CHARON: The Dying Daylights

Alle, die auf sehr gute Rockmusik stehen, können hier bedenkenlos zugreifen, auch die, die mit der finnischen Gothic Rock-Szene eigentlich nichts anfangen können…

Es gibt einige Bands, die sehr leicht in eine musikalische Ecke geschoben und kategorisiert werden, obgleich diese Einordnung sich schnell als ungerechtfertigte Begrenzung der Musiker herausstellen kann.

Ähnlich ist es mir mit CHARON ergangen, die ich ziemlich schnell in die Gothic Rock-Ecke zusammen mit anderen Bands abgeschoben hatte, dann aber feststellen musste, dass den Finnen ihr Image gar nicht so wichtig ist und sie sich wirklich auf ihre Musik konzentrieren.

Vergleiche mit HIM wurden immer wieder laut, dennoch muss herausgestellt werden, dass sich CHARON gerade mit ihrem neuen Album “The Dying Daylights“ völlig auf ihren eigenen Stil konzentrieren und doch ein wenig härter zu Werke gingen als auf den Vorgängeralben.

Aufgenommen wurde “The Dying Daylights“ in den BRR-Studios in Raahe unter Anleitung von Juha Matinheikki und Pasi Sipilä, das Engineering, zusätzliche Aufnahmen, Mix (von Mikko Karmila) und Mastering (Minerva Pappi) wurden in den Finnvox Studios in Helsinki absolviert. An Keyboards, Loops und Programmierung haben sich Pasi Sipilä und Mika Pohjola in den Soundmix Studios in Oulu zu schaffen gemacht. Produziert wurde das Album von Pasi Sipilä und CHARON, die zusätzliche Produktion wurde von Mikko Karmila übernommen. Allein an dieser Auflistung wird deutlich, wie geflissentlich und durchdacht CHARON die Arbeiten an ihrem Album angegangen sind, und dies hat sich mehr als ausgezahlt.

Die Stücke bestechen alle durch sehr kraftvolle, schöne und effektive Riffs und eingängige Melodien, die vor allem von der Ausnahmestimme J.P. Leppäluotos bestimmt werden. Und gerade bei schnelleren Rock-Songs – wie der ersten Singleauskopplung “In Trust Of No One“ – fällt der Unterschied zu HIM sehr deutlich auf. Während die Schwächen der Hel(l)sinki-Fraktion bei “Buried Alive By Love“ gerade bei der dünnen Stimme deutlich werden, zeigen ihre Kollegen aus Raahe, wie genial Rock-Songs klingen, wenn man einen Sänger mit einem kraftvollen Organ hat, der weiß, wie man einem Stück einen unverwechselbaren Stempel aufdrückt, ohne zu sehr im Vordergrund zu sein. Zudem fällt angenehm auf, dass die Backing Vocals von Jenny Heinonen dieses Mal weitaus weniger im Vordergrund stehen und auch bei weniger Songs eingesetzt wurden als noch auf dem Vorgängeralbum Downhearted, was “The Dying Daylights“ mehr als gut getan hat.

Durch den tougheren Gitarrensound klingt das Album auch nie überproduziert, weder Stimme noch Keys oder Schlagzeug stehen zu sehr im Vordergrund, was definitiv bemerkenswert ist, da gerade in diesem Jahr viele Alben erschienen sind, auf denen einzelne Instrumente herausragten und somit den Gesamteindruck beeinträchtigten, oder die Scheibe klang dermaßen glatt, dass sie trotz guter Songs in Mittelmaß abfiel. Die Konzentration auf einzelne Instrumente variiert, was dem Album eine gehörige Portion Abwechslungsreichtum verliehen hat. In “Every Failure“ z.B. finden sich Gitarrenläufe, die schon fast in den klassischen Heavy Metal-Bereich fallen. In “No Saint“ wurde gar eine Hammond-Orgel eingesetzt (zumindest klingen die Synths so), was dem Stück einen besonderen Touch verleiht. Auch haben CHARON sich bemüht, Langeweile zu vermeiden, indem die Gitarren nicht nur mit einem Sound versehen wurden, sondern hier von relativ glatt produzierten Gitarren bis hin zu sehr rauen Riffs alles vorhanden ist. Auffallend ist zudem, dass mit “Unbreak, Unchain“ nur ein einziger balladesker Song auf dem Album ist – was eigentlich auch als richtungsweisend zu werten ist.

“The Dying Daylights“ enthält durchweg sehr gute Stücke auf einem Niveau, ohne dass ein Song aus Ausfall bezeichnet werden könnte, ich aber gleichzeitig auch keine ‚Hit-Single’ wie “Little Angel“ ausmachen konnte – das aber unter Vorbehalt (das kann auch an mir liegen…).

Fazit: Alle, die auf sehr gute Rockmusik stehen, können hier bedenkenlos zugreifen, auch die, die mit der finnischen Gothic Rock-Szene eigentlich nichts anfangen können…

Spielzeit: 52:02 Min.

Line-Up:
J-P Leppäluoto – Gesang

Jasse Van Hast – Gitarre

Pasi Sipilä – Gitarre

Teemu Hautamäki – Bass

Antti Karihtala – Schlagzeug

Produziert von Pasi Sipilä & CHARON/ Additional production by Mikko Karmila
Label: Spinefarm Records

Homepage: http://www.charon.cjb.net

Tracklist:
01. Failed

02. Religious/Delicious

03. Death Can Dance

04. In Brief War

05 Guilt On Skin

06. Unbreak, Unchain

07. Drive

08. Every Failure

09. In Trust Of No One

10. If

11. No Saint

— only on digi-pack: —

12. Built For My Ghosts

13. Re-Collected

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