Eine der ganz großen Überraschungen der letzten Monate haben VISION DIVINE mit ihrem neuen Longplayer Stream Of Consciousness geliefert. War die Band vor kurzer Zeit noch als seelenloses Retortenprojekt verschrien, so klingt das neue Album wie ein einziger Befreiungsschlag, der Kritiker wohl erstmal verstummen lassen wird. Ausschlaggebend hierfür ist nicht zuletzt der Sängerwechel, denn der neue Frontmann Michele Luppi ersetzt seinen Vorgänger Fabio Lione (RHAPSODY) nicht nur angemessen, er drückt dem Bandsound zudem einen völlig neuen Stempel auf. Ferner ist Gitarrist Olaf Thörsen bei seinem bisherigen (Haupt-) Brötchengeber LABYRINTH ausgestiegen und widmet sich jetzt ausschließlich den Kompositionen von VISION DIVINE. Und das kann man auch hören: Aus dem dritten Langeisen ist nämlich sehr viel mehr geworden als nur eine Müllhalde für gescheiterte LABYRINTH- und RHAPSODY-Songs, es handelt sich hier um ein ernstzunehmendes und aufwendiges Konzeptalbum, das durchaus überzeugen will.
Stream Of Consciousness behandelt die psychischen Kontroversen eines geistig angeschlagenen Patienten einer Irrenanstalt und wirft grundlegende Fragen über Existenz und Bewusstsein auf.
Los geht’s mit einem genialen Intro, in dessen Hintergrund bereits die anfänglichen Klänge des letzten Songs Identities zu hören sind, das Album kann also durchaus als Zyklus betrachtet werden, dessen Ende gleichzeitig den erneuten Beginn des geistigen Leidens unseres Protagonisten markiert – kennen wir das nicht schon aus QUEENSRYCHEs Operation: Mindcrime? Neben dem herausragenden textlichen Konzept findet man auf Stream Of Consciousness aber auch zahlreiche musikalische Perlen, so z.B. das flotte The Secret Of Life oder das überlange und progressive Colours Of My Word. Drei Instrumentals, deren erstes Stück mit seinen Keyboardsounds zum Teil an das Akte X – Theme erinnert, verbinden die allesamt genialen Stücke und erzeugen atmospherische Tiefe, indem sie die Schizophrenie und geistige Verworrenheit des Psychopathen betonen. Sänger Luppi prägt die restlichen Songs durch seinen von DREAM THEATER beeinflussten Gesang. So hätte z.B. Versions Of The Same auch auf deren Kultalbum Images & Words stehen können.
Ein Albumhighlight ist eigentlich nur schwer herauszugreifen, prinzipiell verkörpert aber das eingängige La Vita Fugge den O-Ton des Albums am besten.
Insgesamt betrachtet ist Vision Divine also mit Stream Of Consciousness endlich der große Wurf gelungen. Das Album ist das Ergebnis fünf engagierter Musiker,die sowohl musikalisch als auch textlich überzeugende Arbeit geleistet und der Band somit erstmals verdiente Aufmerksamkeit ermöglicht haben. Es ist nahezu unfassbar, wie sich dieses bisher belächelte Nebenprojekt mit einem Schlag zu einer hoffnungsvollen Kapelle gemausert hat. Ob VISION DIVINE aber tatsächlich aus der Flut italienischer Power Metal Bands herausstechen werden, bleibt wohl abzuwarten.
Veröffentlichungstermin: 03.05.2004
Spielzeit: 61:01 Min.
Line-Up:
Michele Luppi, Vocals
Olaf Thörsen, Gitarre
Oleg Smirnoff, Keyboards
Andrea Tower Torricini, Bass
Matteo Amoroso, Drums
Label: Metal Blade
Homepage: www.visiondivine.com
Tracklist:
01. Stream Of Unconsciousness
02. The Secret Of Life
03. Colours Of My Word
04. In The Light (Intr.)
05. The Fallen Feather
06. La Vita Fugge
07. Versions Of The Game
08. Through The Eyes Of God
09. Shades
10. We Are, We Are Not
11. Fool´s Garden (Instr.)
12. The Fall Of Reason (Instr.)
13. Out Of The Maze
14. Identities