarja machen kann. Interessanterweise ist dieses Stück sogar weniger kitschig ausgefallen als ein Großteil der anderen Tracks. Das reicht jedoch nicht aus, um das Album zu retten. Auch NIGHTWISH-Jünger sollten es sich gut überlegen, ob sie ihr Geld für diese dreiste und unterdurchschnittliche Kopie ausgeben wollen.

Veröffentlichungstermin: 29.11.2004

Spielzeit: 40:39 Min.

Line-Up:
Nicole – vocals

Mario – vocals

Miro – synthesizer

Werner – guitars

Mike – bass

Thomas – drums

Label: Napalm Records

Hompage: http://www.visionsofatlantis.com

Tracklist:
1. Send Me A Light

2. Cast Away

3. Lost

4. Realm Of Fantasy

5. Pharaoh´s Repentance

6. Winternight

7. State Of Suspense

8. Lemuria

9. Last Shut Of Your Eyes

10. Bonus: Lost video clip

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