HEADHUNTER: Parody of Life

Die DIRE STRAITS des Speed Thrash Metal!?

Manche Alben sind Klassiker, weil einfach jeder sie hat. Andere Platten werden erst dadurch Kult, dass eigentlich niemand sie hat. Parody of Life von HEADHUNTER gehört sicherlich in die zweite Kategorie. Dabei erschien die Scheibe damals sogar über Virgin. Die Mischung aus Metal und Major-Label funktionierte aber anscheinend nicht sonderlich gut, so dass das nächste Album (A Bizarre Gardening Accident 1992) ironischerweise über Major Records veröffentlicht wurde.

Parody of Life ist auch musikalisch sicherlich ein Klassiker mit Einschränkungen. Hierzu muss ich wohl etwas weiter ausholen:

In den Entstehungsjahren des Thrash waren sicherlich Bands wie METALLICA, SLAYER und VENOM tonangebend. Zugleich gab es aber auch in hiesigen Gefilden Gruppen wie KREATOR, SODOM und DESTRUCTION, die international mitmischten. In den USA schien es allerdings einen wirklich unerschöpflichen Vorrat an Bands zu geben: EXODUS, TESTAMENT, MEGADETH, ANTHRAX – wer kennt sie nicht!?

Allen Bands ist wohl gemein, dass sie sich selbst heute noch häufig an ihren Frühwerken messen lassen müssen. DESTRUCTION machten da gegen Ende der 80er keine Ausnahme. Doch während Mille, Tom Angelripper und Gerre immer als Identifikationsfiguren das Steuer in der Hand hatten, krachte es bei DESTRUCTION, so dass die Band und Schmier getrennte Wege gingen.

An dieser Stelle kommen jetzt endlich HEADHUNTER ins Spiel. Mit seinem neuen Trio versuchte Schmier glücklicherweise gar nicht, die jugendliche Ungestümheit der ersten DESTRUCTION-Alben zu replizieren. Dies wäre nämlich sicherlich in die Hose gegangen. Denn: Ich arbeitete mit richtig guten Musikern zusammen, meinte der Sänger/Bassist 2000 im Vampster-Interview. Und wo er recht hat, hat er recht!

Parody of Life klingt dementsprechend tight und wartet mit allerlei technischen Spielereien im Gitarrenbereich auf. Schmiers Gesang weckt natürlich Erinnerungen an DESTRUCTION. Aber Gitarrist Schmuddel sorgt gleichzeitig dafür, dass HEADHUNTER sich deutlich von anderen deutschen Bands wie GRINDER oder VENDETTA abhoben. Hier passt das Wort Flitzefinger wie die Faust aufs Auge! Egal ob er abgedrehte Riffs zockt oder komplizierte Licks einwirft, immer spielt er selbst die verzwicktesten Passagen flüssig und mit enormer Spielfreude.

Abgerundet wird das Gesamtbild durch das Power-Drumming von Jörg Michael (ex-alles-außer-HAMMERFALL), der hier wie sonst nirgends Gas gibt. Die Musik erzeugt zwar nicht so viel Druck wie etwa Reign In Blood oder Supercharger. Doch das Album demonstriert nachhaltig, dass sich eine gewisse musikalische Reife und Spaß am Metal nicht zwangsläufig ausschließen.

Schon zu Beginn von Parody of Life lassen Countrygepfeife und Westerngitarre Zweifel an der Echtheit der für teures Geld ersteigerten CD aufkommen. Doch dann fegen der Titeltrack und Ease My Pain alles und jeden weg. Während Schmiers alte Band noch mit roher Gewalt losrockte, nehmen sich HEADHUNTER Zeit zum Zielen, ehe sie präzise Schuss für Schuss voll ins Schwarze treffen.

Plead Guilty beginnt mit einer Verschnaufpause in Form eines Klavierintros (SAVATAGE lassen grüßen!). Das Stück steigert sich aber beständig zu einen heftigen Power-Orkan und stellt für meinen Geschmack den Höhepunkt des Albums dar! Trotz der vielen Rhythmuswechsel fesselt einen der Song und löst mit fortschreitender Dauer akutes Bangverlangen aus.

Es geht in einem ähnlichen Tempo weiter, ohne dass echte Ausfälle erkennbar werden. Zwischendurch wirkt die Musik stellenweise etwas verworren, besonders bei dem eher schleppenden Caught in a Spider`s Web. Doch dieser Song dauert zum Glück nur 3 Minuten. Danach gibt es drei weitere Hochgeschwindigkeits-Meisterwerke, bei denen alles im grünen Bereich ist. Bei Cursed spielt übrigens ein gewisser Kai Hansen mit. Ob er und Schmier bei den Aufnahmen zusammen eifrig über ihre ex-Bands gelästert haben!?

Ich weiß es nicht.

Ich weiß leider auch nicht, wo man Parody of Life heute noch kaufen kann. Ich finde es nur schade, dass HEADHUNTER mit ihrer trendfreien Musik kein anhaltender Erfolg vergönnt war.

Veröffentlichungstermin: 1990

Spielzeit: 40:01 Min.

Line-Up:
Schmier: Gesang, Bass

Schmuddel: Gitarre

Jörg Michael: Schlagzeug

Produziert von Kalle Trapp, Schmier und Schmuddel
Label: Virgin

Tracklist:
1. Parody of Life

2. Ease My Pain

3. Plead Guilty

4. Kick Over Your Traces

5. Force of Habit

6. Caught in a Spider`s Web

7. Cursed

8. Crack Brained

9. Trapped in Reality

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