TIMO RAUTIAINEN & TRIO NISKALAUKAUS: Hartes Land

Beim zweiten deutschsprachigen Album der außergewöhnlichen Finnenband ist alles beim Alten. Die schweren, groovenden Gitarrenriffs bilden nach wie vor die Basis, auf der man mit majestätischen Gitarrenleads aufbaut. Die folkloristisch angehauchten Melodielinien mit der Stimme von Timo Rautiainen drücken dem Sound den unverwechselbaren Stempel auf. Und textlich erschafft man eine Gänsehaut nach der anderen.

Als TIMO RAUTIAINEN und sein Trio Genickschuss vor drei Jahren das erste deutschsprachige Album In Frostigen Tälern veröffentlichten, war die Verwirrung erstmal groß. Für viele war die Truppe einfach nur ein weiterer Beweis für die viel zitierte Verrücktheit der Finnen, andere hielten In Frostigen Tälern auf Grund einiger sprachlicher Unsicherheiten für eine ganz große Lachnummer und ein weiterer Teil – vielleicht der kleinste – war einfach nur hin und weg von dem, was einen da ereilte. Wer etwas tiefer in die Welt von TIMO RAUTIAINEN & TRIO NISKALAUKAUS eintauchte, der entdeckte wunderschöne Musik und tiefsinnige Lyrics, die man zugegebenermaßen erst hinter grammatikalischen Fehlern und finnischer Aussprache finden musste.

Besonders bekannt wurde der Name nicht, wer sich auf der kleinen Gastspielreise durch unbekannte Clubs ein T-Shirt ergattern konnte, erntete beim Tragen desselben in erster Linie fragende Blicke.

Auf einem ganz anderen Blatt dagegen stand der Erfolg, den sich die Band in der Heimat erarbeitete – dort zählen TIMO RAUTIAINEN & TRIO NISKALAUKAUS zu den ganz Großen der Szene und wer die Faszination an dieser Band einmal erkannt hat, der kann das auch gut verstehen.

Nach In frostigen Tälern waren TIMO RAUTIAINEN & TRIO NISKALAUKAUS in erster Linie wieder im Heimatland aktiv, mit Rajaportti und Kylmä Tila veröffentlichte man zwei weitere Alben, die heiße Abnahme fanden und mit einer umfassenden DVD konnte man auch dem interessierten Fan im Ausland einen Eindruck vermitteln, welchen Status die Band in Finnland einnimmt.

Unbeirrt von den Kritiken auf das erste deutsche Album, veröffentlichen TIMO RAUTIAINEN & TRIO NISKALAUKAUS mit Hartes Land nun das zweite derartige Werk und das genau zum richtigen Zeitpunkt. War man als deutscher Fan von Rajaportti trotz finnischer Texte noch richtig begeistert, machte sich bei Kylmä Tila eine gewisse Ermüdungserscheinung breit. Denn musikalisch sind TIMO RAUTIAINEN & TRIO NISKALAUKAUS ganz ihrer Linie treu geblieben, Kylmä Tila kann über die gesamte Länge allerdings nicht mehr ganz mit derart ergreifenden Songs wie zu der Anfangszeit mithalten – auf eine gewisse Weise ist man in seinem Stil eben doch eingeschränkt. Hartes Land greift nun wie auch schon sein deutschsprachiger Vorgänger verschiedene Songs aus diesen beiden zuletzt veröffentlichten finnischen Alben, sowie den Singlesong nyt on mies! auf und mit dem Verständnis der in den Texten transportierten Inhalten erstrahlen die Stücke wieder in ihrem vollen Glanz. Man mag es gar nicht mehr richtig verstehen, warum einen Kylmä Tila nicht derart fesseln konnte. Über zehn Songs hinweg führen einen die Finnen erneut in eine Parallelwelt, die dennoch ganz dicht an unserer Realität dran ist. TIMO RAUTIAINEN & TRIO NISKALAUKAUS verstehen es wie niemand sonst, einem eine völlig eigenwillige Sichtweise auf unsere Welt zu vermitteln. Anhand von Einzelschicksalen zeigen TIMO RAUTIAINEN & TRIO NISKALAUKAUS in ihren Songs, was in unserer Welt alles schief läuft und um die Perspektive deutlich zu machen, eröffnet die Band das Album mit ihrem eigenen Man in Black (JOHNNY CASH) – Trauerkleid.

In einer verzaubernd veralteten Wortwahl und Ausdrucksweise greifen TIMO RAUTIAINEN & TRIO NISKALAUKAUS große Themen wie die Flüchtlingsproblematik in Kriegsgebieten auf, nehmen aber genauso auch gerne die Froschperspektive ein, um mit kleinen Geschichten die schwierigen Seiten des menschlichen Lebens darzustellen. Dabei wird nicht verurteilt, vielmehr wird min einer sehr einfachen Darstellungsweise gezeigt, dass nichts derart simpel ist, wie es die Menschen gerne hätten – die ein oder andere Gänsehaut ist dabei garantiert.

Wie bereits weiter oben angedeutet: musikalisch hat sich bei TIMO RAUTIAINEN & TRIO NISKALAUKAUS glücklicherweise nichts geändert. Die schweren, groovenden Gitarrenriffs der drei Axtmänner bilden nach wie vor die Basis, auf der man mit majestätischen Gitarrenleads aufbaut. Die folkloristisch angehauchten Melodielinien mit der Stimme von Timo Rautiainen drücken dem Sound den unverwechselbaren Stempel auf. Von diesem Prinzip ist man im Grunde immer nur dann abgewichen, wenn prominente Gastmusiker ins Spiel kommen. An den Grunzrefrain von FINTROLL-Sänger Tapio Wilska bei ny on mies! hat man sich dabei ganz schnell gewöhnt und auch die düsteren, gefühlvollen Celloklänge von Eicca Toppinen (APOCALYPTICA) in Zeit der Steigenden Säfte funktionieren im Kontext der Band geradezu perfekt Die größten Befürchtungen ergeben sich im Grunde dann, wenn NIGHTWISH-Mastermind Tuomas Holopainen zu den Tasten greift, aber auch dieses Experiment kann nur als gelungen bezeichnet werden – anstatt die beiden Songs Kalter Zustand und Zeit der Steigenden Säfte mit Keyboards niederzuwalzen, erweitert er den Sound um eine interessante Komponente, die dem basisorientierten Charakter der Musik von TIMO RAUTIAINEN & TRIO NISKALAUKAUS in keiner Weise schadet.

Melodien wie von Der Gute Mann oder Schneewanderer bekommt man so schnell nicht mehr aus dem Kopf und man muss sagen, dass die Band auch ein gutes Händchen für die Songauswahl gezeigt hat. Einzig der Titelsong des letzten finnischsprachigen Albums mag nicht so ganz zufrieden stellen. An der Stelle hätte man vielleicht besser auch eines der schnelleren Stücke, die eben auch ins Repertoire von TIMO RAUTIAINEN & TRIO NISKALAUKAUS gehören, eingebaut oder die ganz ruhigen Lieder Elinkautinen und Ajurin Ruoska – eine Seite, die die deutschen Fans bisher noch nicht offiziell kennen lernen durften.

Man darf gespannt sein, was aus dieser Band nun wird. Die Tour gemeinsam mit NIGHTWISH diesen Herbst könnte einen enormen Schritt weiter bedeuten und inzwischen dürfte auch der Blätterwald erkannt haben, welches Potential in dieser Truppe steckt. Mit dieser Kombination könnten TIMO RAUTIAINEN & TRIO NISKALAUKAUS tatsächlich den deutschen Markt knacken können, vielleicht wird aber auch weiterhin kaum einer Notiz von dieser außergewöhnlichen Band nehmen – und auch das wäre in Ordnung. Und so schließ ich mit dem Schlusssatz meines Reviews zu In frostigen Tälern erneut ab: gebt dieser CD eine Chance, denn wenn sie wirkt, dann richtig!

Veröffentlichungstermin: 04. Oktober 2004

Spielzeit: 50:15 Min.

Line-Up:
Timo Rautiainen – Gesang, Gitarre

Jarkko Petosalmi – Gitarre

Jari Huttunen – Gitarre

Seppo Pohjolainen – Schlagzeug

Nils Ursin – Bass, Keyboards

Produziert von Tuomo Valtonen
Label: Cyclone Empire / Soul Food

Hompage: http://www.trioniskalaukaus.net

Tracklist:
1. Trauerkleid (Surupuku)

2. Nyt on mies!

3. Elegie (Elegia)

4. Hartes Land (Kova Maa)

5. Der gute Mann (Hyvä Ihminen)

6. Kalter Zustand (Kylmä Tila)

7. Zeit der steigenden Säfte (Juoksevan Veden Aika)

8. Die Last (Taakka)

9. Schneewanderer (Lumessakahlaajat

10. Ih braucht mich nicht (Te ette tarvitse Minus)

11. Bonustrack für die limitierte Erstauflage mit Slipcase

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