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WOBBLER: Von drauß´ vom Walde kommen wir her

WOBBLER stehen für skandinavischen Progrock mit Gänsehaut-Melodien, brennende Hammond-Orgeln im Schnee und Stücke mit Titeln wie Imperial Winter White Dwarf. Jeden Tag entdecken neue Fans die ausladenden Epen der Norweger, die drauf und dran sind, in der internationalen Szene einiges an Staub aufzuwirbeln. Tastenmann Lars Fredrik Frøislie erzählt im Interview von seiner Naturverbundenheit, von der Arbeitsweise der Band sowie von der Authentizität echter Instrumente.

WOBBLER stehen für skandinavischen Progrock mit Gänsehaut-Melodien, brennende Hammond-Orgeln im Schnee und überlange Stücke mit Titeln wie Imperial Winter White Dwarf. Momentan ist die Band zwar eher ein Geheimtipp. Aber jeden Tag entdecken neue Fans die ausladenden, eigensinnigen Epen der Norweger, die drauf und dran sind, in der internationalen Szene ähnlich viel Staub aufzuwirbeln wie zwölf Jahre vor ihnen Schwedens ÄNGLAGÅRD. Tastenmann Lars Fredrik Frøislie ist momentan mit den Aufnahmen zu WOBBLERs Debütalbum beschäftigt, nimmt sich jedoch glücklicherweise Zeit, nebenher meine Interviewfragen zu beantworten. Zu Beginn muss er erstmal erklären, was genau eigentlich WOBBLER in seinen Augen bedeutet?

Nun, zuerst muss ich sagen, dass ich noch nie von dem Angelgerät gehört hatte, als wir uns den Namen ausdachten. Für mich ist es die Bezeichnung für das Geräusch eines alten Keyboards, wenn man darauf zum ersten Mal seit 20 Jahren einen Ton anschlägt. Es wird verrückt. Der Ton springt und wobbelt herum. Der Name war natürlich fürs Erste gut genug; aber nach einer Weile sind wir an ihm hängen geblieben.

Bist du der Bandchef, der die Fäden zieht und alle Lieder schreibt?

Nein. Wir sind in erster Linie eine Band. Anfangs schrieb ich alles, aber nach einer Weile brachten sich auch Kristian (Bass) und Morten (Gitarre, THUNDERBOLT) ein. In letzter Zeit haben wir die meisten Sachen beim Proben geschrieben. Es waren also alle beteiligt.

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WOBBLER: Norwegens große Prockrock-Hoffnung! (Foto: Erik Skjerve)

Vor anderthalb Jahren habt ihr zwei Demostücke auf eurer Homepage veröffentlicht. Wenn du jetzt zurückschaust, was denkst du über diese beiden Lieder?

Diese Songs haben uns nach einer zweijährigen Pause erst wieder zusammengebracht. Ich fand, es wäre eine Schande, die ganzen Lieder und Riffs, die wir gemacht hatten, einfach wegzuwerfen. Morten und ich begannen deshalb, sie in meinem Heimstudio aufzunehmen. Diese Songs waren eigentlich für unseren eigenen Gebrauch gedacht, um zu hören, wie die Songs mit allen vorgesehenen Instrumenten tatsächlich klingen würden. Schlussfolgerung: Es klingt zu unordentlich und zu glatt. Und die Komposition ist sehr seltsam; klingt so, als hätten wir einfach Riffs aneinander gereiht, fast schon willkürlich, obwohl eigentlich das Meiste davon als ein ganzes Stück konzipiert ist, bei dem die Riffs fließend ineinander übergehen sollen.

Es ist schon alles absichtlich so, aber ich würde wahrscheinlich einige Sachen ändern, bevor es auf eine CD kommen würde. Versteh mich nicht falsch, es gibt einige gute Riffs. Die Demos machten aber deutlich, dass wir auf dem Album ausschließlich echte, authentische Instrumente verwenden müssten. Damals haben wir viele Samples verwendet. Nun läuft es dagegen so ab, dass, wenn wir das Instrument nicht haben, wir es auch nicht verwenden. Samples und Softsynths stellen keine Option dar. Falls das Klavinett schlecht klingen sollte, könnten wir immerhin sagen, dass es nicht an schlechten Samples liegt, sondern eher an den alten Gummiköpfen und so weiter.

Irgendwann haben wir dann unsere Homepage aufgebaut. Da es schön gewesen wäre, sie mit irgendwas zu füllen, schienen uns die Demos eine gute Idee zu sein. Allerdings hätten wir nie gedacht, das wir so ein gutes Feedback bekommen würden. Schließlich haben wir sogar einen Plattenvertrag mit The Laser´s Edge bekommen!

2002 erschien einer eurer Songs (Mr. Fishfinger!?) auf einer Compilation des norwegischen Tarkus-Magazins, welche mittlerweile vergriffen ist. Gibt es Pläne, diese Aufnahme in Zukunft nochmal erhältlich zu machen?

Wow! Du hast wirklich deine Hausaufgaben gemacht. Das Tarkus-Magazin hat das zusammengestellt. Die Lieder auf jener CD waren alles Live-Songs. Entsprechend stammt unser Stück von unserem zweiten Auftritt damals 2000 oder so. Deshalb hoffe ich, dass es in Zukunft nicht mehr erhältlich sein wird.

Ihr nehmt momentan euer erstes Album auf. Wie weit seid ihr damit? Wann etwa wird es erscheinen?

Ich hoffe, dass wir die Aufnahmen im Januar beenden. Danach ist das Abmischen an der Reihe. Ken (von The Laser´s Edge) verlangt, dass wir bis Ende Januar fertig sind, aber das wird sich erst noch zeigen. Wir geben unser Bestes und versuchen, dass es klappt. Es ist eine tolle Sache zu sehen, wie die Stücke wachsen, beinahe jenseits meiner ursprünglichen Vorstellungen. Wir benutzen auch viele fantastische Gastmusiker, die jeweils ihren Teil dazu beitragen. Vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass der Sound sehr gut ist. Es ist ein sehr professionelles Studio. Der einzige Nachteil ist, dass es in Norwegens kriminellster Straße – Skippergata – liegt. So versuchen wir hoch über den Junkies und Bad Ass-Verbrechern so gut wir können den Klang eines schönen Waldes oder ein angenehmes Gefühl oder wasauchimmer zu erzeugen. Auf dem Album werden nur drei Songs sein. Es wird jedoch trotzdem 55 Minuten lang werden.

Wird der Gesang bei den neuen Stücken eine wichtigere Rolle spielen?

Sicherlich mehr als auf den Demos. Mehr GENTLE GIANT-Gesangslinien und Harmonien und all sowas. Wir fangen im Januar mit den Gesangsaufnahmen an. Deshalb kann ich jetzt noch nicht genau sagen, wie es am Ende klingen wird.

Gibt es schon Ideen für den Titel und das Cover?

Wir werden wohl Hinterland nehmen. Das passt sehr gut zu uns, wenn man die altmodische Form des Prog bedenkt, und die Tatsache, dass die Lieder ziemlich alt sind. Wir haben sie auf dem Land geschrieben, als wir 17-18 Jahre alt waren. Wir konnten Thore Hansen für das Cover gewinnen. Wir sind große Fans von seiner Arbeit und es ist sehr WOBBLERisch. Er arbeitet gerade daran.

Kannst du den Entstehungsprozess eines WOBBLER-Songs beschreiben!? Wie lange dauert es gewöhnlich, bis ein Song fertig ist und live gespielt bzw. aufgenommen werden kann?

Autsch. Eigentlich werden die Songs nie fertig. Selbst jetzt habe ich noch Ideen für die alten Stücke. Die Lieder entwickeln sich auch noch im Studio weiter. Sie verändern sich auch jedes Mal, wenn wir live spielen. Dazu sei bemerkt, dass wir in unserer ganzen Karriere erst fünfmal aufgetreten sind. (Yeey, zumindest haben wir öfter gespielt als YEZDA URFA.) Gewöhnlich hat einer von uns eine Idee oder ein Riff. Dann trägt jeder seinen Teil dazu bei. Ich spiele in vielen Bands, aber keine hat diese Magie, wenn es darum geht, Material bei den Proben an Ort und Stelle zu schreiben. Manchmal gehen wir alle zusammen in den Wald, der 100 Meter von unserem Proberaum weg liegt, und kehren dann mit frischer Inspiration zurück. Allerdings proben wir kaum. Kristian wohnt in Bergen, während der Rest von uns in der Osloer Gegend lebt. Du hast gefragt, wie lange es dauert, bis die Stücke studioreif sind: In diesem Fall waren es 5-6 Jahre.

Wie viele WOBBLER-Songs habt ihr bislang eigentlich geschrieben?

Hmm, ich bin nicht sicher. Acht oder neun, denke ich. Viele wurden unterwegs aufgegeben. Manche Riffs oder Teile werden wir aber später vielleicht noch verwenden.

Es gibt auf eurer Homepage einige Bilder von eurem Proberaum. Glaubst du, er beeinflusst irgendwie die Atmosphäre eurer Musik?

Ja, absolut. Ich hasse die Stadt und kann volle Plätze nicht leiden. Aber vielleicht wäre es noch besser, wenn ich in die Stadt ziehen und sie so sehr hassen würde, dass ich schöne Musik schreiben müsste um überhaupt zu überleben, hehe. Viele Teile wurden draußen im Wald, am Meer und so weiter geschrieben. Die meisten Teile von Leprechaun Behind The Door wurden tatsächlich im Zug über die Berge von Oslo nach Bergen geschrieben. Wenn wir eine Pause brauchen, laufen wir einfach raus in den Wald. Es gibt außerdem einen kleinen Berg in der Nähe, wo wir im Winter mitten in der Probe Schlitten fuhren. Außerdem würde ich den Ausblick von meinem Heimstudio empfehlen. Es ist das Allerschönste, auf zwei Mellotrons zu spielen, während man den Sonnenuntergang mit den Bergen von Buskerud im Hintergrund anschaut!

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Der WOBBLER-Proberaum aus der Sicht von Lars. (Foto: Lars Fredrik Frøislie)

Was sind sonst noch deine musikalischen Einflüsse und Inspirationen?

Mal sehen… als wir mit Wobbler anfingen, hörte ich Progrock und etwas Black Metal. Ich höre das immer noch. Ich sollte vielleicht noch Klassik, italienische Pornomusik aus den frühen 70ern (eine Art Easy Listening), Trip Hop und hmm… eigentlich alles. Und damit meine ich alles von japanischer Noise-Musik bis hin zu Mainstream Pop. Aber ich neige dazu, doch immer wieder auf Prog und Symphonic Rock zurückzukommen.

Der Unterschied zwischen einem echten Mellotron und Samples?

Welten! Was bringt es schon, einen Sampler zu samplen!? Jedes Mellotron ist anders: der Geschwindigkeitsanschlag, die Maschine, der Geruch, die Bänder und so weiter. Auf dem kommenden Album versuchen wir zudem, alles rauszuholen, was geht. Töne ziehen auf Teufel komm raus. Das bekommt man mit Samples nicht hin. Es sei denn, man samplet genau diese Sachen; aber du weißt, worauf ich hinaus will.

Kristian
Kristian und Lars im Proberaum. (Foto: WOBBLER)

Bist du vor einem Konzert nervös? Wenn ja, wie gehst du damit um?

Es hängt davon ab, was für ein Auftritt es ist. Aber gewöhnlich bin ich nervös. Wie gesagt haben wir noch nicht so viel live gespielt. Aber ich beruhige mich ein wenig, wenn ich erst einmal in meiner Keyboard-Burg bin.

Dieses Jahr habt ihr beim Freakshow-Festival in Würzburg gespielt. Was waren eure Eindrücke von Deutschland?

Wir hatten eine tolle Zeit! Ein großartiges Erlebnis! Unser letzter Gig lag über ein Jahr zurück, und dann spielten wir dort gleich direkt vor UNIVERSE ZERO. Charly Heidenreich war derjenige, der das alles möglich gemacht hat. So ein großartiger Kerl! Dort aufzutreten war allerdings eine Furcht einflößende Sache. Es war auch recht schwierig mit den neuen Keyboards, die Charly alle zur Verfügung gestellt hatte. Er konnte leider kein Mellotron bekommen. Es muss für das Publikum seltsam gewesen sein. Für uns war es das jedenfalls, da wir wissen, wie es eigentlich klingen soll mit all den ganzen richtigen Instrumenten. Ich meine, stell dir Wobbler ohne Mellotron vor! Das war zugleich unser bislang einziges Konzert ohne einen Flötenspieler. Jetzt haben wir Ketil Einarsen (WHITE WILLOW, JAGA JAZZIST) an der Flöte und er stellt eine ziemliche Verstärkung dar. Ein unglaublicher Musiker und ein riesiger Progfan. Was für ein Glück! Egal, unser Besuch in Deutschland war jedenfalls fantastisch! Charly und Reiner (unser Fahrer) waren die Besten! Wir haben am Ende ihr ganzes Bier getrunken und hatten eine richtige Party in der Jugendherberge – oder wo auch immer wir logierten – mit der MATS & MORGAN-Gang.

Was magst du lieber: sitzendes oder stehendes Publikum?

Das kommt darauf an, ob das Publikum sich beherrschen kann. Das Sicherste für meine Keyboards ist sicherlich ein sitzendes Publikum.

Bei der Vorbereitung zu diesem Interview stolperte ich über die BIG HUGGY BUG BEAR BAND, in der du wie auch euer Schlagzeuger Martin spiel(t)en. Was hat es damit auf sich?

Das war unsere Highschool-Band. Eher poppig. Es gibt sie schon lange nicht mehr. Martin und ich haben seither jedes Jahr irgendwo zusammen gespielt. Das gleiche gilt für Morten und Kristian.

Sammelst du noch etwas anderes außer altmodische Keyboards?

In letzter Zeit habe ich begonnen, alte Studio-Effektgeräte, Vorverstärker und so Zeug zu sammeln. Ich mag die 70er.

Was für eine Beziehung hast du zu Kaffee?

Ich hasse Kaffee! Er riecht bisweilen nett, aber das ist auch alles. Ich bin in dieser Hinsicht wohl etwas seltsam.

Welches ist das wichtigste Album der Geschichte?

Ooh, hmm, hmm, hmm, vielleicht ist es KING CRIMSONs In The Court Of The Crimson King? Ohne es hätte es GENESIS, YES, VDGG, GENTLE GIANT, ÄNGLAGÅRD, PFM (ich könnte ewig weitermachen), so wie wir sie heute kennen, nie gegeben.

Welches ist der beeindruckendste Musiker, den du je getroffen hast?

Ich bin mir nicht sicher. Es gibt so viele. Momentan fallen mir Denis (UNIVERSE ZERO), Mattias Olsson (ÄNGLAGÅRD) und Ketil Einarsen (WHITE WILLOW, JAGA JAZZIST, THE ORCHARD und – yeiii!! – WOBBLER) ein.

Zum Schluss: Wo werden WOBBLER in fünf Jahren sein?

Bis dahin wird Progrock vermutlich DAS Ding sein, das man hören muss, wenn man hip sein will. Britney Spears und Konsorten werden Selbstmord begangen haben, nachdem dieser neue, aufregende Trend die Musikindustrie, wie wir sie in den 90ern gekannt haben, zerstört hat. Die Musik wird wieder im Mittelpunkt des Interesses stehen… Aber im Ernst, ich habe keine Ahnung.

WOBBLER
WOBBLER 2004: Lars Fredrik Frøislie, Martin Nordrum Kneppen, Kristian Karl Hultgren, Morten Andreas Eriksen, Tony Johannessen. (Foto: Erik Skjerve)
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