MILLENIUM: Jericho

Selbst Fans der Band werden MILLENIUM auf "Jericho" im ersten Moment nicht wiedererkennen, zunächst gespannt den neuen Kompositionen lauschen und diesen schlussendlich enttäuscht den Rücken zuwenden.

Nach dem erstklassigen Hourglass-Album aus dem Jahre 2000 liegt nun endlich der nächste Release der Amerikaner MILLENIUM vor. Es erscheint jedoch zunächst zweifelhalt, ob man Jericho tatsächlich als Nachfolgealbum bezeichnen kann, gab es in den letzten Jahren doch einige Querelen um das Personal der Band, weshalb vom Line-Up des letzten Longplayers eigentlich nur noch Gitarrist und Bandkopf Ralph Santolla übrig geblieben ist. Dieser wurde in der Zwischenzeit von den Power Metal-Pionieren ICED EARTH verpflichtet und tourt so nebenbei als zweiter Klampfer mit Jon Schaffer und Co. umher. Als besonders schmerzlich entpuppte sich der Weggang von Ausnahmesänger Jorn Lande, der im letzten Jahr mit der deutsch-norwegischen Formation MASTERPLAN endlich den verdienten Durchbruch erlangen und mit Out To Every Nation in diesem Jahr zudem seine bislang erfolgreichste Solo-Platte abliefern konnte. Jedenfalls hat Santolla trotz dieser Ereignisse das Projekt MILLENIUM nicht auf Eis gelegt und wagt in diesen Tagen mit Jericho nach vier Jahren eine neue Offensive und es wird mit Spannung erwartet, ob die neuen Musiker an das Niveau des Backkatalogs anknüpfen konnten.

Schon die ersten Klänge der Scheibe machen klar, dass es neben den Personalwechseln im gleichen Atemzug zu einer erheblichen Veränderung des musikalischen Szenarios des Quintetts gekommen ist, klingt der Opener My Saving Grace doch merklich wuchtiger als das bisherige Material der Band. Der vor wenigen Jahren noch stark am Hardrock orientierte Stil kommt hier wesentlich metallischer daher, auch wenn die Geschwindigkeit weiterhin eher gemäßigt ist. Sänger Todd Plant, der übrigens schon die Frühwerke Millenium und Angelfire eingesungen hatte und nun für die Aufnahmen des inzwischen vierten MILLENIUM-Albums zurückgekehrt ist, macht hier einen guten Job, wobei er die überragenden Vocals seines Vorgängers niemals gleichwertig vertreten, sich aber trotzdem stets mit Vergleichen auseinandersetzten müssen wird. Insgesamt ist dieser Song aber durchaus akzeptabel ausgefallen und auch das folgende Heaven Awaits – hier tritt man sogar mal auf das Gaspedal – weiß durch Dynamik und einem eingängigen Chorus zu gefallen. Doch schon beim dritten Track tritt beim Hörer ein Gefühl ein, dass im Folgenden auch nicht mehr abzureißen scheint: Die zehn meist im Midtempo angesiedelten Songs erscheinen einfach zu stumpf, phasenweise zu berechenbar und insgesamt wenig abwechslungsreich, weshalb Morning Star, Above This World oder auch Enemy Of The Sun zwar beweisen können, dass hier exzellente Musiker am Werke sind, trotzdem aber einfach hoffnungslos langweilen und auch nach zahllosen ermüdenden Durchläufen einfach nicht zünden wollen. Lediglich das Schlusslicht Burning Again kann nochmal etwas Hoffnung aufkommen lassen, doch die Halbballade verliert sich letztendlich durch gezwungen wirkende Überlänge im Mittelmaß.

Insgesamt lässt sich also sagen, dass die fünf Musiker von MILLENIUM auf Jericho zwar durchaus Potenzial erahnen lassen, dieses aber im bestenfalls durchschnittlichen Liedgut einfach nicht unterbringen können. Ralph Santolla hat zwar auch anno 2004 wieder technisch versierte Musiker an seiner Seite, jedoch stehen diese – in erster Linie natürlich Sänger Plant – trotz allem deutlich im Schatten der vorigen Besetzung. Wagt man einen Vergleich zu Hourglass – wenn das aufgrund des gravierenden Umbruchs der Band überhaupt möglich ist – so erinnern mich die Amerikaner zu keiner Sekunde an diese weit, weit zurückliegend erscheinende Glanztat. Selbst Fans der Band werden MILLENIUM im ersten Moment nicht wiedererkennen, zunächst gespannt den neuen Kompositionen lauschen und diesen schlussendlich enttäuscht den Rücken zuwenden. Schade eigentlich, denn im Vorfeld hätte man dieser Kapelle eigentlich wesentlich mehr zugetraut.

Veröffentlichungstermin: 19.07.2004

Spielzeit: 47:20 Min.

Line-Up:
Todd Plant – vocals

Ralph Santolla – guitars

Shane French – guitars

Steve McKenna & Tere Bertke – Bass

Mark Prator – Drums

Produziert von Pete Peewee Coleman
Label: AOR Heaven

Tracklist:
01. My Saving Grace

02. Heaven Awaits

03. My War

04. Heresy

05. Morning Star

06. Above This World

07. Enemy Of The Sun

08. Wheel Of Fortune

09. Let There Be Light

10. Burning Again

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