FINNTROLL, ENSIFERUM, THE WAKE – 1. Mai 2004, Aalen, Rock It

Das ROCK IT platzte am 1. Mai aus allen Nähten, als FINNTROLL, ENSIFERUM und THE WAKE aufspielten.

Das ROCK IT platzte am 1. Mai aus allen Nähten. Natürlich ist es schön, wenn ein Package mal wieder richtig viel Zuspruch findet, das freut Bands und Veranstalter gleichermaßen. Und auch als Fan hat man in einer gut gefüllten Venue mehr Spaß als wenn man einsam und verloren mit einer Handvoll Gleichgesinnter im Saal steht.

Doch irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem aus Spaß ganz schnell bitterer Ernst werden kann. Im ROCK IT war es zu voll und irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass das Fassungsvermögen der umgebauten Kneipe an diesem Abend doch ziemlich überschritten wurde. Es geht hier nicht um ein bisschen Gedränge, das ist normal und gehört zu einem guten Konzert dazu. Aber bei allem guten Willen, diese Enge war hart an der Grenze. Dem Großteil des Publikums machte es nichts aus, zusammengepfercht zu feiern und so dürfte dieser Konzertabend auch den Bands als ein besonders gelungener Auftritt mit tollen Reaktionen im Gedächtnis bleiben.

Livebericht Die Stimmung war sehr gut, bereits vor Konzertbeginn. Davon profitierten auch THE WAKE, die als erstes die Bühne betraten und eigentlich noch gar nichts gemacht hatten, aber mit viel Jubel begrüßt wurden. Die Finnen dankten den warmen Empfang mit einer ausgesprochen engagierten Show, besonders Sänger und Basser Kaj Michelsson schien sich so richtig auf der Bühne wohlzufühlen und wurde nicht müde, neben einer tadellosen Gesangsleistung auch noch ordentlich Action auf die Bretter zu bringen.

Ich hatte mich mit Fierce darauf geeinigt, dass die Finnen musikalisch nichts besonderes sind und ihr melodiöser Death Metal zwar rundum gelungen, aber eben auch nicht sonderlich außergewöhnlich ist. Doch dann packte die Band „Befouled Misery“ auf die Setlist und dieser Song ist dann doch einen Zacken vielseitiger als der Rest des Materials vom Debüt „Ode To Misery“ und konnte so auch den kleinen Nörgler in mir, der immer was von Durchschnitt nuschelte, zufriedenstellen.

Selten habe ich bei einem Konzert während des Openersets eine dermaßen gute Stimmung im Publikum erlebt – und so war es auch kein Wunder, dass die Mundwinkel der Bandmitglieder wie in Richtung Ohrläppchen getackert schienen – sie konnten selbst kaum glauben, was da vor der Bühne abging – mit viel, viel Beifall wurden THE WAKE nach einer ordentlichen Vorstellung entlassen. Allerdings nicht ganz freiwillig, denn da dieser Auftritt der letzte der Tour war, war nicht nur das Publikum zum Feiern aufgelegt, auch die Bands hatten sich das ein oder andere einfallen lassen. THE WAKE mussten sich damit abfinden, dass beim letzten Song das Schlagzeug abgebaut wurde – was Drummer Wellu Helenius nicht davon abhielt, verbissen auf den Resten des Drumkits zu improvisieren.

LiveberichtENSIFERUM hatte ich mir immer etwas anders vorgestellt – mit ihren klischeeüberladenen, aber liebenswerten Helden-Metal-Texten legen die Finnen den Gedanken an gestandene Wikinger nahe. Stattdessen betraten ein paar Jungspunde die Bühne, die ihre zierlichen Figuren auch gar nicht erst unter Fell und Leder verbargen, sondern gleich in Unterwäsche auftraten. Doch damit nicht genug, Sänger Petri Lindroos von NORTHER, der eigentlich nur als Aushilfsmusiker bei dieser Tour dabei ist, trug zudem einem Kuhfell-Hut. Abgesehen von dem in modischer und ästhetischer Hinsicht bedenklichen Hut könnten ENSIFERUM den Jungen aber gleich behalten – denn er machte Sache richtig gut.

Auch ENSIFERUM wurden ausgiebig bejubelt, doch damit nicht genug: Auch in Notlagen hilft das Aalener Publikum gerne, der Deal „Gras gegen Wodka“ wurde schnell und unproblematisch über Bühne und die ersten Reihen hinweg besprochen. Nachdem ENSIFERUM so ihre weitere Abendgestaltung nach der Show organisiert hatten, konnten sie umso befreiter aufspielen. Da das neue Album „Iron“ in Deutschland noch nicht erschienen war, konzertierten sich ENSIFERUM überwiegend auf die Songs des Debüts, von neuem Album kam nur „Ferrum Aeternum“, ein Instrumental, das wie eine ausgesprochen coole Mischung aus finnischer Folklore und Western-Soundtrack klingt, als Intro und die Single „Tale Of Revenge“ zum Zug, der Rest der Setlist stammte vom Erstlingswerk „Ensiferum“.

Und auch wenn die Chöre ziemlich dünn waren, wussten ENSIFERUM an diesem Abend hundertprozentig zu gefallen – eine Melodie jagte die nächste, zwischendurch ein bisschen Gekreische und Gegrunze, schweißtreibendes Stageacting, ein paar nette Worte ans Publikum, das sich vollkommen verausgabte und Songs, die im Vergleich zu den Albumversionen weniger auf Bombast und Keyboards sondern auf Party und gute Stimmung zielten.

Perti Lindroos ist ein guter Frontmann, der es versteht, die Menge zu dirigieren und nebenbei eine durchweg gute Gesangsleistung ablieferte – nur an seiner Baggerstrategie könnte er noch etwas arbeiten. Seine Ankündigung zu „Old Man – Väinämöinen“ war nicht eben charmant: „Den nächsten Song möchte ich den drei Mädchen dort drüben widmen – hier kommt ´Old Woman´“ , das ist nun nicht gerade ein Satz, der viel Erfolg verspricht. Wie auch immer, ENSIFERUM wurden nach allen Regeln der Jubelkunst beglückt und als Tourabschluss war dieses Konzert wohl auch für die Band einer der Höhepunkte der Tour.

LiveberichtFINNTROLL ließen auf sich warten und machten dann zunächst auf eher ungewöhnliche Art auf sich aufmerksam: Man roch die Band schon, bevor man sie sah. Nachdem die Trolle eine übel riechende Schweißwolke ins Publikum geschoben hatten, wurde das Publikum mit dem Anblick weiterer Musiker in Unterbuxen belohnt – lediglich Keyboarder Trollhorn hatte einen Sack gefunden, in den er seinen Leib hüllte und auch Frontman Wilska bedeckte seine Wampe mit Kleidung.

Eine gut durchmischte Setlist mit allen möglichen Schandtaten ließ das Publikum kollektiv ausrasten, und auch wenn Wilska immer wieder durch sein 50er Jahre Mirko bekannt gab, dass er nichts hören konnte, waren die Fans in den ersten Reihen stellenweise lauter als die Band. Dem „Trolldans“ stand nichts im Wege – höchstens der Nebenmann.

Doch auch FINNTROLL litten Not auf der Bühne: Da wurden schonmal während des Songs Kippen geschnorrt oder eine Weinflasche rumgereicht – im Ausgleich verteilten die Musiker großzügig ihr Bier, divten in Publikum und mussten sich vor gar zu zudringlichen Fans in Sicherheit bringen.

Bei so viel Begeisterung und Nähe zeigten sich FINNTROLL großzügig und ließen das Rock It eine Premiere erleben: einen Auftritt der Band ENSITROLL: Auf Bühne ging es während „Rivfader“ fast so beengt zu wie davor, die finnische Gemeinschaftsproduktion von FINNTROLL – und ENSIFERUM Mitgliedern war zwar nicht immer perfekt, dafür gab es allerhand zu sehen. Einfach eine Bierflasche an den Mund eines wehrlosen, weil ins Spiel vertieften Gitarristen angesetzt – was ein echter Skandinavier ist, schluckt tapfer. Und schluckt und spielt und spielt und schluckt…

Trotz mittlerweile tropischer Temperatur und Luftfeuchtigkeit gaben FINNTROLL an diesem Abend das letze und so dürfte sich nach diesem Konzert wirklich keiner der Anwesenden über unmotivierte Musiker und schlechte Stimmung beschweren.

Foto Gallery vom Konzert in Aalen.

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