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CASTLE ROCK 5: 03. Juli 2004, Schloss Broich/Mülheim a.d. Ruhr

Das CASTLE ROCK-Festival feierte seinen fünften Geburtstag, und das mit einem Billing, welches nicht nur den gemeinen Schwarzkittel anzusprechen vermochte, sondern auch für den ein oder anderen Metaller seinen Reiz hatte. Grund genug also, sich ins mitten in Mülheim a.d. Ruhr gelegene Schloss Broich zu begeben, in dessen Innenhof das Festival jedes Jahr seinen Lauf nimmt.

Das Festival

The Cascades | Adorned Brood | Chamber | Saltatio Mortis |
ASP | Diary Of Dreams | Haggard

Das Festival

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Das CASTLE ROCK-Festival feierte seinen fünften Geburtstag, und das mit einem Billing, welches nicht nur den gemeinen Schwarzkittel anzusprechen
vermochte, sondern auch für den ein oder anderen Metaller seinen Reiz hatte. Grund genug also, sich ins mitten in Mülheim a.d. Ruhr gelegene Schloss
Broich zu begeben, in dessen Innenhof das Festival jedes Jahr seinen Lauf nimmt.
Die einzigartige Atmosphäre dieser Location mag einer der Gründe sein, warum der Veranstalter auch dieses Jahr wieder einige Wochen vorher melden konnte,
dass das Festival ausverkauft sei, so dass, zumindest ab dem späten Nachmittag, das Gelände wie gewohnt sehr gut gefüllt war mit gut 1500 Gothics und
Metallern jeglicher Altersklasse , ohne jedoch beengend zu wirken. Selbst die schlechten Wetterverhältnisse, die so gar nicht zum in den letzten Jahren
vom Sonnenschein verwöhnten CASTLE ROCK-Festival passen wollten, schreckten die meisten Leute nicht ab, ihre jeweiligen Favoriten abzufeiern – dies
jedoch stets mit einer gewissen Zurückhaltung. Richtig enthusiastische Zuschauerreaktionen, wie man sie von den meisten Metal-Festivals gewohnt ist,
blieben größtenteils aus und sind wohl auch erst zu erwarten, wenn das Publikum in den nächsten Jahren so weit von Kuttenträgern infiltriert wurde, dass
diese die Mehrheit stellen…
Dennoch war das fünfte CASTLE ROCK ein gelungenes Festival. Die Auswahl der Bands war ausgewogen, und neben einigen Combos, denen man auf deutschen
Bühnen in den letzten Jahren kaum entgehen konnte, hatte man mit HAGGARD, die die Rolle des Headliners einnahmen, eine außergewöhnliche Band am Start, die
man sonst nur selten bis gar nicht live zu sehen und hören bekommt. Der Sound war bei fast allen Bands exzellent, so dass unabhängig von individuellen
Vorlieben und den Leistungen der einzelnen Bands zumindest die Rahmenbedingungen gegeben waren, um die Musik wirklich genießen zu können. Die Stimmung
war äußerst friedlich, und auch die Getränke- und Essenspreise waren fair. Wenn dann im nächsten Jahr auch die Sonne wieder durchgehend scheint, wird
alles gut…

The Cascades

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Pünktlich um 13.00 Uhr begannen THE CASCADES ihren Set und beglückten das zu diesem Zeitpunkt noch nicht besonders zahlreiche Publikum – viele Gäste
tummelten sich noch am Eingang oder in der das Schloss umgebenden Parkanlage – mit einem äußerst transparenten und nicht zu lauten Sound und recht
eingängigem, aber auf Dauer zu gleichförmigem Gothic Rock der alten Schule. Dass die Jungs sehr viel SISTERS OF MERCY gehört haben, wurde schnell mehr
als deutlich. Fast hätte man meinen können, es mit einer Coverband zu tun zu haben. Abgesehen von der mangelnden Eigenständigkeit und der Tatsache,
dass der Gitarrist mit seinem MOTÖRHEAD-Shirt zwar sympathisch, aber ein wenig deplatziert wirkte, machte die Band ihre Sache aber ganz gut und bemühte sich auch um eine
gute Show. Dass allerdings auch einige der Showelemente, wie etwa der halbherzige Versuch von Frontmann M. W. Wild, CRÜXSHADOWS-Klettermax Rogue
nachzueifern, abgekupfert waren, war allerdings bezeichnend. Alles in allem ein netter Anheizer, doch um oben mitspielen zu können, muss die Band in
Zukunft mehrfacher Hinsicht eigenständiger agieren. Dass sie das Zeug haben, gute Songs zu schreiben, haben sie ja bereits gezeigt.

Adorned Brood

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Als nächstes sollte es die volle Metal-Dröhnung durch die Rheinländer von ADORNED BROOD geben, die seit einiger Zeit einen neuen Leadgitarristen in ihren
Reihen haben. Und dieser hat sich rein musikalisch wunderbar in die Band integriert und bereicherte die Musik mit seinem virtuosen, aber stets
melodischen und vor allem nachvollziehbaren Spiel, einzig beim so gut wie nicht vorhandenen Stageacting haperte es noch. Leider hatten ADORNED BROOD
keinen eigenen Soundmann dabei und hatten somit wohl mit dem schlechtesten Sound des ganzen Festivals zu kämpfen. Vor allem der Gesang von Frost,
insbesondere aber der von Ingeborg Anna, und die Flöte waren zu leise abgemischt und gingen oft unter , und generell fehlte der Druck, den man von
einer Metalband erwartet. Schade, denn die Setlist war sehr ordentlich. Mit dem “Lebenslied”, “Welcome My Friends” und dem Titelsong “Erdenkraft” waren
die wichtigsten Hits des aktuellen Albums im Programm, und auch Klassiker wie der allseits beliebte “Wigand” durften nicht fehlen. Zwar wurde hier auch
vereinzelt mitgesungen, doch richtige Begeisterung kam beim Publikum leider nicht auf. Der teilweise musikalisch recht blackmetallische Song dürfte die
Gothic-Fraktion allerdings auch eher abgeschreckt haben. Interessant war es auf jeden Fall, einen Vorgeschmack auf das kommende Album zu bekommen, denn
das schon beim Auftritt auf dem letztjährigen DONG OPEN AIR gespielte “Lauf mein Engel” war nicht das einzige neue Stück, auch der “Sandmann” konnte
überzeugen. Das CASTLE ROCK-Publikum mag zu einem großen Teil nicht der Zielgruppe der Band entsprochen haben, diese machte jedoch das Beste draus und
legte einen souveränen Auftritt hin, der zumindest die anwesenden Metaller wachgerüttelt hat und zufriedengestellt haben dürfte.

Chamber

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Der Auftritt des schwarzen Kammerorchesters CHAMBER fiel zwar nicht ins Wasser, fand jedoch größtenteils bei Regen statt. Daran konnten zunächst einmal
auch die ständigen Bitten von Sänger Marcus Testory, man möge mit einem Regentanz für einen Wetterumschwung sorgen, nichts ändern. Überhaupt redete der
gute Mann sehr viel, anstatt dem Publikum die Musik seiner Band darzubieten. Das wenige, was man bei dem starken wienerischen Akzent verstehen konnte,
war leider größtenteils Blödsinn. Dabei hätten CHAMBER dies gar nicht nötig, denn ihre Musik war durchaus ansprechend. Mit Streichern, akustischen
Gitarren, Schlagzeug, Piano und einem gezupften Kontrabass hoben sich sich schon durch die Instrumentenauswahl von den meisten anderen Kapellen ab. Die
Musik war dann auch über weite Strecken sehr ruhig gehalten, getragen von der dunklen, warmen Stimme des Sängers, der ein wenig an Alexander Veljanov
erinnerte, und stilistisch nur äußerst schwer einzuordnen. Dabei war man sichtlich bemüht, den Set abwechslungsreich zu gestalten und überraschte
Bassistin Natalie zudem noch mit einem Geburtstagsständchen. Erst gegen Ende jedoch packte man ein paar flottere, deutlich folkloristisch beeinflusste,
tanzbare Stücke aus, von denen ruhig noch ein paar mehr hätten gespielt werden können. Ein wirklich guter Auftritt, das sahen auch die anderen Gäste so,
denn CHAMBER waren die ersten, bei denen verhaltene, wenn auch natürlich vergebliche Zugabeforderungen aufkamen.

Saltatio Mortis

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Der stimmungstechnische Höhepunkt des Festivals war dann wohl bei den Mittelalter-Spielleuten von SALTATIO MORTIS erreicht, die nach zahlreichen
akustischen Auftritten auf Mittelaltermärkten nun mal wieder als Rockformation auftraten, um vor allem die Stücke des aktuellen Albums,
Erwachen“, zu
präsentieren. Dazu gehörten Highlights wie der Album-Opener “Hört die Trommeln” oder die Vorab-Single “Falsche Freunde”, die beide verdammt gut ankamen.
Kein Halten gab es allerdings bei den Hits vom Album “Das Zweite Gesicht”, “Dunkler Engel” und das dem derzeitigen amerikanischen Präsidenten gewidmete
und in den schwarzen Discos immer wieder gern gespielte “Der Heuchler”, mit dem die Menge zum Hüpfen gebracht wurde. Dass die gesangliche Leistung, wie
von der Band sowohl live als auch auf CD bereits gewohnt, eher schwach war, wollte offenbar niemanden stören und tat der ausgelassenen Stimmung keinen
Abbruch. Wirklich schön war das kurze akustische Intermezzo mit den beiden einzigen nicht rein instrumentalen
Heptessenz“-Stücken,
“Dessous le pont de Nantes” und dem “Palästinalied”, an dem ja keine Mittelalterband vorbeikommt. SALTATIO MORTIS peppten ihren Set wie immer mit recht
amüsanten Ansagen auf und setzten stark auf Showelemente (u.a. Pyroeffekte), musikalische Defizite wurden dadurch zu Lappalien. Gegen Ende gab es noch
die kultige Interpretation von “Eine Insel mit zwei Bergen” ein, bevor die Süddeutschen die Bühne frei machten und ein rundum zufriedenes Publikum
hinterließen.

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ASP

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Nachdem SALTATIO MORTIS so richtig abgeräumt hatten, durfte man gespannt sein, ob es den Frankfurtern gelingen würde, dieses Stimmungsniveau zu halten
oder, ihrer Position auf dem Billing entsprechend, gar noch zu steigern.
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Frontmann Asp und seine Mannen gaben dann sich alle Mühe, das Publikum mit ihrer
Musik und einer engagierten Performance auf ihre Seite zu ziehen, so dass die außerordentlich gute Stimmung gehalten werden konnte, was angesichts
zurecht abgefeierter Songs wie dem melancholischen, im Refrain dann zur Eruption kommenden “Und wir tanzten”, dem Disco-Hit “Sing Child” oder dem leicht
punkigen “Ich will brennen” kein Wunder war. Nach letzterem Song ist übrigens auch eine Aktion der Band gegen Digital Rights Management und für das Recht
auf die Privatkopie benannt. Dafür, dass trotz aller Elektronik ASP live mächtig rocken, sorgte in erster Linie Gitarrist Matze mit dreckigen Riffs und
coolen Posen. Neben einigen Textaussetzern, die teils durch etwas unpassende Improvisationen überbrückt wurden, ist jedoch, wie schon bei
SALTATIO MORTIS, die schwache Gesangsleistung zu bemängeln. Sänger Asp hat zwar auf der Bühne eine Menge Charisma, dies liegt jedoch ganz sicher nicht
in seiner schwach ausgebildeten Gesangsstimme begründet, mit der er nicht wirklich überzeugen konnte und ab und an auch mal daneben lag, was auch durch
den Backgroundgesang nicht wettgemacht werden konnte. Trotz guter Show und offensichtlich hoher Motivation war dies sicherlich nicht der beste Auftritt
der Band.

Diary Of Dreams

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Danach wurde es mit DIARY OF DREAMS nochmal einen ganzen Tacken elektronischer, so dass viele der anwesenden Metaller angesichts eines minimalistischen
elektronischen Drumkits und der Dominanz der Synthesizer gegenüber der Gitarre desinteressiert dem Konsum von Speis und Trank hingaben. Die Band um den
charismatischen Frontmann Adrian Hates spielte ihr letztes Konzert vor der Veröffentlichung des kommenden Albums, beschränkte sich bei der Songauswahl
aber auf ausschließlich bekanntes Material. Der Mann mit der außergewöhnlichen, tiefen Stimme, wirkte an diesem Abend
jedoch nicht besonders motiviert und hielt sich mit Ansagen sehr zurück, so dass es ihm nicht gelingen wollte, einen großen Teil des Publikums in seinen Bann zu ziehen, so dass es am Ende
nicht einmal mehr Zugaberufe gab. Dabei war die Songauswahl eigentlich sehr gelungen. Mit meist ruhigen, aber auch mal beatlastigeren Stücken gestaltete
sich die Setlist ziemlich abwechslungsreich, und Songs wie die beiden “Freak Perfume”-Tracks “Traumtänzer” und “O’Brother Sleep” oder das tolle
“Chemicals” hatten in Verbindung mit der stimmungsvollen Lichtshow durchaus ihren Reiz. Tolle Musik und eine souveräne Gesangsleistung, doch irgendwie
wollte der Funke nicht so recht auf das Publikum überspringen.

Haggard

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HAGGARD-Auftritte sind selten. So selten, dass der Innenhof des Schlosses, als die nicht ganz vollzählige Band mit ein wenig Verspätung ihren gut
eineinhalb Stunden währenden Auftritt begannen, wirklich gut gefüllt war – nicht wenige waren ausschließlich deshalb gekommen, um die Münchner zu sehen. Zwar musste man sich reichlich in Geduld üben, denn der Soundcheck der Band
zog sich wirklich lange hin, doch dafür wurde man dann auch belohnt mit einem zwar fast schon zu lauten, aber dennoch kristallklaren Sound. Respekt, denn
es gehört schon einiges dazu, ein 16-köpfiges Metal-Orchester so abzumischen, dass man wirklich jedes einzelne Instrument perfekt heraushören kann, auch
der Gesang nicht untergeht und dennoch Drums, Bass und Gitarren ordentlich Druck machen. Somit waren die Rahmenbedingungen um ein vielfaches besser als
beim Auftritt in Wacken 2002, wo der Band zudem noch nach viel zu kurzer Spielzeit der Strom abgedreht wurde.
Während man optisch ein ziemlich uneinheitliches Bild bot, war man musikalisch perfekt aufeinander abgestimmt. Spielfehler waren nicht auszumachen, und
auch die Sopranistinnen und der Tenor erbrachten eine beachtliche Leistung. Natürlich konzentrierte man sich auf das Material des aktuellen Albums
Eppur Si Muove“, mit dessen Opener “All Ínizio É La Morte” man den Set auch begann. Die Kombination von barocken Klängen mit todesmetallischen Klängen
funktionierte live einfach hervorragend, zumal es hier auch das Problem der dünnen Gitarren und der sterilen Drums, das man von den Alben der Band kennt,
außer Kraft gesetzt wurde.
Zwar hielten die Mattenschwinger sich in Grenzen, denn selbst eingefleischte Metaller zogen es vor, der teils sehr anspruchsvollen Musik in aller Ruhe
zu lauschen und diese zu genießen, dennoch war die Begeisterung groß, wie sich in den Pausen zwischen Songs zeigte. Umso erstaunlicher, dass das
Mitsingspiel beim in der Zugabe gespielten “The Final Victory” nicht so recht funktionieren wollte, ließ sich das Publikum doch nur äußerst zögerlich
dazu animieren, zaghaft den hymnischen Refrain des Stücks zu intonieren. Zu bemängeln wäre auch noch die Vorstellung sämtlicher Musiker zu Beginn der
Zugabe, die sich dann doch etwas zu lange hinzog. Dennoch ein ganz großer Auftritt, den man so schnell nicht vergessen wird und für viele das Highlight
des diesjährigen CASTLE ROCK-Festivals war.

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