RAMMSTEIN: Mutter

ch frage mich schon jetzt, wie die Band dieses Album noch toppen will.

Das hätten sich Anfang des Jahres 1994 sechs ostdeutsche Musiker aus Berlin und Schwerin bestimmt nicht zu träumen gewagt, als sie eine Band namens RAMMSTEIN gründeten. Richard Kruspe (Guitar, Ex-ORGASM DEATH GIMMICK), Paul Landers (Guitar, Ex-FEELING B.), Till Lindermann (Vocals, Ex-FIRST ARSCH), Flake Lorenz (Keyboards, Ex-FEELING B), Oliver Riedel (Bass, Ex-THE INCHTABOKATABLES) und Christoph Schneider (Drums, Ex-DIE FIRMA) haben in den letzten sechseinhalb Jahre so viel erlebt, dass man wohl eine gewisse Reife und Lebenserfahrung verfügen muss, um das Erlebte einigermaßen verarbeiten zu können (ohne dabei komplett den Boden unter den Füßen zu verlieren).

Es ist aber auch ein weiter Weg aus Mecklenburg-Vorpommern nach Japan, Australien, Neuseeland, China und die USA (wo man als Headliner und KMFDM-Support spielte). Quasi „nebenbei” betourte man noch Länder wie Spanien, Polen, Schweiz, Österreich, Schweden, Frankreich, Holland, Dänemark, Italien, England, Portugal und Belgien. Man supportete KISS in Argentinien, Brasilien und Mexiko und spielte auf der „Family Values Tour ’98 mit KORN, ICE CUBE, ORGY und LIMP BIZKIT. Der Band wurde die Ehre zuteil, dass der amerikanische Kult-Regisseur David Lynch zwei Songs („Heirate mich” und “Rammstein”) für seinen Kinofilm “Lost Highway” auswählte.

RAMMSTEIN wurden mit Preisen überschüttet

Die Band wurde mit Preisen wie dem „Echo (in der Kategorie „Bestes Video” für “Engel” und in der Kategorie “Erfolgreichste nationale Künstler im Ausland”) überschüttet. Sie erhielt Gold-, Platin- und Doppel-Platin-Auszeichnungen für die diversen Releases und sackte sogar in den USA eine „Goldene ein. Die Band erhielt den Viva Comet in der Kategorie “Beste Live Band” und wurden für den „MTV European Music Award” in der Kategorie „best Rock Act” nominiert. Auch bei der „42nd Annual Grammy Award”-Verleihung gehörte man in der Kategorie „Best Metal Performance” zu den nominierten Bands. Und ich bin sicher, dass die letzte Stufe der Erfolgsleiter noch lange nicht in Sicht ist.

Wer hätte das nach der Veröffentlichung des Debüts „Herzeleid” im September 1995 gedacht? Mit Sicherheit nur die allergrößten Optimisten. Aber die Band hat sich ihren Erfolg in meinen Augen redlich verdient. Sie hat in den kleinsten Löchern gespielt, hatte mit etlichen Anfeindungen total betriebsblinder Phantasten zu kämpfen.

“Mutter” ist das bislang beste Werk RAMMSTEINs

Doch nun zur Musik. „Mutter” ist das mit Abstand beste und reifste Werk der Band (hab‘ neulich noch mal das Debüt gehört. Im Vergleich mit „Mutter” ein lauer Furz). Ich frage mich schon jetzt, wie die Band dieses Album noch toppen will. Elf Titel wurden auf die Scheibe gepackt. Produziert wurde „Mutter” von Jacob Hellner (u.a. CLAWFINGER), der auch schon bei „Herzeleid” und „Sehnsucht” an den Knöpfen drehte. Warum, das kann die Band selbst wohl am besten erklären: “Jacob ist der ideale Produzent für RAMMSTEIN, weil er sich nicht beim Songwriting einmischt. Wenn die Songs fertig sind, arbeiten wir mit ihm daran, um sie noch stärker zu machen.”

Für mich ist die Stärke des Songmaterials, dass ich bei beinahe jedem Hören einen neuen Lieblingstrack habe. Außer vielleicht „Nebel” (balladesk, romantisch) und „Sonne” (die erste Singleauskopplung), denen ich beiden nicht wirklich viel abgewinnen an (ohne dass sie tatsächlich schwach oder gar schlecht sind). Ansonsten gibt’s das volle Brett. Egal, ob der straighte und simple Punkrocker „Adios” (befasst sich mit dem Thema „Drogensucht”), das doomig-düstere „Mutter” (hier geht’s um das Thema Gentechnologie bzw. „Klonen”) oder typische RAMMSTEIN-Songs wie „Links 2 3 4″ (ein deutliches Statement. Geht’s noch direkter?), „Ich will”, „Feuer frei” oder den Fick-Song „Rein Raus”, das recht morbide „Spieluhr”, der sackstarke Opener „Mein Herz brennt” (erinnert durch die Streicher, die auch in „Nebel” und „Mutter” zu hören sind und vom Filmorchester Babelsberg eingespielt wurden, an „Come with me”, den gemeinsamen Song von Puff Daddy und Jimmy Page).

RAMMSTEIN hängen die Messlatte mit “Mutter” enorm hoch

Textlich kann man sich zwar manchmal (hört nur mal „Zwitter”) ein Schmunzeln nicht verkneifen (aber während man hier nur schmunzelt, bricht man bei Bands wie HAMMERFALL oder MANOWAR – die ich beide mag – in lautstarkes Lachen und bei den ganzen faschistoiden Black-Metal-Deppen in Kopfschütteln aus…), aber wenigstens sind die Texte nicht platt und plump, sondern von Metaphern und Wortspielereien durchzogen. Unterm Strich ist „Mutter” ein typische RAMMSTEIN-Scheibe und RAMMSTEIN bleiben auch weiterhin eine berechenbare, aber auch innovative und experimentierfreudige Band. Eine Band, die zwar Einflüsse von OOMPH! und LAIBACH nicht verleugnen kann, und mit „Mutter” die Messlatte für alle Megaherzen dieser Republik sehr, sehr hoch gelegt hat. Schon jetzt eines der drei besten Alben des Jahres 2001…

Spielzeit: 45:09 Min.

Line-Up:

Richard Kruspe (Guitar)
Paul Landers (Guitar)
Till Lindemann (Vocals)
Flake Lorenz (Keyboards
Oliver Riedel (Bass)
Christoph Schneider (Drums)

Produziert von Jacob Hellner
Label: Motor Music

RAMMSTEIN “Mutter” Tracklist

  1. Mein Herz Brennt
  2. Links 2 3 4
  3. Sonne
  4. Ich Will
  5. Feuer Frei!
  6. Mutter
  7. Spieluhr
  8. Zwitter
  9. Rein Raus
  10. Adios
  11. Nebel
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